Nochmal zum Thema Eigentum (was: [ox] Moses, die Zehn Patentierungsverbote und der "Diebstahl mit einer weiteren rechtschaffenen Wirkung")
- From: Thomas Uwe Gruettmueller <sloyment gmx.net>
- Date: Sun, 26 Aug 2001 16:56:59 +0200
Hi, Hartmut und alle!
On Sunday, 26. August 2001 12:20, PILCH Hartmut wrote:
http://swpat.ffii.org/stidi/epc52/moses/indexde.html
| | Wenn das EPA gemeinsam |
| | mit seinen Großkunden |
| | Tausenden von |
| | Programmierern und |
| Wenn für eine | Softwareunternehmen ihr |
| Programmierlösung ein Patent | urheberrechtlich |
| erteilt wird, sollte eine | begründetes Geistiges |
| weitere technische Wirkung | Eigentum entwendet, kann |
| vorliegen, wie z.B. eine | diesem Diebstahl ein |
| Beschleunigung oder | nachträglicher Segen der |
Die Argumentation ist gut, aber an dieser Stelle ist ein Fehler
in der rechten Spalte: Von Moses bis in die moderne
Rechsprechung hinein steht der Begriff "Eigentum" grundsätzlich
für *materielles*. Es muß also richtig heißen:
Wenn der Gesetzgeber mittels neuartiger, übergeordneter
"Eigentums"-Rechte wie Urheberrecht und
Geschmacksmusterschutz, oder, noch eine Stufe darüber,
Gebrauchsmusterschutz und Patentrecht unzähligen Menschen die
Rechte an ihrem klassischen, materiellen eigentum enteignet,
dann wird dem der Segen erteilt, da es sich um eine
Abschaffung von Eigentum handelt, die neues "Eigentum" schafft.
Beispiel:
Angenommen, ich bin der Material-Eigentümer einer seltsamen,
antiken Maschine, sowie ihrer Bedienungsanleitung, dann darf ich
*selbstverständlich* die Maschine reverse-engeneeren und
nachbauen, sowie die Anleitung vervielfältigen und verbreiten.
Da ich der Eigentümer bin, kann ich damit (mancherorts) *alles*
machen, was ich will, sogar abfackeln.
Es könnte aber sein, daß der Staat, in dem ich mich in meinem
Beispiel gerade befinde, meine Eigentumsrechte sinnvollerweise
*zum Wohle aller* beschränkt: So ein antikes Kulturdenkmal darf
doch ein Laie nicht auseinanderbauen. Und die Anleitung erst:
auf dem Fotokopierer, als Vorlage für tausende Exemplare? Nein,
das geht auch nicht! Das grelle Licht würde das Pergament
zersetzen!
Ebenso hätte ich als einfacher Besitzer möglicherweise nicht das
Recht, die Maschine auseinanderzubauen oder die Anleitung zu
kopieren. Es ist gänzlich die Entscheidung des Eigentümers,
welche Nutzungsarten er anderen zugesteht, und welche nicht.
Nun bin ich aber nicht Eigentümer einer antiken Maschine und
ihrer Anleitung, wohl aber einiger moderner technischer Geräte
und Bücher. Nun kann ich diese Gegenstände zwar zweckbestimmt
benutzen und sogar abfackeln, nicht aber darf ich meine Geräte
reverse-engeneeren und nachbauen oder meine Bücher kopieren und
verbreiten. Dies liegt daran, da der Staat Gesetze erlassen hat,
die mich in manchen Bereichen vom Eigentümer zum Besitzer
degradieren.
Ursprünglich sollten die Einschränkungen des Eigentums, die
Urheber- und Patentrecht, Gebrauchs- und Geschmacksmusterschutz
verursachen, der Allgemeinheit dienen: Das Urheberrecht sollte
z.B. ein vielfältiges Buchangebot sicherstellen, das Patentrecht
sollte die Offenlegung von Erfindungen und damit Innovation
fördern. Das Gegenteil ist aber heute der Fall: durch Netzwerke
und Digitalkopie wäre heute ein viel umfangreicheres Buchangebot
ohne Urheberrecht möglich, und die heutige Patentflut auf
Teillösungen komplexer Apparaturen kann nicht als
innovationsfördernd angesehen werden. Die fehlende
Gemeinnützigkeit entzieht also diesen Regelungen allmählich ihre
Existenzberechtigung.
Anders sehe es natürlich aus, wenn "geistiges Eigentum" nicht
mehr länger ein umgangssprachlicher Sammelbegriff bliebe,
sondern offiziell in die Rechtsprechung einginge. Die Einführung
eines aus heutiger Sicht verfassungsfeindlichen "Grundrechts auf
geistiges Eigentum" wäre natürlich *die Rettung*. Dann gäbe es
ein dreistufiges Eigentum, patentiert -- urheberrechtlich --
materiell, bei dem die jeweils niedere Stufe vor der höheren
zurückzustecken hätte.
Tschüß,
Thomas
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