Message 00080 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT00079 Message: 2/4 L1 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Marx und Erloesung



Hi, Thorsten, hi, Stefan

Um hier noch kurz was einzustreuen....

Stefan Meretz schrieb:

Hi Thorsten,

Deine Fragen will ich kurz aufgreifen, vielleicht wirst Du ja Matador und schreibst Deinerseits noch was dazu. So ganz klar ist mir das nämlich nicht, was Du so fragst.

ist der tauschwert per definitionem (und ist die definition zb von marx
fuer uns bindend) nur an die warenform geknuepft?

Mir fiele kein Grund ein das nicht anzunehmen.

Jeder Epoche ihren Tauschwert, oder? Wieso nicht? Sicherlich gibt es
beim Naturalientausch auch einen Tauschwert, der aber anders zu
definieren wäre, als der der Warenform, oder?

oder ist die warenform nur die bisher maechtigste aeusserungsform des
tauschwerts?

Konsequenterweise dann ja. 

Jetzt frage ich Dich mal: Ihr hattet ja theoretisch Streß in der DDR mit >dem Wert. Irgendwie war er weg, denn es gab ja Festpreise, die einen Wert >ignorierten. Andererseits gab?s Lohn als Ausdruck von Wert der Ware >Arbeitskraft, gemessen logischerweise nach der Arbeitszeit. Also Preise >der Güter nicht nach Wert, Preise der Arbeit (Lohn) nach Wert - das mußte >doch crashen? Habt ihr mit Eurem ML das mal reflektiert, oder war?s schon >zu spät? - Ist aber etwas off topic.

Das würde ich auch gern hören, auch wenn "off topic". 

ehe wir das phaenomen fuer sich diskutieren, muessten nicht zb die
produktionsverhaeltnisse seiner entstehung und wirkung, dh der (zb
makro-oekonomische) kontext untersucht werden? dh die wertformen und
wertschoepfungsketten der arbeit an linux etc.?

Nun, man kann sich der Sache von verschiedenen Seiten nähern. Ist die > Spur die richtige, kommen auch die richtigen Fragen, egal ob top-down > oder vice versa. Und den Begriff ?Wertschöpfungketten? gibt?s bei Marx > nicht, und er macht auch keinen Sinn. Das Kapital braucht ihn gleichwohl > schon, um Distribution berechenbar zu machen. In der Distribution wird > aber kein Wert geschaffen.

Kurzer Einspruch. Auch wenn es Wertschöpfungsketten bei Marx nicht gibt
(das war nun hoffentlich kein Argument dagegen, oder?)....irgendwie
leuchtet mir aber ein, darüber bezüglich Linux nachzudenken. Weil:
Distribution ist im Grunde ja das gleiche wie Produktion, also die Art
der Herstellung bestimmt zugleich ihre "Verteilung" (zumindest mal im
Kapitalismus), bei jeder Warenkette nun gibt es diese Knotenpunkte, an
denen hergestellt und vertrieben wird, Zwischenproduktion und so und
dort wird auf alle Fälle Wert gebildet, sonst gäbs diese
Zwischenproduktion nicht. Also: Die brasilianische Kaffebohne bringt
sowohl dem Plantagenbesitzer also auch dem Röster als auch dem Händler
einen Wert. Hm? Oder? 

Also: die Warenkette bei Linux........ist auf alle Fälle nicht linear
und nicht straight und nicht mehr zurückzuverfolgen in ihre einzelnen
"Produktionsstätten"........das ist festzuhalten. Find ich schon
wichtig. Mir ist nur noch nicht recht klar für was....Thorsten, das
klingt alles sehr postmodern, auf was hinaus Du da die Spuren uns legen
willst... ;-)

Und sind die Postmodernen nicht die, die sowieso nicht mehr wissen, was
ist, weil alles was ist, gleichzeitig ist und doch nicht ist und
vielleicht nie sein wird aber das all das sowieso nie in unsere
Erkenntnis gelangen wird, weil die Welt voller Zeichen unsere
Wahrnehmungen trübt, die wiederum und darüber hinaus vielfach auch noch
Wahrheit und Wirklichkeit verdreht....ich bin nicht sicher, ob das nicht
alles sehr kompliziert wird, wenn wir die Postmoderne oder die
"Beliebigkeits-Theorie" anwenden. Ich laß mich aber ganz besonders
diesbezüglich gerne eines Besseren belehren! 

einen konsens des unbehagens an den kapitalistischen verhaeltnissen zu
geben, nur dass das vertrauen in die erloesung eher verschunden ist. und
dann?

Über Unbehagen gibt es keinen Konsens, entweder ist es da oder nicht.

Ups. na, wenn sich alle unbehaglich fühlen, ist das doch immerhin ein
emotionaler Konsens.

Mit der - auch emotional - fundierten Annahme, der Kapitalismus ist >nicht das Ende der Geschichte, lebt sich?s leichter,

Sehe ich nicht so. Diese Haltung vergrößert die Fallhöhe enorm. Wo keine
Erwartung, da keine Enttäuschung. 

Ich möchte den sehen, der hier zufrieden ist ...

Die Mehrzahl der Menschen richtet sich ein, irgendwie, erlebt das
Einrichten als "das Beste draus machen" und dieses ominöse "draus" ist
unveränderlich. Je geringer der persönliche Einfluß auf die
Veränderbarkeit einer Sache eingeschätzt wird, desto näher liegt die
Annahme, das diese Sache wohl naturnotwendig ist. Ergo, erliegen die
meisten Menschen dem Schein, das beste aus einer gegebenen Situation zu
machen und in der besten aller möglichen Welten zu leben. Insofern wirst
Du die meisten Menschen "relativ" zufrieden antreffen - und das steht
nicht im Widerspruch zum steten und alltäglichen Lamentieren.  

was ist marx' theorie wert ohne seine eschatologische gewisssheit der
(selbst)aufhebung des kapitalismus?

Vorab: Eschatologie = Lehre vom Endschicksal der Menschen und der Welt. 
Dieses "am Ende kommt der Kommunismus", das hat Marx gesagt, als er noch
ziemlich jung war, später nicht mehr, im Gegenteil. Das was der Kerl
geschrieben hat, muß im Einzelnen geprüft werden, ob es was taugt oder
nicht, an der Sache selbst. Es gibt auch keine "ganze" Theorie. Es gibt
ein sehr unvollständiges Werk, teilweise auch noch ziemlich verhunzt von
seinem Kumpel Friedrich. Also, selektieren und vor allem selber Denken.
Find ich.

bei wos war immer die rede von anerkennung ua symbolischen
gratifikationen,
sind das nicht auch tauschwerte, dh ist status, zb in der
entwicklercommunity,
knowledge zu linux ua freier software, nicht auch ein von vornherein
kapitalisierbarer tauschwert, der von den beteiligten am markt nahezu
durchgaengig realisiert wird (und sei es als assistenz, professur etc.)?

Einfache Antwort: Nein. TW ist eine ökonomische und keine >psychologische/soziologische Kategorie.

Nich so schnell....da komm ich nicht mit...also, ich finde schon, es
sind Tauschwerte....aber keine im kapitalistischen Sinne, daher ist es
auch kein "kapitalisiserbarer" Tauschwert, aber es ist ein
"realisierbarer" TW: ich gebe, ich kriege. Auf dieser einfachen Ebene. 
Wenn wir schon dabei sind, linux eine dem kapitalismus nicht mehr
funktionsgerechte Produktionsweise zumessen zu wollen, spricht es doch
gerade dafür, Kategorien aus der Ökonomie als Maßstab zu nehmen, um
Linux daran erkennen zu können, vor allen Dingen: Erkennen zu können,
was daran "anders", nicht-kapitalistisch ist.  

Liebe Grüße
Sabine




[English translation]
Thread: oxdeT00079 Message: 2/4 L1 [In index]
Message 00080 [Homepage] [Navigation]