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Re(2): [ox] Natur und Kultur



liste oekonux.de (Stefan Merten) schreibt:
Immerhin
war der einzig wirklich erfolgreiche Tauschkreis in Deutschland
auf der Münchner Tauschkreistagung 1998 auch ziemlich undogmatisch:
Tausch als Mittel der Restitution von Gemeinschaften, als Weg aus der 
monadischen Existenz heraus wurde da zumindest als wichtiger erachtet
als die Konstruktion eines neuen Geldsystems.

Ja, diesen Doppelcharakter von Tauschringen finde ich auch immer mal
wieder spannend. Daß Tauschringe überhaupt funktionieren, bedeutet ja,
daß sie auf ein gesellschaftliches Bedürfnis treffen. Ich würde mal
sagen, daß es sich um das Bedürfnis nach konkreter
Gesellschaftlichkeit handelt, daß die Geldmonaden sich aber einfach
nicht anders als leicht veränderten Tausch vorstellen können. Die
Tragik besteht halt darin, daß sie sich zu Ende gedacht den Ast
absägen, auf dem sie gerne sitzen würden.

Das ist ein ganz prinzipielles Problem: "Wollen" die Tauschkreise
(noch dazu gerne) wirklich das, was der Sache nach in der Logik 
des Werts steckt ?
oder nehmen sie die Konsequenzen als "Sachnotwendigkeit" hin?
Genau diesen Aufweis habe ich immer als das stärkste Argument
marxistischer Geselschaftskritik gefunden, daß es sich im Grunde
nicht um einen Willens-, allenfalls um einen Will-kür akt handelt,
als Auswahl unter bestehenden Alternativen.

das ist aber die Crux: Theoretiker können keine Alternative zum 
fetischisierten Handeln schaffen, das müssen die Akteure schon
selber. Die orientieren sich aber an dem, was "geht". Eine 
neue Verbindung von Theorie und Praxis täte not, wo gemeinsam
"experimentiert" wird.  Auch hier wieder ein Einbruchsfeld
in die "offizielle" Gesellschaft: es gilt, ihr Experimentalorte und
Felder abzuringen. Nur so werden die Institutionen Wissenschaft
und Kunst handlungsrelevant.

In diesem Zusammenhang ein flammender Aufruf an alle, die Kampagne
der SSM (Mülheim) nicht nur zu unterstützen, sondern weiter-
zutragen im Sinn dieser Laboratoriumsidee. Es darf nicht sein, daß
ein derartig wichtiges Experimentierfeld stirbt. Eine Gesellschaft,
die sich wegen einer ausgestorbenen Tierart (zu Recht) empört,
darf das Wissen um alternative Handlungsformen nicht verhindern.






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