Message 02535 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT02409 Message: 17/35 L5 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Grundfrage (war:Re: [ox] notizen zur keimform)



Hallo,

Nur gibt es halt gerade in der Frage Materialismus-Idealismus die
unterschiedlichsten Auffassungen und die liegen meist sehr tief in
den Überzeugungen der Menschen begraben und wenn man sich über so
komplizierte Fragen unterhalten will, wie wir es hier versuchen,
sollte man das doch zumindestens mal offenlegen und ideal ist es,
wenn man es schafft die Theorie so zu bauen, dass sie ohne solche
Grundannahmen auskommt, die schlicht nicht alle teilen können.
Letzteres liegt aber wohl wirklich irgendwo zwischen extrem
schwierig und unmöglich.

Oder wir einigen uns auf Grundannahmen, die wirklich sehr viel mit uns und
unser geteilten Welt zu tun haben. Dazu müssen wir tatsächlich viele alte
Schemata aufbrechen, auch die der alten Grundfrage zwischen Materialismus
und Idealismus.

Nur mal so aus meinen Archiven einiges, was schon nicht mehr ganz im
Entweder-Oder verharrt:

- "Der arbeitende Mensch...gehört bei Marx entscheidend mit zur materiellen
Basis; auch das Subjekt in der Welt ist Welt." (Ernst Bloch, Das Prinzip
Hoffnung, S. 303 - hier wäre wohl die Einschränkung "arbeitende"
durchzustreichen)

- "Subjektfaktor also und dasjenige, was ihm in den Objekten an realer
Möglichkeit entspricht: beides macht erst den Realismus sichtbar; er ist
also einzig im dialektischen, nicht im mechanischen Materialismus." (Ernst
Bloch, Subjekt-Objekt,S. 107) (Er kam dann auf so was wie ein "Logikon" in
der Materie, seine diesbezüglichen Schriften werden gerade neu
herausgegeben).

Ich hab im Moment auch keine saubere präzise begriffliche Grundlage für eine
Begründung der Aufgabe der Grundfrage oder ihre Neuformulierung. Ich mache
in der Praxis allerdings die Erfahrung, daß ich "reinsten Idealismus" schon
öfter mal antreffe und auch immer große Probleme damit habe. Ich kann die
entsprechenden Ansichten einfach nicht teilen - weiß aber oft nicht, wie ich
mit der- oder demjenigen, die oder der diese Meinung vertritt, argumentieren
kann. Hier liegen sehr grundlegende Differenzen vor, die ich eigentlich nie
geschafft habe, besonders fruchtbar zu machen.

Andererseits habe ich inzwischen gelernt, wie wichtig der "Idealismus" in
der Philosophie immer auch war und ist.
In der früheren ML-Lehre hatten wir ja fast den Eindruck, alle Idealisten
wären ziemlich blöd gewesen, oder eben Ideologen der herrschenden Klasse.

Gerade bei der Klassischen Deutschen Philosophie war es für mich wirklich
absolut umwerfend zu erkennen, daß der Idealismus hier wirklich aus dem
Bemühen entstand, die Freiheit der Menschen zu begründen (sehr deutlich in
Fichte: Die Bestimmung des Menschen, wo er den eigenen Umschlag seiner
Gedanken aus einer recht deterministischen Denkweise in die befreiende
schildert -dazu auch einiges bei mir im Web). Hier fand ich in der
Kritischen Psychologie nun endlich eine Begründung der spezifischen
Möglichkeitsbeziehung von Menschen gegenüber der Welt, die es ermöglicht,
eine dialektisch-materielle Grundhaltung beizubehalten bzw. sogar zu
präzisieren, und gerade damit diese Möglichkeitsbeziehung, also die
besondere Möglichkeit auch des Ideellen in der menschlichen Geschichte zu
begründen. (siehe http://www.thur.de/philo/kp/freiheit.htm)

Ahoi Annette









________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


[English translation]
Thread: oxdeT02409 Message: 17/35 L5 [In index]
Message 02535 [Homepage] [Navigation]