Re: [ox] GPL-Hardware
- From: "Volker Grassmuck" <h0724elw rz.hu-berlin.de>
- Date: Fri, 14 Jan 2000 18:10:23 +0200
Date: Mon, 10 Jan 2000 19:36:51 [PHONE NUMBER REMOVED]
From: Stefan Meretz <stefan.meretz hbv.org>
Das bedeutet im Kern ein Ausstieg aus Verwertungszusammenhängen, und
das, obwohl Stallman und die FSF meinen permanent betonen zu müssen,
dass sie und die GPL nicht gegen Kommerz stehen, dass man GPL-Software
ja verkaufen dürfe. Das gehört endlich mal selbstbewußt umgedreht!! Die
GPL weisst über die Verwertungszusammenhänge hinaus, und in ihrer
Anti-Verwertungshaltung öffnet sie neue Möglichkeiten, die mit dem
Kapitalismus inkompatibel sind.
Daß Geldverdienen nicht untersagt ist, ist keine hohle Rhetorik von
RMS. Der Witz ist doch, daß die Arbeit bezahlt werden kann, aber die
Ergebnisse der Arbeit frei sind. S. Cygnus (vgl. Tiemann in Open
Sources), die ihr Geschäftsmodell auf GPL-ter Software aufgebaut
haben. Wenn ein Kunde von Cygnus die GNU-Tools auf eine exotische
Plattform portiert haben möchte, bezahlt er sie dafür, und die
Ergebnisse gehen in den ständig wachsenden Pool freier SW ein.
Insofern wird tatsächlich die Verwertung (i.S. von Verkauf von
Produkten; der Auftraggeber verspricht sich natürlich Vorteile aus
der Portierung, sonst würde er sie nicht bezahlen) ausgehebelt und
die Coder haben dennoch eine Chance, ihre Brötchen zu verdienen.
Es gibt aber eine entgegenwirkende Gesetzmäßigkeit, daß nämlich
Automation Arbeit schafft, und dies gleich in mehrfacher Weise:
1. Der automatisierte Prozeß erfordert beständige Anpassungsarbeit
("Arbeit an der Arbeit").
Unter den Bedingungen der Lohnarbeit ist die Frage nur, ob der
"Overhead" der Automation die Effekte wieder auffrisst. Wenn dem so
wäre, würde das Kapital nicht automatisieren.
Es ist ja ein running gag der sog. Informationsgesellschaft, daß
Computerisierung die Produktivität pro Kopf nicht erhöht, sondern
senkt, wie in diversen Studien festgestellt wurde. Du unterstellst
hier dem Kapital mehr (Fähigkeit zur) Rationalität als es tatsächlich
hat. Daß der symbolische Wert von etwas (Brandnames zur
Differenzierung funktional äquivalenter Turnschuhe, Jeans etc. etc.;
der Antrieb hinter ICANN) seinen Gebrauchswert weit hinter sich
zurückgelassen hat, ist nicht zu übersehen. Einen ähnlichen Effekt
sehe ich hinter der Marke / Mode / Hype "Informationsgesellschaft",
der seit Ende der 60er vor allem von wirtschaftspolitischen Instanzen
und Think Tanks systematisch aufgebaut wird. Da sind sie ihrere
eigenen Propaganda auf den Leim gegangen.
Gruß
Volker
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