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Re: [ox] Internet und Macht



Hi Annette!

2 days ago Annette Schlemm wrote:
Wir müssen sicher unterscheiden zwischen der gegebenen "realen Realität"
und einer zukünftig möglichen. Für letztere können wir uns mal
überlegen, was notwendig wäre, um die Machtmittel zu reduzieren,
minimieren und auszuschalten.

Guter Gedanke. Ich mache mal Bezüge zur Freien Software.

Zuerst: Eine perfekte Welt voller harmonisch-glücklicher Menschen wirds
wohl nicht werden.

Ich denke worauf wir uns einigen können: Eine konfliktfreie Welt wird
es nicht geben. Die wäre bestimmte auch stinklangweilig ;-) . So
gesehen ist Macht sicher nicht weg.

Aber einige Voraussetzungen müssen gegeben sein, die
ich am besten aus einer neuen Schrift von Christoph Speer abschreibe:

" Freie Kooperation liegt vor, wenn:
- die überkommene Verteilung von Verfügungsgewalt, Besitz, Arbeit und
die überkommenen Regeln nicht sakrosankt sind, ihnen also kein "höhreres
Recht" zukommt, sondern sie vollständig zur Disposition stehen, d.h. von
den Beteiligten der Kooperation jederzeit neu ausgehandelt werden
können;

Das ist gut. Das ist das, was normalerweise in den Hochphasen einer
Revolution stattfindet, wo das ancien regime gründlich delegitimiert
wird. Die Franzosen waren da besser als die Deutschen - die haben es
nie geschafft, ihrem Monarchen den Kopf vor die Füße zu legen :-( .

- alle Beteiligten frei sind, die Kooperation zu verlassen, ihre
Kooperationsleistung einzuschränken oder unter Bedingungen zu stellen,
und dadurch Einfluss auf die Regeln der Kooperation zu nehmen;

Iihh ba! Das ist ja der pure Tausch! De facto: Ich habe
Mitwirkungsrechte nur dann, wenn ich auch was einzubringen habe. Nur
wenn ich drohe zu gehen, kann ich Einfluß nehmen.

Nee, nee, nee so kann's nicht gehen. Da steckt ja das ganze "Wer nicht
arbeitet soll auch nicht essen" des Kapitalismus in verbrämter Form
drin. Das ist das, was auch in der Selbstverwaltungsszene bekannt ist
und was ich wohl im Senfeimer schon mal angegangen bin.

Das muß offener laufen. Wer kommt, kommt, wer geht, geht. Ohne Druck
auszuüben. Diese Sorte Psychodruck ist doch voll kotzig und macht
bestimmt kein gutes Klima. Wenn ein Mensch sich entscheidet zu
Kommen/Gehen, dann weil sie das aus freien Stücken macht und nicht
weil sie ihre Leistung als Druckmittel einsetzen will.

Druck ausüben ist für mich keine Selbstentfaltung sondern ein Zeichen
mißlungener Kommunikation oder unvereinbarer Gegensätze. Im ersten
Fall sollte an der Kommunikation ausgeübt werden, im letzten Fall
sollten sich die Beteiligten trennen.

- alle Beteiligten insofern gleich sind, als sie dies zu einem
vergleichbaren und vertretbaren Preis tun können; d.h. dass der Preis
dafür, die Kooperation zu verlassen bzw. die eigenen
Kooperationsleistungen einzuschränken oder unter Bedingungen zu stellen,
für alle Beteiligten ähnlich hoch (oder niedrig), aber auf jeden Fall
zumutbar sein muß.

Bei Freier Software ist das nicht so. Kein Einbringen nötig.

Vereinfacht gesagt: In einer freien Kooperation kann über alles
verhandelt werden; es dürfen alle verhandeln; und es können auch alle
verhandeln, weil sie es sich in ähnlicher Weise leisten können, ihren
Einsatz in Frage zu stellen."

Vorausgesetzt jedeR hat einen Einsatz. Das ist Tauschringlogik.


						Mit li(e)bertären Grüßen

						Stefan


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http://www.oekonux.de/



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