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Re: [ox] Recht und Vergeltung



Franz Nahrada antwortete mir:

Und für die Forderung, die afghanischen Behörden mögen bei der Verfolgung
von internationalen Terroristen innerhalb ihres Landes kooperieren ?

Das ist die Gretchenfrage.  Zu "verurteilen" und gegen eine nicht
unbedingt geplante "Vergeltung" zu sein, ist billig.

Darf ich Dir eines in Erinnerung rufen? Was in New York passiert
ist, wird von vielen Leuten selber als Vergeltung empfunden!

Ich habe gerade mit einer serbischen Putzfrau gesprochen, ...

Und kommt es Dir nicht seltsam vor, daß die Bombardierer vor
keinem internationalen Gerichtshof angeklagt wurden? DAß mit einer
Arroganz sondergleichen von "Kollateralschäden" gesprochen wird?

...

Zu "verurteilen" und das nicht verstehen zu wollen, ist allemal noch viel
billiger. Ich würde noch weiter gehen und sagen: es ist lebensgefährich
geworden.

Die Deutschen wussten nach 1945 sehr gut, dass sich aus dem Unrecht des
Dresdener Bombenterrors nicht wirklich ernsthaft eine Legitimation für
irgendetwas herleiten lässt.

Unrecht dieser Art, welches man zur Rechtfertigung von Terror mehr oder
weniger glaubwürdig heranziehen kann, gibt es immer und überall zu Hauf.
Wer als Ordnungsmacht in unserer Welt agiert, wird sich die Hände
schmutzig machen.  Wer es unterlässt, ebenfalls, nur weniger sichtbar und
somit für Moralisten weniger anklagbar.

Solche Moralisten gehören aber ebenfalls angeklagt. Es ist nämlich
lebensgefährlich, wenn sich Leute irgendwelche fiktive
Gerechtigkeitsordnungen basteln und von denen aus alle realen
Ordnungsmächte dieser Welt beurteilen. Dazu kann ich dann nur sagen:
Nein, kommt icht in Frage, ich stelle mich auf den Standpunkt unserer
existierenden Weltordnung, d.h. des Kollektivs von Interessen, Experten,
und Regierungen, aus denen diese Ordnung sich aufbaut.

Was nicht heißen soll, dass die derzeitigen Verlautbarungen mich mit
großem Vertrauen in diese Kollektive erfüllen.  Nur ganz so schlimm, wie
es hier z.T. dargestellt wird, sind sie auch nicht, und es wird meistens
nicht so heiß gegessen wie gekocht.

Friedensdemos könnte ich in dieser Situation sogar etwas abgewinnen.  Es
schadet nichts, wenn ein Signal gegen die Vergeltungshysterie gesetzt
wird. Nur müssten die Friedensdemonstranten sich eben klar auf den
Standpunkt unserer innerweltlichen realen Ordnung stellen und auch von
arabischen und sonstigen Regierungen eindringlich fordern, Terroristen zu
verfolgen und auszuliefern.  Tun sie dies nicht, so tragen sie nichts zum
Frieden sondern eher etwas zur Spaltung unserer Gesellschaft bei.  Sie
demonstrieren nämlich, dass es eine große Gruppe gibt, die "sich nicht vom
Herdfeuer der Menschenwelt ernährt" (chin. Idiom) und unter Verweis auf
fiktive Weltordnungen dieser realen Menschheit im Brustton moralischer
Überlegenheit jederzeit die Solidarität zu versagen bereit ist.

--
Hartmut Pilch                                      http://phm.ffii.org/
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