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Re: [ox] Autorenverguetung



Hallo, Hans-Gert!

On Die, 21 Nov 2000, Hans-Gert Graebe wrote:
Du kannst natürlich gern in diesem Garten
- sprich dieser Gesellschaft - in eine beliebige Ecke gehen und
meckern "Scheiß Unkraut hier überall - wo ist die Sense".

Quatsch. Ich will doch die VG Wort nicht absensen. Ich möchte nur, daß es in 
der Literatur und Musik, genauso wie in der Software, einen Bereich gibt, wo 
sich Freie Wissensprodukte ungehemmt entwickeln können...

Zur bisherigen Diskussion:

So, wie ich das bisher mitbekommen habe, diskutieren wir hier zwei völlig 
verschiedene Themen, die wir aber ständig durcheinandermischen:

1. Wie sehr behindern Pauschalabgaben die GPL/GFDL?

Diese Frage ist mir sehr wichtig. Wir werden sie hier auf der Liste aber 
vermutlich nicht klären können. Sie klären könnte die VG Wort selbst, GNU 
oder ein Rechtsanwalt. Ich könnte einen offenen Brief zur Frage der GFDL an 
die VG Wort aufsetzen, komme aber leider diese Woche nicht mehr dazu, da ich 
von morgen bis Sonntag wegfahre. Danach werde ich vermutlich hunderte Mails 
erhalten haben und wieder zu nichts kommen :o( ...

2. Sind Pauschalabgaben *die* Superidee schlichthin zur Realisaton eines 
   (schon bestehenden?) Pools Freien Wissens?

Diese Frage scheint dir und Ralf sehr wichtig zu sein. Ich selbst sehe darin 
eher eine Scheinlösung (so wie Shareware-Programme).

Weitere Anmerkungen:

(Kriterium ist ISBN bzw. ISSN)
Interessant. 

Sie _verwalten_ (nicht exklusiv!)

Weder exklusiv noch einfach. Die Nutzungen, die da vergütet werden, sind 
genau die, wo es *keinen* Vertrag zwischen Nutzer und Urheber gibt, die aber 
laut Gesetz dennoch legal, jedoch vergütungspflichtig sind.

meine geistigen Ergüsse, die ich durch Publikation der
Allgemeinheit zur Verfügung gestellt habe.

"Durch Publikation der Allgemeinheit zur Verfügung stellen" ist eine nette 
Interpretation, aber in welchem rechtsgültigen Text ist das so formuliert?

Das "der Allgemeinheit zur Verfügung stellen" sollte man auch nochmal näher 
durchleuchten. Als Meßlatte möchte ich hier den FSF-Freiheitsbegriff 
verwenden:

(Bei der folgenden Betrachtung besteht keine Lizenz zwischen Urheber und 
Nutzer.)

1. Ist das Werk frei(=uneingeschränkt) nutzbar?

Das Lesen ist nicht eingeschränkt, weder finanziell noch sonstwie (ein 
Glück!). Andere Nutzungsarten, etwa der Verleih von Exemplaren oder unten 
aufgeführte Aktivitäten schon. Für den Betrieb einer Bibliothek müssen 
Gebühren an die VG-Wort abgeführt werden. (Das siehst du zwar nicht als 
Einschränkung aber) Dazu muß ein Vertrag mit der VG Wort zum Betrieb einer 
Bibliothek vorliegen, und dies ist nicht bei allen sechs Milliarden Menschen 
der Fall.

2. Ist das Werk frei(=uneingeschränkt) studierbar?

Hier muß man zwei Ebenen unterscheiden: die inhaltliche und formelle.

Auf der inhaltlichen Seite kann man ein Buch tatsächlich studieren, insofern 
man ein Exemplar greifbar hat. Wie oben schon angesprochen, ist das Lesen 
noch durch kein Gesetz eingeschränkt.

Auf der technischen Seite (Typographie usw.) ist ein herkömmliches Buch dem 
Nutzer gegenüber genauso verschlossen wie ein proprietäres Programm. Es 
können zwar vom Ergebnis Rückschlüsse auf die Entstehung gezogen werden 
(Reverse Engeneering), aber der Quellcode (maschinenlesbarer Text mit 
maschinen- und menschenverständlichen Formatierungsanweisungen) wie bei 
GFDL-Werken fehlt völlig.

3. Darf das Werk frei(=uneingeschränkt) an andere kopiert werden?

Dies ist eingeschränkt auf einige wenige Seite und einige wenige Exemplare. 
Ferner wird dabei eine Vergütung fällig.

4. Darf man das Werk frei(=uneingeschränkt) verbessern und weiterlizensieren?

NEIN!

Man sieht also, daß sich ein herkömmliches Textwerk von den vom Staat dem 
Nutzer eingeräumten Rechten, für die dieser keinen Vertrag mit dem Urheber 
benötigt, selbst wenn man die Frage der Vergütung aussen vor läßt, sich nicht 
als "Frei" i.S.d. FSF qualifiziert.
 
Also _kein_ Widerspruch zu Gemeineigentum an Wissen.

Definitionsfrage. Zu "Frei" i.S.d. FSF schon.

Nochmal Thomas:

   Mandrake hat zunächst, was in der Computerindustrie durchaus
   üblich ist, ein ausschließliches Nutzungsrecht (quasi
   "sämtliche Rechte") an dem Programm gegen eine einmalige
   Abfindung erworben. Danach hat Mandrake mittels eines
   rechtsgültigen Lizenzvertrages jedem einzelnen "member of the
   public" (davon gibt es ca. 6 Mrd.) ein einfaches Nutzungsrecht
   erteilt. Dabei räumt der Vertrag dem Lizenznehmer unter
   anderem das Recht ein, weitere Exemplare anzufertigen. Eine
   finanzielle Gegenleistung ist für diese Handlung NIRGENDWO IM
   VERTRAG VORGESEHEN! Damit unterscheidet sich diese Form von
   "Gemeingut" in einem wesentlichen Punkt von dem, was du weiter
   unten genauso nennst: Man muß nicht für das Wahrnehmen des
   Benutzungsrechts zahlen.

Ich kenne den Fall nur aus Deiner Beschreibung.  Und die verstehe
ich (noch immer) so: Mandrake hat in Phase 1 genau dasselbe aus
irgendwelchen privaten Gründen getan, was VG Wort macht: Sie
haben dem Autor was für seine Aufwendungen gezahlt.

Das ist aber eher mit der Bezahlung des Autors durch den Verlag vergleichbar, 
zmal es sich um eine vertraglich geregelte Erstnutzung handelt. Die VGs 
kommen erst ins Spiel, wenn ausservertragliche, aber legale Handlungen 
Dritter ins Spiel kommen.

Und dann haben sie, für ein kap. Unternehmen sehr generös,

Das nennt sich Marketing-Strategie. 

das Ganze der
GPL unterstellt, also zu Gemeineigentum erklärt.  Dass Du nicht
für das Wahrnehmen des Benutzungsrechts zahlen musst, hat zwei
Gründe.  Erstens ist offensichtlich auch ohne Deinen Obolus was
in Mandrakes Büchse drin, um den Autor zu bezahlen. Und zweitens
haben sie, im Gegensatz zu VG Wort, dazu keinen _öffentlichen
Auftrag_.

Auf ihren (mit JavaScript zugemüllten) Webseiten schreibt die VG Wort, daß 
sie sich dort nicht einmischt, wo der Urheber etwas vertraglich regeln kann, 
z.B. bei Neuauflagen von Büchern. Die GPL ist ein solcher Vertrag zwischen 
Urheber und Nutzer. Auf welcher rechtlichen Grundlage sollte die 
"Einmischung" denn erfolgen?

Sind GPL und GFDL rechtlich unwirksam? 
  oder
Sollte man das Gesetz ändern, damit sie unwirksam werden?
  oder
Sollte man diese Lizenzen nicht verwenden?

Hier müßtest du schon klarer zu Stellung beziehen.

Aber ich warne davor, die Krumen,
die da vom Tisch der derzeitigen Finanzspielchen (UMTS-Poker
etc.) fallen, als ewigen Springquell für Freies Leben zu
                    ^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^ ;o)
betrachten.  Es bleibt immer eine _Alimentation_ nach dem
Gutdünken der jeweiligen Alimentierer.

Nun ja, die bereits bestehende Freie Software wird man wohl kaum noch in 
einen sprudelnden Quell umgewandelt bekommen, zumindest nicht ohne 
Gesetzesänderungen. Das müßte mit ordentlich Polemik aber auch zu schaffen 
sein. 

Für zukünftige Software könnten aber die Hacker ja auch bei der jetzigen Lage 
der Dinge diese Probleme beherzigen und statt der GPL lieber eine Lizenz 
verwenden, die Abgaben auf die Benutzung ausdrücklich vorsieht. Eine 
Shareware-Lizenz eben. Das wäre dann ihre Entscheidung.

Tschüß,
Thomas
 }:o{#


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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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