Re: Re: [ox] Wettlauf mit der Zeit
- From: Robert Gehring <zoroaster snafu.de>
- Date: Sat, 22 Sep 2001 13:20:47 +0000
Am Freitag, 21. September 2001 02:21 schrieb PILCH Hartmut:
Was ich mir vorstellen könnte wäre die Offenlegung von allen möglichen
Informationen, die bisher als privat galten. Z.B.
Opensource-Videokontrolle auf öffentlichen Plätzen, mit offener
Gesichtserkennungssoftware uvm.
<SARCASM>
Sollte man dann nicht konsequenterweise auch für obligatorische
öffentliche Gentests und "offene" Datenbanken mit den Gensequenzen aller
Bürger, mit ihren Strafregistern und Kontoständen, den "offenen"
Fingerabdruckabgleich allerorten, usw. usf. - was eben die universelle
Paranoia als Voraussetzung für die universelle Sicherheit erfordern würde
- einführen? Oder besser noch: Gleich nach der Geburt einen Chip mit
globaler ID, GPS-Empfänger und Induktionssender unter die Haut
implementieren? "Gattaca" läßt grüßen ... </SARCASM>
Es waere immerhin mit dem Begriff "Opensource" erklaerbar.
Das wäre allenfalls noch unter dem Gesichtspunkt einer Strukturgleichheit
erklärbar. Soziale Konstrukte jeglicher Art zeichnen sich eben nicht nur
durch ihre Struktur, sondern auch durch ihre Intention aus, die sich aus der
Art ihres Gebrauchs bestimmen läßt.
Ob die oben genannten Zwecke mit den Intentionen der "Open Source"-Macher und
"Free Software"-Macher noch in Übereinstimmung zu bringen wären, wage ich zu
bezweifeln. In deren Intention lag/liegt es ja gerade, bestimmte
Kontrollmechanismen (des UrhR), die ja immer auch Zensurmechanismen
(Verhinderung der Weiterverbreitung) darstellen, in ihrer Wirkung zu
minimieren.
Das läßt sich aus den Äußerungen vieler Protagonisten, wie z.B. Richard
Stallman, Bruce Perens u.a. klar entnehmen.
"Open Source" in dem oben skizzierten Sinne zu "erweitern" und einzusetzen,
um ein Höchstmaß an Kontroll- und Zensurfähigkeit zu erlangen, scheint mir
dem diametral gegenüber gesetzt zu sein.
Natuerlich waere es nicht nur ein schwerwiegender Zivilisationsbruch
sondern auch zumindest unter derzeitigen Umstaenden eine Gefahr fuer die
Personen, die dann noch viel leichter zur Zielscheibe von Verbrechern
werden koennten.
Wohl wahr, daß der wesentliche Teil der Wirkung verpuffen würde: Das
Verhalten der "Bösen", die es zu beobachten gälte, würde sich vermutlich
recht schnell an die Gegebenheiten des Beobachtungssystems anpassen, zumal
man das System selbst so schön beobachten könnte - ohne sie wesentlich in
ihren Handlungszielen zu beeinflussen.
Allerdings wuerde eine solche Art der Uebersichtlichkeit nicht unbedingt
in ein unfreies Staatswesen fuehren.
M.E. stärken zusätzliche Kontrollmechanismen immer die vorhandenen
Kontrollstrukturen. Im konkreten Fall des westlichen Demokratien bedeutet
das, die bürokratischen Kontrollstrukturen zu stärken, die das Fundament des
Staates nun einmal bilden. Und ein Mehr an Bürokratie bedeutet in meinen
Augen ein Weniger an Freiheit(en).
Man bedenke auch, dass in vielen
wichtigen Bereichen wie etwa beim Finanzwesen das Prinzip "Hosen runter"
weitgehend Wirklichkeit ist, ohne dass deshalb die Demokratie vom
Zusammenbruch bedroht waere.
Wenn man das Finanzwesen gründlicher betrachtet, kommen ein paar interessante
Aspekte an den Tag, die man schnell übersieht.
In den westlichen Staaten gibt es statt "Hosen runter" recht große
Freiheitsgrade zur "Steuervermeidung" zwischen legal (z.B. Abschreibungen)
und illegal (z.B. Schwarzarbeit). Je nach Land variieren diese zwischen 20
und 50 Prozent der in einem lückenlosen System zu erzielenden
Steuereinnahmen.
Es gibt Wissenschaftler, die halten gerade diese Freiheitsgrade für ein
Fundament der Demokratie, nicht etwa den Teil der Steuereinnahmen, der
effektiv in's Staatssäckel fließt.
Was aus dem Staatsanteil wird, läßt sich anhand von Hochrechnungen zu
Einnahme-/Ausgabeverhältnissen gut bestimmen. Und das, was man so bestimmt,
veranlaßt Volkswirtschaftler schon seit Jahren, davor zu warnen, daß in ein
paar Jahrzehnten das finanzielle Fundament des Staates so brüchig geworden
sein wird, daß es zu einer tatsächlichen Gefährdung demokratischer
Verhältnisse kommen wird. (Stichworte: Beamtenpensionen,
Krankenkassenbeiträge, Renten. etc. pp.)
Und es gibt noch einen interessanten Zusammenhang zwischen Steuerzahlungen
und Demokratie, den Ökonomen und Sozialwissenschaftler in den letzten Jahren
empirisch herausgearbeitet haben. In den Ländern, in denen die Bürger
effektiven Einfluß auf politische Entscheidungsprozesse haben, wird
signifikant weniger Steuervermeidung betrieben als dort, wo das Gefühl der
Ohnmacht ggü. staatlichen Entscheidungen eine größere Rolle spielt. Das gilt
unabhängig von der Höhe der Steuerlast.
Falls tatsächlich die Sicherheit brüchig und die Polizeiarbeit immer
schwieriger wird,
... darf man -muß man- vielleicht auch nach Ursachen (statt nach bloßen
Auslösern) für die Ereignisse und nach Ursachen für das Versagen der mit
exorbitanten Mitteln (ca. 20-40 Milliarden US$ allein für die NSA) und
weitreichenden Befugnissen ("großer Lauschangriff" u.a.m.) ausgestatteten
Zuständigen fragen.
In meinem "falls .. schwieriger wird" war die Ursachensuche bereits als
abgeschlossen vorausgesetzt.
Es wäre schön, wenn wir an diesem Punkt bereits wären. Allein, mir scheint,
da sind wir noch lange nicht.
Natuerlich kann man immer noch andere
Ursachen finden. Aber Sicherheit ist ein Mosaik aus vielen Faktoren, und
falls in ein paar Jahren trotz vielseitiger Bemuehungen ueberall
Katastrophen passieren (Virenaussetzung in Paris, Atombombe in Muenchen,
...), wird man vielleicht zu dem Eindruck gelangen, dass auch am
Gleichgewicht zwischen Uebersichtlichkeit und Privatsphaere geschraubt
werden muss.
Frage: Woher kommen denn all die schönen Waffensysteme, mit
denen wir uns heute potentiell konfrontiert sehen? Wer hat denn die Viren
gezüchtet und die Atombomben erfunden - und tut es noch? Die behauptete
"zivilisierte", d.h. christlich-west/östliche Welt doch wohl, wenn man sich
die historischen Fakten ansieht. Der Rest der Welt zieht/zog doch bloß nach.
Wer hat die Bin Ladens dieser Welt denn zu Kriegern gemacht? Wer hat sie
gegen wen in den Kampf geschickt, finanziert und geschult? usw. usf.
Die Werte, die "wir" heute gegen die von "uns" erfundenen Waffensysteme
verteidigen müssen, haben "wir" selbst auch in Gefahr gebracht. Wir haben sie
selbst unterminiert. Wer "[Menschen]Rechte" sagt und das dann mit einem "für
diese, aber nicht für jene" relativiert, baut ein Kartenhaus. Das sollten
"wir" "uns" vor allen Dingen klar machen, sonst werden "wir" "uns" wieder und
wieder in Situationen finden, in denen Waffengewalt das einzige Mittel zu
sein scheint - vor allem im kurzsichtigen politischen Tagesgeschäft.
[Und was könnte passieren, wenn die entsprechenden "Dienste" mehr Geld,
mehr Mitarbeiter und mehr Befugnisse erhalten? Liefe es vielleicht -aus
der Vergangenheit geschlußfolgert- darauf hinaus, daß diese "mehr"
Mitarbeiter mit "mehr" Geld und "mehr" Befugnissen nur "mehr
Nicht-Wissen" produzieren würden?]
Was koennte daraus dann folgen?
Daraus könnte man schlußfolgern, daß solche Organisationen, wenn ihre Arbeit
keinerlei Kontrolle der Wirksamkeit unterliegt, sich primär mit sich selbst
beschäftigen. Sie definieren sich ihre eigenen Probleme und bearbeiten diese
- "X Files" sozusagen. Ob das dann noch irgendwas mit der "real world" zu tun
hat, ist zweitrangig. Betrachtet man die weltbewegenden Ereignisse der
letzten Jahrzehnte, so haben die Geheimdienste diese entweder angestiftet
oder im Nachhinein aus der Tagespresse davon erfahren. "Weiter so" wird genau
dazu führen: es wird so weitergemacht werden.
Nimmt man z.B. nur die Telefonüberwachungen allein hier, in Berlin, so stellt
man fest, daß die Anzahl derjenigen der USA in der Größenordnung erreicht
werden werden (nach den "offiziellen Zahlen" wohlgemerkt) - bei nur einem
Prozentbruchteil der Einwohnerzahl. In ganz Deutschland werden um
Größenordnungen mehr Telefone abgehört, als in den USA.
Aber: (1) Was rechtfertigt das? Und (2) Was kommt dabei heraus?
Niemand weiß es. Im Zweifelsfalle versteckt man alles hinter nebulösen
Geheimhaltungsargumente. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß es
um bloße Selbstlegitimation geht. Und mehr Mittel und mehr Befugnisse werden
daran kaum etwas ändern, schätze ich.
Denn dann würden "wir" uns freiwillig einem Zustand der Unfreiheit und
Obrigkeitshörigkeit annähern, den die Terroristen -möglicherweise, man
sollte vorsichtig sein, solange keine _Beweise_ vorliegen- weltweit gerne
durchgesetzt sehen würden und in Afghanistan zu realisieren versuchen.
Wir muessen uns nicht daran orientieren, was die Terroristen vielleicht
wollen.
Sollten "wir" nicht, wenn es um "uns" geht. Allerdings sollten "wir" es
berücksichtigen, wenn "wir" dem Terrorismus für die Zukunft den Nährboden
entziehen wollen. Das liegt in "unserem" ureigensten Interesse.
<<Sketching in the outline of an agressive new American foreign Policy,
the Bush administration has given the the nations of the world a stark
choice: Stand with us against terrorism, deny safe havens to terrorists
or face the certain prospect of death and destruction. ... By equating
acts of terrorism and even the harboring of terrorists with acts of war,
the administration is going well beyond traditional international
practice.>> RW Apple, Jr., in International Herald Tribune, Sat/Sun Sep
15-16, 2001
Dennoch trifft diese Gleichsetzung moeglicherweise den Kern.
Wir leben heute in einer Situation, wo ein Heer heiliger Krieger von jedem
Soweit ich weiß, gibt es keine lebenden Heiligen. Auch keine heiligen
Krieger. Die gibt es höchstens in Hollywood-Phantasien.
Man sollte vermeiden, diesen Leuten einen Heiligenschein zu verpassen. Es
sind Mörder, wenn sie dergleichen tun, was in den USA geschehen ist. Punkt.
Politische Unterstützung und/oder Legitimation ändert nichts an dieser
einfachen Tatsache.
beliebigen staatlichen Geheimdienst fuer erpresserische Zwecke eingesetzt
werden kann. VIelleicht ist das ein Ergebnis besserer globaler
Vernetzung, welches zu einer neuen ARt des Krieges gefuehrt hat. Denn
wenn Staaten fuer die Ziele ihrer Politik Terrorismus einsetzen, dann
handelt es sich um Krieg.
Wer hier wen für welche Ziele einsetzt, steht gegenwärtig noch ziemlich in
Sternen. Die Erkenntnislage und mehr noch die Verständnislage ist doch
wirklich sehr dürftig. Und man braucht keinen Staat, um derartigen
Terrorismus auszuüben. Ein Staat ist da eher hinderlich, mit all' seinen
Regeln, die es zu beachten gälte.
Auch darf man nicht ignorieren, daß die staatlichen Institutionen in den ca.
60 Ländern, denen die Unterstützung der Terroristen nachgesagt wird, -mit
wenigen Ausnahmen- nicht etwa einen "fundamentalistischen, kriegerischen
Islamismus" vertreten, sondern im Gegenteil, sich durch selbigen in ihrer
Existenz gefährdet sehen. Daß diese Gefährdung real ist, sieht man am
Beispiel Afghanistans, wo es praktisch keinen "Staat" -in dem Sinne, wie er
dort früher existierte- mehr gibt.
Das, was geschieht/geschehen ist, auf den griffigen, weil altbekannten
Terminus "Krieg" zurückzuführen ist einfach; das macht es wohl auch
attraktiv. Allerdings benebeln die dann aufkommenden Assoziationen auch den
Verstand und verhindern so die Anerkennung einer _neuen_ Situation, in der
altbekannte Handlungsmuster aller Wahrscheinlichkeit nach unzulänglich sind.
Zwar wird überall behauptet, die Welt sei nicht mehr, wie sie vorher war,
eine neue Situation sei eingetreten ... Die Forderungen und Reaktionen sind
-in vielerlei Hinsicht- jedoch solche "aus der Mottenkiste". Wie verträgt
sich das?
Es ist dann schwer vorherzubestimmen, welches
das geeignetste Druckmittel ist, um dem entgegenzuwirken. Jedenfalls
koennen militaerische Mittel nicht von vorneherein ausscheiden.
Das zu sagen, würde ich auch nicht tun. Ich frage in aller Bescheidenheit
nur, was man damit erreichen kann - und was nicht. Ich frage nach
Effektivität und Effizienz - bevor die Bomben abgeworfen werden. Und ich
frage, ob Bomben und Bodentruppen nicht lediglich Instrument der Rache statt
der Ursachenbekämpfung sind. Wenn man erst
Und ueber
die Wahl dieser Mittel werden m.E. Fachleute nach kuehler Ueberlegung
entscheiden. Was Bush vielleicht in irgendwelchen Reden gesagt hat,
ist eigentlich von sekundaerer Bedeutung.
Das Problem dabei ist: Den Fachleuten des Krieges fallen in der Regel, d.h.
während ihrer aktiven Dienstzeit, immer nur Mittel des Krieges ein. Erst,
wenn sie aus dem Krieg heimkehren, oder ein paar Jahre in Rente waren, sehen
sie sich in der Lage, politisch über solche Situationen nachzudenken - nicht
bloß dienstlich. Und dann vernimmt man von den ehemaligen Militärs z.T. sehr
zivile Töne, sehr drängende Hinweise, auf einen Militäreinsatz aus diesem und
jenem Grunde zu verzichten.
Bedürfnis, Einrede zu erheben, gegen eine "Nicht-Politik", die sich und
"uns" -unter Verzicht auf eine Ursachendiskussion- fast bedenkenlos auf
die Bekämpfung eventuell "virtueller" Symptome zustürzt.
Eine erfolgreiche Politik wird immer auf allen Ebenen mit
unterschiedlichen Mitteln arbeiten.
Wenn aber Krieg geführt wird, dann war die Politik wohl nicht erfolgreich,
würde ich meinen. Oder aber, wenn der Krieg der Erfolg ist, dann war sie
falsch.
Man wird damit moeglicherweise einigen Staaten und Bevoelkerungen das
Interesse an der Foerderung und Beherbergung von Terroristen in ihren
Reihen verleiden.
Das wird sich immer erst hinterher entscheiden lassen.
die kann kaum jemand einschaetzen. Auch Bush verlaesst sich da vermutlich
auf den CIA und nicht auf irgendwelche Vergeltungsrhetorik.
Da liegt ja das Problem: Wann war der CIA zuletzt "verläßlich"? Weder haben
sie damals den Fall der Mauer vorhergesehen, noch jetzt die Attentate. Es
ließen sich weitere Beispiele finden.
Wenn jetzt immer behauptet wird, die Attentäter hätten verschlüsselt
kommuniziert, deshalb wären ihre Pläne dem CIA/der NSA im Vorhinein
unentdeckt geblieben, dann frage ich, wieso haben die nicht gemerkt, daß da
eine erkleckliche Zahl von Leute, die gelegentlich mit Terrorismus in
Beziehung gebracht wurden, über Monate und Jahre hinweg verschlüsselt
kommuniziert hat? Der Schluß kann nur lauten: Die CIA/NSA haben es nicht
gemerkt. Der Schluß kann nicht lauten: Die konnten es nicht lesen. Womöglich
haben die Terroristen gar keine Verscklüsselung benötigt, da CIA und NSA und
BND und wer weiß welche Dienste alles sonst noch im Spiel sind, nichts
gemerkt haben. Und das hatte nichts mit fehlendem Geld oder Befugnissen zu
tu, sondern mit der Arbeitsweise und den -durch die Ziele vorgegebenen-
Perspektiven.
Und wenn diese gigantischen Institutionen degleichen nicht merken (können),
dann sind sie schlicht überflüssig. Denn Nicht-Merken, das kann jeder.
Verläßlich sind sie jedenfalls nicht.
Sicherlich sollte die Implementierung sich innerhalb der Vorgaben eines
politischen Konsenses bewegen. Dennoch laesst sich das Problem als ein
kybernetisches analysieren, und es ist jederzeit denkbar, dass das System
aus den Fugen geraet. Deshalb waere es ganz gut, sich fuer alle Faelle
Gedanken darueber zu machen, wo bei Bedarf geschraubt werden kann.
Gedanken machen, kann auf keinen Fall schaden.
Der Krieg sei die Fortsetzung der Politik <<mit anderen Mitteln>>,
schrieb Clausewitz vor 200 Jahren. Jetzt ziehen NATO-Staaten (und ev.
noch andere) in den Krieg. Welche Politik hat sie auf diesen Weg geführt?
_Das_ wäre zu (er)klären. [Welcher brutale Anlaß es war, ist klar.]
Gut gefragt. Eine Politik gegen den internationalen Terrorismus gibt es
schon seit einigen Jahren. Ganz uneingebettet kaemen eventuell derzeit
vorbereitete Schlaege nicht.
Seit Jahren gibt es aber auch eine Politik, die Terroristen je nach Belieben
unterstützt hat - auf allen Seiten. Und darin sind die Schläge auch
eingebettet zu sehen. "Wer Terrorismus sät, wer Terroristen unterstützt, wird
Terrorismus ernten." Was man jetzt "mit der Wurzel"
ausrotten will, hat man vor Jahren z.T. selbst gesät und oft genug gewässert
und gepflegt. Diese Lehre ist jetzt unbedingt zu ziehen, will man in der
Zukunft dem Terrorismus vorbeugen: Keine Unterstützung für Terroristen
jeglicher Couleur. Terrorismus als Mittel zum Zweck ist per se zu ächten.
Anderfalls bleiben alle anderen Maßnahmen auf Dauer wirkungslos.
Fiktion. Es geht darum, durch Verweis auf die Regeln der Notwehr jegliche
Skrupel ueber Bord zu werfen. Dergleichen praktizieren CIA und
US-Militaer sicher nicht. Ihnen geht es darum, kriegerische Mittel
insoweit einzusetzen, wie sie ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen
geeignet sind.
Ohne Sentimentalität: Die Geschichte des letzten Jahrhunderts stellt sich da
m.E. etwas anders da. Und wie sieht die Zieldefinition aus? Aufklärung -statt
bloßer Schlagworte- darüber steht m.E. noch aus.
Bei allem Respekt: _Das_ ist die Rhetorik des Kriege(r)s: <<militärische
Schläge ... als probate Mittel>>.
Wiegesagt halte ich es fuer recht wahrscheinlich, dass hier tatsaechlich
eine Art Krieg vorliegt, der nach den Regeln der Politik einschliesslich
ihrer Fortsetzung mit kriegerischen Mitteln zu fuehren ist. Einerseits
muss die Oeffentlichkeit darauf vorbereitet werden, andererseits darf man
nicht sich von kriegsluesterner Rhetorik leiten lassen. Das ist ein
schwieriger Balanceakt, den die USA meiner Einschaetzung nach im Golfkrieg
recht gut bewaeltigt haben.
Die Heranziehung des Golfkrieges als Vergleichsmaßstab scheint mir
problematisch. Damals ging es um die Invasion eines souveränen Staates durch
einen anderen - verbunden mit einer Verletzung der strategischen Interessen
der USA. Dort hatten sie auch eine klare Zielstellung. Und ob die Mittel
angemessen waren, kann ich nicht wirklich beurteilen.
Jedenfalls wurde das Ziel der USA seinerzeit z.T. erreicht (Irak vertrieben),
z.T. nicht (Hussein immer noch an der Macht). Und die Rhetorik damals hat
mir, ob ihrer Kriegslüsternheit, ziemlich den Appetit verdorben.
"Chirurgische Schläge" etc. - wie im Operationssaal. Das sollte wohl den
"humanitären" Charakter des Krieges untermalen. Krieg wird aber nicht human,
selbst wenn er -wie auch immer- zu rechtfertigen ist.
Sicherlich waere auch einiges fuer die USA zu gewinnen, wenn sie gewisse
Posen vermeiden wuerden, die den Stolz anderer Nationen/Kulturen unnoetig
verletzen. In China gab es auf Seiten der Bevoelkerung (nicht im
geringsten auf Anstachelung der Regierung) einige Schadenfreude. Die USA
werden zwangslaeufig Missgunst und Hass auf sich ziehen, auch wenn sie in
der Welt die ihrem Gewicht entsprechende politische Rolle in einer noch so
fairen Weise spielen.
Und mehr noch, wenn sie einer eventuell als unfair zu empfindenden Weise
spielen. Das gilt aber überhaupt nicht exklusiv für die USA -ich habe kein
Verständnis für Antiamerikanismus oder sonstige Pauschalverurteilungen-,
sondern letzlich für alle Staaten. Wer "unfair" agiert, wird immer bei
irgendwem Schadenfreude provozieren. Nur der faire Umgang mit anderen kann
auch Staaten davor bewahren.
dass die oeffentliche Sicherheit dauerhaft zerbrechlicher geworden ist und
in manchen Bereichen ein Umdenken erzwingen wird. M.E. kann das jetzt
niemand beurteilen. Weder diejenigen, die schnell andere Gesetze wollen,
noch diejenigen, die sich dagegen stemmen.
Schon möglich, ja wahrscheinlich.
Meine Forderung waere,
gefaelligst an die dringend anstehende Arbeit zu gehen
Was da wäre?
Gegenwärtig scheinen viele Politiker und überhaupt die meisten Menschen keine
sehr klare Vorstellung davon zu haben, "was ansteht".
und Debatten ueber
langfristige Regelaenderungen nur langfristig und unabhaengig vom jetzigen
Ereignis zu fuehren.
Unabhängig vielleicht nicht gerade, aber mit gebotender intellektueller
Durchdringung. Und dazu wird man eine gewisse -zeitliche und emotionale-
Distanz benötigen, die wohl die allermeisten -ich schließe mich da ein- jetzt
noch nicht aufzubringen in der Lage sind.
Was hat man sich denn unter "Übersicht" vorzustellen? Und für wen? Und
mit welchen Mitteln zu beschaffen? Unter welchen Umständen? Und unter
welchen nicht? Und wie lange zu speichern? Und wie einzusetzen? Und an
wen weiterzuleiten? Und ...
Zur Diskussion wird immer wieder stehen, ob gewisse Auskuenfte und Daten
(1) niemandem (2) irgendwie befugten Sicherheitsbehoerden (3) der
Oeffentlichkeit zugaenglich gemacht werden. Kompliziert wird das dadurch,
dass technische Revolutionen staendig die Grenzen verschieben. Oft stellt
sich vor allem die Frage, ob man sich einer solchen Grenzverschiebung
widersetzt, wenn sie etwa zuungunsten der Privatsphaere verlaeuft, wie das
etwa beim Aufbau von persoenlichen Identitaeten im Netz (etwa zur
digitalen Signatur) leicht der Fall sein kann. Soll man das kuenftig
bekaempfen oder als willkommenen Ausgleich zu gegenteiligen
Grenzverschiebungen (z.B. zugunsten der Privatsphaere bei starker
Kryptographie) hinnehmen?
Das Problem ist nicht die Privatsphäre, sondern mißbräuchliche Aktivitäten
unter dem Anschein der Privatsphäre. Das Problem ist nicht starke
Kryptographie, sondern ihre Einsatz zu mißbräuchlichen Zwecken. Das Problem
ist nicht die Anonymität/Pseudonymität im Netz, sondern deren Mißbrauch ...
Es ist einfach zu billig, den Boten zu schlagen, weil die Nachricht nicht
gefällt. Erst dort, wo Mißbrauchsmöglichkeiten auf "Bedarf" treffen und sich
Unterstützung und Unterstützer finden, gibt es ein Problem. Dort muß man
ansetzen, politisch und sozial am ehesten.
Für Privatsphäre, starke Verschlüsselung etc. pp. gibt es jede Menge legitime
"Verwendung". Das sollte man nicht vergessen. Und jede Einschränkung des
legitimen Gebrauchs sollte sich legitimieren lassen müssen - und seine
Angemessenheit nachweisen müssen, nicht bloß behaupten dürfen.
MfG, Robert Gehring
--
Von/From: Dipl.-Inform. Robert Gehring
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