[ox] Konferenz in Berlin
- From: sabine.nuss gmx.de
- Date: Tue, 8 May 2001 13:37:10 +0200
Hallo Liste,
ich machs mir mal aufgrund von massiven Zeitengpässen einfach und stelle den
Link zu einem ganz guten Artikel über die Konferenz "Gut zu Wissen" am
Wochenende in die Liste:
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/konf/7570/1.html
Mein persönlicher Eindruck war, dass das Thema offensichtlich zunehmend
wichtiger wird und zunehmend mehr Leute aus allen Bereichen auf den Plan ruft
(was eigentlich nicht wundert, angesichts der technologischen Entwicklungen
in einem bestimmten gesellschaftlichen Kontext....).
BTW: In dem Workshop zu Eigentum und Wissen wurde in einem Redebeitrag
auch positiv auf die Oekonux-Konferenz in Dortmund verwiesen. Einige
Gesichter aus Dortmund habe ich auch auf dieser Konferenz wieder gesehen.
Der "Geist" von Oekonux strahlte also noch ein bisschen in die Berliner
Konferenz.. ;-)
Am eindrücklichsten fand ich den Vortrag "aus der Praxis" von Dr. Norbert
Bensel, Debis AG, Berlin, Mitglied des Vorstandes - verantwortlich für Human
Resources - der DaimlerChrysler Services AG....
Er hielt einen Vortrag über "Arbeitszeit, Weiterbildung, Lebenszeit - Neue
Konzepte". Ich zitiere mal aus seinem Abstract:
"....Mitarbeiter stellen als die Wissensträger des Unternehmens neue
Anforderungen an die Gestaltung ihres beruflichen und privaten Umfeldes. Nur
in Unternehmen, in denen flexible Rahmenbedingungen für Arbeitszeit,
Weiterbildung und Lebenszeit geboten werden, kann sich das intellektuelle
Potential der Mitarbeiter voll entfalten und entwickeln. Flexible
Rahmenbedingungen beginnen mit einer flexiblen Organisationsstruktur.
Gängige Strukturmodelle mit einer festen Befehlshierarchien von oben nach
unten spiegeln die betriebliche Realität nicht mehr wieder....."
Er warf verschiedene Folien an die Wand, in denen er bei den neuen
Arbeitsmodellen folgende Stichworte hervorhob:
"Spass haben" (statt Geld verdienen, als Motivation...), "Freiwillige motivieren",
"Anerkennung für cool code", "Kunden zu Mitarbeitern machen", es gab auch
Bezüge zur Open Source als Vorbild....
Ihr wißt schon, was ich damit sagen will....
Das ist natürlich KEIN Argument GEGEN Freie Software !!!! (das wurde auch
schon beim Vortrag in Dortmund missverstanden). Aber ! es ist wichtig, das
Auge darauf zu behalten. Weil: Die Entdeckung der Freien Software als
Potential für etwas wie auch immer definiertes "Emanzipatorisches" ist die
Entdeckung des Potentials, welches die gegenwärtigen
Produktionsverhältnisse modernisieren wird. Das ist der entscheidende
Unterschied.
Wie eine Frau (ich weiß leider nicht mehr den Namen) auf der Konferenz in
Dortmund bei dem Workshop Reibung sehr schön gesagt hat, waren auch die
68er in gewisser Form Modernisierungsprozesse des Kapitalismus - von den
beteiligten Individuen wurden sie aber als revolutionär, als Befreiung (!)
empfunden. Dies kann man nun in der Retrospektive erst sagen, aber daraus
könnte man wenigstens jetzt ein wenig lernen.....
Also, nochmal: Der Hinweis auf die gegenwärtig rasante Akzeptanz und
Aufnahme Freier Software und ihrer Philosophie sowohl von Staat, als auch von
Industrie, ist kein Argument GEGEN Freie Software. Es gibt da kein gegen
oder für. Es gibt nur eine Betrachtung ihrer Einbindung in einem bestimmten
Kontext. Die kann ich nicht ignorieren (drängt sich einem ja auch auf zur Zeit).
Liebe Grüße
Sabine
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