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Message 01848 [Homepage] [Navigation]
Thread: choxT01848 Message: 1/3 L0 [In date index] [In thread index]
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[chox] Aus Neue Solidaritaet 36/2006: Amerikanische Immobilienblase vor dem Kollaps



Amerikanische Immobilienblase vor dem Kollaps

Das Platzen der amerikanischen Immobilienblase koennte das gesamte spekulative Finanzkartenhaus zum Einsturz bringen. LaRouches Konzept eines neuen Weltfinanzsystems und eines umfassenden wirtschaftlichen Wiederaufbaus ist die Alternative.



Eine neue Megakrise ist am Horizont aufgetaucht. Ihre zerstoererische Kraft uebertrifft bei weitem diejenige der "New Economy"-Blase an den weltweiten Aktienmaerkten, die in den Jahren 2000 bis 2003 schrittweise implodierte. Um die finanziellen Auswirkungen dieser Katastrophe abzumildern  -  die Aktienbewertungen schrumpften damals von 32 auf 16 Billionen Dollar  - , betrieben die Federal Reserve sowie ihre Mittaeter in Asien und Europa die groesste Geld- und Kreditausweitung aller Zeiten. Diese Lawine aus dem Nichts geschaffener Liquiditaet wurde zur kurzfristigen Rettung des Finanzsystems ueber die Banken in die verschiedenen Finanzmaerkte kanalisiert. 
Die Folgen sind heute ueberall sichtbar. Eine Verdoppelung bis Vervierfachung der Preise fuer Oel, Edelmetalle und Industriemetalle; spekulative Fonds, die nicht wissen, wohin mit all den Hunderten von Milliarden Dollar, die ihnen Banken, Versicherungen und Rentenfonds hinterherwerfen. Und nicht zuletzt: eine neue globale Vermoegenswertblase, deren Volumen alles Vorherige in den Schatten stellt: Haeuser als Spekulationsobjekt. 
Nach Schaetzungen des Londoner Economist hat sich der Wert der Haeuser in den wichtigsten Volkswirtschaften binnen fuenf Jahren von 30 auf 70 Billionen Dollar erhoeht  -  den Druckerpressen der Zentralbanken sei Dank. Der Schwerpunkt dieser Blase liegt erneut in den USA. Fuer eine Handvoll Jahre hat sie das globale Finanzsystem sowie die amerikanische Volkswirtschaft bei Laune gehalten. Doch nun geht sie den Weg aller Blasen: sie platzt.
An saemtlichen Fronten ist im Sommer 2006 der amerikanische Haeusermarkt eingebrochen. Hierzu zaehlen die Neubauten, die Verkaeufe und umgekehrt der Anstieg bei den Zwangsversteigerungen. Die "Highlights":
Wie das US-Handelsministerium am 16. August berichtete (www.census.gov/indicator/www/newresconst.pdf), ist die Zahl der erteilten Baugenehmigungen fuer neue Haeuser im Juli um 20,8% gegenueber dem Vorjahr abgestuerzt, ausnahmslos in allen Regionen: im Nordosten -19,9%, im Mittleren Westen -21,6%, im Sueden -15,7% und im Westen -29.8%. Bei Einfamilienhaeusern war die Entwicklung sogar noch etwas dramatischer: landesweit -23,5%, im Nordosten -26,1%, im Mittleren Westen -24,8%, im Sueden -17,0% und im Westen -33,5%. Dies wird sich sehr rasch auf die Zahl der tatsaechlichen Neubauten von Haeusern auswirken, die im Juli bereits landesweit um 13,3% unter dem Vorjahresniveau lag, bei Einfamilienhaeusern um 16,6%.
Die Zahl der bereits im Bau befindlichen Haeuser hinkt diesen Entwicklungen immer um ein paar Monate hinterher. Hier gab es im Juli bei Einfamilienhaeusern nur einen sehr leichten Rueckgang um 1,0% und bei Haeusern insgesamt sogar noch einmal einen Zuwachs um 1,6% gegenueber dem Vorjahr. Aber im Laufe des Herbstes 2006 wird die sich jetzt schon bei den Baugenehmigungen vollziehende Implosion mit voller Wucht auf die gesamte Bautaetigkeit im Wohnungsbau auswirken und dann auch auf den amerikanischen Arbeitsmarkt durchschlagen. Es wird geschaetzt, dass rund ein Drittel der in den vergangenen Jahren zusaetzlich geschaffenen Arbeitsplaetze in den USA direkt oder indirekt durch den Haeuserboom verursacht wurden. Wie der US-Immobilienmaklerverband National Association of Realtors (www.realtor.org) am 15. August meldete, gab es im zweiten Quartal 2006 in 28 Bundesstaaten sowie der Hauptstadt Washington ruecklaeufige Verkaeufe bestehender Wohnungen im Vergleich zum Vorjahr. !
 Unter den fuenf Bundesstaaten, in denen die Verkaeufe am staerksten einbrachen, befinden sich zwei der wichtigsten Immobilienmaerkte des gesamten Landes: Kalifornien und Florida. Im einzelnen: Arizona -26,9%, Florida -26,7%, Kalifornien -25,3%, Virginia -23,9% und Nevada -23,5%. Der einzige Lichtblick war Alaska, wo die Verkaeufe ploetzlich um 48,6% anstiegen. Vielleicht hatte ja hier British Petroleum die Haende im Spiel (indem man im Fruehling schon einmal fleissig Haeuser kaufte, bevor man im August zugab, dass tausende von Kilometern durch Alaska verlaufende Oelpipelines in jaemmerlichem Zustand sind und nun einer monatelangen Reparatur beduerfen). Jedenfalls ist die Zahl der Wohnungen in Alaska nicht sonderlich gross. Landesweit fielen die Verkaeufe im Vergleich zum Vorjahr um 7,0%. Im Juli hat sich dieser Prozess weiter beschleunigt. Da betrug der Rueckgang im Vergleich zum Vorjahr landesweit schon 12,5% (Nordosten -13,3%, Mittlerer!
  Westen -10,5%, Sueden -7,9%, Westen -21,3%).
Vielleicht noch wichtiger als die Zahl der Verkaeufe ist die Tatsache, dass die dabei erzielten Preise nicht weiter ansteigen. Noch vor kurzem waren zweistellige Zuwachsraten die Norm. Doch seit dem Sommer 2006 ist die Preisspitze erreicht. Von jetzt an geht es nur noch bergab.
Gleichzeitig steigt die Zahl der Zwangsvollstreckungen. Die darauf spezialisierte Agentur Foreclosure.com berichtete, im zweiten Quartal habe es landesweit 11,8% mehr Zwangsvollstreckungen bei Wohnungen gegeben als im Vorjahr. Im Juli lagen die Zuwaechse im Jahresvergleich in einigen Bundesstaaten (Minnesota, Michigan, Missouri) schon zwischen 30% und 50%.
Schliesslich ist die Zahl des aufgelaufenen Bestandes an nicht verkauften Wohnungen auf ein Volumen angestiegen, das bei der aktuellen Verkaufsrate einer Nachfrage von 7,2 Monaten entspricht. Dieser Wert ist nun so hoch wie seit 13 Jahren nicht mehr.

Die "grosse Rezession von 2007"

Einige Wohnungsbauunternehmen und Bausparkassen wurden von dem Niedergang bereits schwer getroffen. Das Unternehmen Toll Brothers, das Villen baut, musste fuer die letzten drei Monate einen Rueckgang der Auftraege fuer Neubauten um 48% melden. Das Unternehmen erklaerte, auf den Markt komme jetzt die groesste Ueberangebotskrise seit 40 Jahren zu. Angelo Mozilo, Chef des groessten unabhaengigen Hypothekenfinanzierers der USA, Countrywide, erklaerte: "Ich habe seit 53 Jahren keine weiche Landung erlebt, also haben wir noch einiges vor uns, bevor sich das wieder beruhigt. Ich muss das Unternehmen auf das Schlimmste vorbereiten." 
Daraufhin kommentierte Nouriel Roubini, Vorsitzender von Roubini Global Economics und Wirtschaftsprofessor an der Stern School of Business an der New Yorker Universitaet, die Stunde des US-Immobilienbooms habe geschlagen und es gehe nun eigentlich nur noch um die Frage "ob die Lage auf dem Wohnungsmarkt die schlimmste seit 40 oder seit 53 Jahren ist." Anlehnend an seinen Beitrag in der Londoner Financial Times vom 10. August, betonte Roubini, "dass es sich hier tatsaechlich um den groessten Einbruch im Wohnungsmarkt seit vier oder fuenf Jahrzehnten handelt: Alle Indikatoren befinden sich im freien Fall, einschliesslich der Preise fuer Neubauten. Dieser Einbruch an sich reicht schon aus, eine Rezession in den USA auszuloesen: Seine Auswirkungen auf reale Wohnungsinvestitionen, Wohlstand und Konsumverhalten sowie Beschaeftigung werden schwerer sein als das Platzen der Technologieblase, das die Rezession 2001 ausloeste. Und zusaetzlich zum Immobilieneinbruch haben es die amerik!
 anischen Verbraucher heute mit einem Oelpreis ueber 70 Dollar zu tun, mit den verspaeteten Folgen steigender Leitzinsen und langfristiger Zinsen, sinkenden Realloehnen, einer negativen Sparrate, hohen Schulden und immer hoeheren Schuldendiensten." Deshalb stehe nun die "grosse Rezession von 2007" bevor, die sicherlich boesartige weltweite Auswirkungen haben werde. 
Ein Londoner Finanzinsider bemerkte, er stimme den Ausfuehrungen von Roubini im wesentlichen zu. Nur sei die kommende Krise nicht die schlimmste seit vier oder fuenf Jahrzehnten, sondern mit Sicherheit die schlimmste seit dem Aktiencrash vor beinahe 80 Jahren und der im Anschluss folgenden grossen Depression.
Dieser Einschaetzung muss man sich anschliessen, wenn man die Abhaengigkeit sowohl der Weltwirtschaft wie des Weltfinanzsystems von der heutigen Hauspreisblase betrachtet. Ohne sie waere beispielsweise die amerikanische Volkswirtschaft nach dem Zusammenbruch der "New Economy"-Illusionen laengst untergegangen. Der Unternehmenssektor war nun nicht mehr in der Lage, jedes Jahr eine weitere Billion Dollar an zusaetzlichen Schulden aufzunehmen, um damit die Dinge am Laufen zu halten. Es fand sich ein neues Opfer: Dutzende von Millionen amerikanischer Privathaushalte. Durch die Leitzinssenkungen der Federal Reserve fielen die Hypothekenzinsen auf ein Rekordtief, waehrend die Haeuserpreise rasant anstiegen. Statt Aktien kaufte man nun Haeuser, um sie nach ein paar Monaten zu einem hoeheren Preis an den beruehmten "noch Duemmeren" weiter zu verkaufen. Das ganze Geschaeft erfolgte auf Pump, denn die Banken vergaben grosszuegig Hypotheken, notfalls ohne oder gar mit negativer Amortisa!
 tion. Waehrend die Zinsen fielen und die Preise stiegen, wurden bereits bestehende Hypotheken staendig "refinanziert" und ein Teil des ansteigenden Kreditvolumens in bar ausgezahlt. Diese "Cash-Out-Refis" haben in den vergangenen Jahren mehr zum Konsum in den USA beigetragen als neue Kreditkartenschulden.
Manche Leute glauben oder behaupten, die Staatsverschuldung Deutschlands in Hoehe von rund 1,5 Billionen Euro sei riesengross und deswegen muesse man schleunigst Verkehrswege, Wasserversorgung, Krankenhaeuser und dergleichen privatisieren. Diese Verschuldung wurde in 50 Jahren zusammengetragen, freilich der groessere Teil binnen weniger Jahre nach der Wiedervereinigung. Allerdings: In den USA waechst die Gesamtverschuldung inzwischen jedes Jahr um zusaetzliche 3 Billionen Dollar. Waehrend der "New Economy"-Phase kamen jaehrlich rund 2 Billionen Dollar neuer Schulden hinzu. Im Jahre 2005 waren es bereits 3,4 Billionen Dollar, und im ersten Quartal 2006 stieg die Jahresrate der Produktion neuer Schulden gar auf 4,5 Billionen Dollar (siehe www.federalreserve.gov, "Flow of Funds"). Mit anderen Worten: wofuer der deutsche Staat 50 Jahre brauchte, das schafft die US-Wirtschaft heute innerhalb von 4 Monaten. 
Den groessten Beitrag liefern dabei die Hypotheken. Von den 3 401 Mrd. Dollar an neuen US-Schulden im Jahre 2005 entfielen 1 484 Mrd. Dollar auf Hypotheken. Meistens handelt es sich um Hypotheken von Privathaushalten auf Wohnungseigentum (zusaetzlich 1 078 Mrd. Dollar im Jahre 2005). Der Gesamtbestand an derartigen Hypotheken lag am Jahresende 2005 bei 8 683 Mrd. Dollar.
Diese explosionsartige Schuldenvermehrung konnte nur durch tatkraeftige institutionelle Unterstuetzung gelingen. Die Maschinerie laeuft folgendermassen ab: Private Geschaeftsbanken verleihen Hypotheken an Privathaushalte wie am Fliessband. Sie koennen das Risiko eingehen, weil sie die Hypotheken, zumindest den groesseren Teil davon, umgehend an zwei halbstaatliche Einrichtungen weiter verkaufen, die Hypothekenrefinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac. Fannie und Freddie wiederum buendeln diese Hypotheken und verkaufen sie dann in Form sogenannter hypotheken-gesicherter Anleihen (Mortgage Backed Securities) an Investoren in aller Welt, von Hedgefonds auf den Cayman Islands bis hin zu Versicherungen in Deutschland. Dabei wird der Zahlungsstrom von den US-Privathaushalten ueber Fannie und Freddie, nach Abzug einer Bearbeitungsgebuehr, an die Investoren weitergeleitet. Einen Teil der Hypotheken halten Fannie und Freddie im Portfolio. Zur Refinanzierung muessen sie dann selbst Anl!
 eihen aufnehmen, die sich in diesen Tagen insbesondere bei der chinesischen Zentralbank ansammeln. Weil Fannie und Freddie dann aber nicht sicher sein koennen, ob die Zahlungen der Hypothekenschuldner stets ausreichen, um die eigenen Anleihen zu bedienen, behilft man sich mit der "Absicherung" durch billionenschwere Finanzderivate. 
Diese ganze vertrackte Schuldenmaschinerie funktioniert wunderbar, solange die Haeuserpreise steigen. Fallen sie, bricht alles mit grossem Getoese zusammen. Denn ploetzlich mangelt es den Hypotheken an Deckung. Millionen Privathaushalte werden in den Ruin getrieben und das Bankensystem von faulen Schulden ueberschwemmt. Die Hauspreisblasen in England, Spanien und anderswo platzen ebenfalls. Zwei Megabanken, Fannie und Freddie, die mit jedem zweiten Hedgefonds in der Welt ueber Derivate in Verbindungen stehen, brechen zusammen. Konsum und Bautaetigkeit in den USA implodieren gleichzeitig und bringen Exportunternehmen in Deutschland, Japan und China in Not.
Es ist voellig unabsehbar, welche weiteren Auswirkungen diese Kombination von weltweiten realwirtschaftlichen und finanziellen Zusammenbruechen angesichts der heutigen Ansammlung von Schulden und spekulativen Finanzkontrakten haben wird. Moeglicherweise basteln die Herren Paulson und Bernanke bereits an ihren Notplaenen, um mit Hilfe noch schnellerer Geldvermehrung vielleicht eine weitere Megablase entstehen zu lassen. Vermutlich haben sie aber laengst die Brocken hingeschmissen und nur noch eines im Sinn: irgendwie die Zeit bis zu den Novemberwahlen zu ueberbruecken. Selbst das ist nicht garantiert.
Lothar Komp


Lesen Sie hierzu bitte auch:

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- Neue Solidaritaet Nr. 36/2006

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