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Re: [ox] GPL-Hardware



Date:          Mon, 10 Jan 2000 19:36:51 [PHONE NUMBER REMOVED]
From:          Stefan Meretz <stefan.meretz hbv.org>

Das bedeutet im Kern ein Ausstieg aus Verwertungszusammenhängen, und
das, obwohl Stallman und die FSF meinen permanent betonen zu müssen,
dass sie und die GPL nicht gegen Kommerz stehen, dass man GPL-Software
ja verkaufen dürfe. Das gehört endlich mal selbstbewußt umgedreht!! Die
GPL weisst über die Verwertungszusammenhänge hinaus, und in ihrer
Anti-Verwertungshaltung öffnet sie neue Möglichkeiten, die mit dem
Kapitalismus inkompatibel sind. 

Daß Geldverdienen nicht untersagt ist, ist keine hohle Rhetorik von 
RMS. Der Witz ist doch, daß die Arbeit bezahlt werden kann, aber die 
Ergebnisse der Arbeit frei sind. S. Cygnus (vgl. Tiemann in Open 
Sources), die ihr Geschäftsmodell auf GPL-ter Software aufgebaut 
haben. Wenn ein Kunde von Cygnus die GNU-Tools auf eine exotische 
Plattform portiert haben möchte, bezahlt er sie dafür, und die 
Ergebnisse gehen in den ständig wachsenden Pool freier SW ein. 
Insofern wird tatsächlich die Verwertung (i.S. von Verkauf von 
Produkten; der Auftraggeber verspricht sich natürlich Vorteile aus 
der Portierung, sonst würde er sie nicht bezahlen) ausgehebelt und 
die Coder haben dennoch eine Chance, ihre Brötchen zu verdienen. 

Es gibt aber eine entgegenwirkende Gesetzmäßigkeit, daß nämlich
Automation Arbeit schafft, und dies gleich in mehrfacher Weise:

1. Der automatisierte Prozeß erfordert beständige Anpassungsarbeit
("Arbeit an der Arbeit").

Unter den Bedingungen der Lohnarbeit ist die Frage nur, ob der
"Overhead" der Automation die Effekte wieder auffrisst. Wenn dem so
wäre, würde das Kapital nicht automatisieren.

Es ist ja ein running gag der sog. Informationsgesellschaft, daß 
Computerisierung die Produktivität pro Kopf nicht erhöht, sondern 
senkt, wie in diversen Studien festgestellt wurde. Du unterstellst 
hier dem Kapital mehr (Fähigkeit zur) Rationalität als es tatsächlich 
hat. Daß der symbolische Wert von etwas (Brandnames zur 
Differenzierung funktional äquivalenter Turnschuhe, Jeans etc. etc.; 
der Antrieb hinter ICANN) seinen Gebrauchswert weit hinter sich 
zurückgelassen hat, ist nicht zu übersehen. Einen ähnlichen Effekt 
sehe ich hinter der Marke / Mode / Hype "Informationsgesellschaft", 
der seit Ende der 60er vor allem von wirtschaftspolitischen Instanzen 
und Think Tanks systematisch aufgebaut wird. Da sind sie ihrere 
eigenen Propaganda auf den Leim gegangen.

Gruß
Volker

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