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Re: [ox] Technik und Selbstentfaltung



Hi Markus!

Last week (8 days ago) Markus Lauber wrote:
Stefan Merten wrote:
Mein Paradies ist jedenfalls genau anders herum: Da sind die Menschen
von den Kräften der kybernetischen Maschinen, der invisible hand, des
blinden Selbstlaufs des Profits (oder eines Gottes was das betrifft)
befreit und sind endlich dazu in der Lage, ihre Verhältnisse bewußt zu
regeln. KM nannte das den Eintritt in die Geschichte.

Momentan basiert das Paradies sich mit IT-Technologie befassen zu koennen
wesentlich darauf, dass die (manuelle) scheiss-Arbeit zunehmend in den
unteren 2/3 des Globus erledigt wird, egal ob Organgenklauben in Brasilien,
Buntmetallschmelzen im Sweat-Shop in Kairo, Klamotten naehen in Indien oder
Muellrecyceln auf der Kippe von Manila.

Oh die alte Kiste: Der Wohlstand der Industrieländer beruht wesentlich
auf der Ausbeutung des Trikont. Diese Behauptung war schon vor acht
Jahren Humbug und ist heute keineswegs wahrer geworden.

Völlig unbestritten gibt es eine Ausbeutung des Trikont. Diese ist
aber nach meiner festen Überzeugung nicht entscheidend für den
Wohlstand hier. Das wäre richtig, wenn wir noch in
Feudalgesellschaften mit ihrer wesentlich statischeren
Produktivkraftentwicklung leben würden - tun wir aber nicht.

Es könnte sogar sein, daß die für die materielle Produktion immer noch
notwendigen manuellen (Scheiß-)arbeiten zunehmend aus den
Industrieländern verlagert werden. Aber gleichzeitig wird durch die
Produktivkraftentwicklung die Notwendigkeit insgesamt weniger und wenn
die Löhne nicht ins Bodenlose fallen, dann werden auch die manuellen
Arbeiten insgesamt weniger.

Oder siehst du irgendwo einen Sektor entstehen, der massenhaft neue
(manuelle) Arbeitskräfte einsaugen würde, und der nicht nur als Folge
der Prekarisierung begriffen werden kann?

Da kann schon mal der Eindruck
aufkommen die materielle Produktion waere a) so ueberschiessend und b) so
effektiv, dass sie in Zukunft so vernachlaessigbar sein koenne wie heute die
Landwirtschaft (in den Industriestaaten).

Jetzt verwechselst du aber dein eigenes Thema. Oben hast du von den
Arbeits-/Ausbeutungsbedingungen gesprochen, jetzt redest du von der
Notwendigkeit materieller Produktion.

Niemensch hat gesagt, daß die materielle Produktion *als solche*
vernachlässigbar wird. Die These ist vielmehr, daß die *Bedeutung*
materieller Produktion durch die Bedeutung der Produktion von
Information genauso wegdominiert wird, wie die Bedeutung der
Landwirtschaft durch die der Industrieproduktion. Und diesen Effekt
kannst du im realexistierenden Kapitalismus schon beobachten.


						Mit li(e)bertären Grüßen

						Stefan


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