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Re: [ox] Die Anwendbarkeit der Wertkritik in der Informationsgesellschaft



Hallo Christian,

 Du sagst aber quasi, dass es sogar auf den Grossteil der Dienstleistungen 
 anwendbar ist. Das denke ich ganz und gar nicht. Wenn, dann muss es dafuer 
 veraendert werden. 

Das sage ich in der Tat, und die Veränderung des Schemas G-W..P..W’-G’ ist 
ganz einfach: entweder man stellt definitorisch klar, dass eine 
Dienstleistung auch eine Ware ist, das reicht dann schon (Marx selbst ist 
durchaus auch nicht so eng mit dem Warenbegriff, schließlich ist die 
Arbeitskraft, die im ersten W enthalten ist, auch eine ganz besondere 
eigentümliche Ware, auf die einige Bestimmungen nur modifiziert zutreffen, 
sie wird ja auch nur "geleast" sozusagen, nicht im vollen Sinne gekauft). 
Oder man ersetzt W' durch D', definiert als Dienstleistung mit einem höheren 
Wert als der von W.

 Ausserdem sind nicht alle Dienstleistungen produktiv.
 Herstellung von Individualsoftware z.B. nicht, und da scheiden sich halt 
die 
 Geister. Das moechte ich jetzt auch so stehen lassen. 

Geht wohl nichtanders.

 Ein grundsaetzliches Problem, das ich da sehe, ist, dass Du davon 
ausgehst, 
 dass es genuegend wertschaffende Arbeit gibt und dass der Kapitalismus 
 relativ stabil ist. Ist er aber nicht, denn der Widerspruch von lebendiger 
 und toter Arbeit, die Ersetzung der ersten durch die zweite, muss dazu 
 fuehren, dass die Basis der Wertproduktion abschmilzt, was sich krisenhaft 
 aeussern muss. .... Verabschiedung der Krisentheorie ...

Ich verabschiede die Krisentheorie keineswegs, sondern gehe davon aus, dass 
der Kapitalismus krisenhaft funktioniert. Wir haben lediglich 
unterschiedliches Verständnis der Krisentheorie, ihrer Begründungen im 
einzelnen, und ihrer Konsequenzen: m.E. gehören die Krisen zum Funktionieren 
des Kapitalismus, nicht zu seinem Nicht-mehr-funktionieren.

 Will sie (die Widersprüche, RK)
 jemand kurzfristig stabilisieren (z.B. neokeynesianisch), so ist das 
 eigentlich ein ziemlicher Zynismus, der mit Menschenleben spielt.

1. geht es mir nicht (nur) darum, sondern um Überwindungsperspektive, die 
daran m.E. eher anknüpfen kann als an einem Kladderadatsch, 2. kann man den 
Vorwurf umdrehen: zynisch ist es wohl eher, sich im Hoffen auf das Ende des 
Kapitalismus (übrigens auch ohne Klarheit, wie es dann weitergehen soll in 
einer Weise, die zu besseren Resultaten führt) um das "kurzfristige" 
Stabilisieren der Lebensbedingungen der Menschen nicht zu kümmern. Um mal 
Keynes zu zitieren (obwohl Keynesianismus für einige anscheinend das 
Schlimmste überhaupt zu sein scheint, ich sah und seh da in der Tat größere 
Anknüpfungs- und Bündnismöglichkeiten für SozialistInnen bzw. Linke als bei 
Monetarismus und Angebotspolitik, übrigens durchaus nicht nur für einen Teil 
der Weltbevölkerung, auch für den Trikont war monetaristische IWF-Politik 
etc. wohl deutlich schlimmer): "In the long run we are all dead."

Beste Grüße

Ralf Krämer
Fresienstr. 26
44289 Dortmund
Tel. 0231-3953843
Fax 0231-3953844

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