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Re [ox] "GPL-Gesellschaft" oder was?




Hallo Liste!


On Thu, 28 Sep 2000, Thomas Uwe Gruettmueller wrote:

Hallo, Oekonuxis!

On Don, 28 Sep 2000, Franz J. Nahrada wrote:
Es ist sicher sehr schwer, gleich eine ganze
Gesellschaft zu benennen, die es noch gar nicht
gibt...und man kann sich dabei täuschen.
Ich möchte die Idee in die Diskussion werfen,
sich mal an die Wirtschaftsform zu halten.
Da gäbe es den Vorschlag, in begrifflicher Differenz
von Marktwirtschaft und Planwirtschaft von einer
Forums- oder Forenwirtschaft zu reden.

Mit dem Begriff "Gesellschaft" habe ich auch leichte Probleme, zumal dieser 
ja das Zusammenleben und Verhalten der Menschen bezeichnet, und das wollen 
wir ja im grossen und ganzen nicht ändern.

[...]

Nicht so gut finde ich hingegen Ansätze, "GPL-" durch "Forums-" oder 
"Selbstentfaltungs-" zu ersetzen. Dies weicht mir schon zu sehr von der 
ursprünglichen Fragestellung "Lassen sich die Prinzipien Freier Software auf 
ander Bereiche der Wirtschaft übertragen?" ab, hebt (zwar wichtige, jedoch 
nicht entscheidende) Teilaspekte hervor und läßt ferner völlig offen, ob die 
neue Ordnung durch Freies Wissen, durch eine gewaltsame Revolution oder durch 
ein Wunder Gottes entstehen soll.


Tschüß,
Thomas
 }:o{#


An dem Begriff GPL-Gesellschaft hat sich eine spannende Diskussion 
entzuendet. Kern dieser Diskussion ist wahrscheinlich die
Frage, was denn nun eigentlich im Kern die neuen Produktivkraefte 
ausmacht. Die Frage ist wichtig weil man nur darauf aufbauend
eine Einschaetzung machen kann, ob - und wenn ja in welchem Zeitraum -
sich die Prinzipien der freien Softwareherstellung auf die gesamte oder
den uebergrossen Teil unserer Produktion uebertragen lassen. 
  
Es ist kein Zufall, dass sich grob zwei "Fluegel" (KP-Romantik :-)) 
in der Diskussion um den Begriff GPL-Gesellschaft gebildet haben: 
   
1. Wirtschaft - Technik - PM - Lizenz (Copyleft) - Infrastruktur 

   Das besondere an der gebrauchswertorientierten, d.h. freien
   Softwareherstellung ist die Tatsache, dass die Produktionsmittel	
   Computer so weit verbreitet fanden, weil sie sehr billig wurden.
   Mit dem CD-Brenner verhaelt es sich aehnlich. 
   Hinzu kommt die Infrastruktur des Internet und die Copierbarkeit  
   von Informationsguetern. 
   Und schliesslich die geniale	Erfindung der GPL-Lizenz. 
   
   Wer dies alles fuer den Kern der aktuellen Produktivkraftentwicklung
   und die Selbstentfaltung/Kreativitaet fuer ein daraus
   entspringendes Resultat haelt, der tendiert zum Begriff
   "GPL-Gesellschaft" oder GPL-Wirtschaft...
   
   Um eine Prognose fuer die Zukunft und den Uebergang zu machen nimmt man
   an, dass erstens weitere PM in den Haenden der Bevoelkerung landen,
   und zweitens, dass der informell-algorithmische Anteil der Produktion
   stark zunimmt (so wie die Dienstleistungen die Industrieproduktion
   ueberholte). 	


2. Selbstenfaltung - Selbstorganistation	
   
   Produktivkraftentwicklung ist kein Technikbegriff 
   sondern ein Verhaeltnisbegriff. 
   Das besondere an den neuen Produktivkraeften ist, dass der Mensch in
   den Mittelpunkt des folgenden Stoffwechselprozesses (Arbeit) rueckt:


  	         Mensch
		  /  \
	         /    \	 
   	        /      \
	       /        \
    	      /          \
	     /            \
	   Natur ------- Mittel(Werkzeug)
  	 
    	

   In der Steinzeit, Antike, Mittelalter und Feudalismus war es die Natur,
   d.h. insbesondere der zu bestellende Boden, der im Mittelpunkt stand.
   Die Berabeitung der Natur unterlag einem staendigen
   Verbesserungsprozess. 
   Dann kam mit dem Industrikapitalismus die Mittel/Werkzeug Epoche, indem
   Maschinen und Werkzeuge ins Zentrum der Entwicklung rueckten.  
   Und jezt ist der Mensch selbst in den Mittelpunkt der Entwicklung
   gerueckt, d.h. dass die permanente Entfaltung seiner Potentiale
   oekonomisch ansteht. In dem Slogan "Lebenslanges lernen" spiegelt sich
   das unter anderem wieder.	 
   
   Wer den Mensch in den Mittelpunkt der oekonomischen Entwicklung
   ruecken sieht und dies als den Kern der neuen Produktivkraefte
   ausmacht, der tendiert wohl eher zum Begriff
   Selbstentfaltungsgesellschaft.

   Um eine Prognose fuer die Zukunft und den Uebergang zu machen fragt
   man sich dann eher: Wie muessen Genossenschaften oder Menschengruppen
   sich verhalten, um ohne Profitlogik im Innern und mit einer 
   geringen Schnittstelle zu dieser nach aussen (also hin zum Kaptalismus)
   zu produzieren?   


 

Das war mal ein Versuch eine ganz grobe Zusammenfassung	zu machen. 

Viele Gruesse,
		Bernd  



----------------------
http://www.oekonux.de/



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