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Re: [ox] Fritjof Capra zum WTC - Terror



Hallo Andre und Mitleser,

vorneweg eine formale Kritik: Dein Quoting macht das Lesen Deines Kommentars
sehr umständlich bis schwierig. Und Du musst auch nicht den gesamten
vorangehenden Thread mitposten, das ist ziemlich viel Traffic. Ich hab ja
DSL, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass der eine oder die andere
beim runterladen Deiner Mammutmail die Krise gekriegt hat. Dass ich Deine
Mail schlecht Lesen konnte, ist auch der Hauptgrund, weswegen ich nicht im
Detail auf Deine Kritik eingehe, sondern nur ein paar exemplarische Punkte
versuche klarzustellen. Ausserdem ist es weitestgehend offtopic.

On Wed, Oct 03, 2001 at 09:55:30PM [PHONE NUMBER REMOVED], Andre Rebentisch wrote:
1. Die alte Methode: Wir weisen einen -ismus nach
 und verstecken die Wertung, bzw. schieben sie unter.
Z.B. Wenn man einen "biologismus" nachweist, dann sagt dies prinzipiell gar
nichts über den "Gegner" aus. 

Doch, das sagt aus, dass er ein Biologist ist, was nichts anderes bedeutet,
als soziale Fragen biologisch zu beantworten. Sozusagen Thema verfehlt.
Ausserdem haben Biologisten fast immer einen starken antiemanzipatorischen
Drall.

Oder anders ausgedrückt: Für jemanden, der Biologismus akzeptabel findet ist
dieser Text nicht geschrieben. Er ist gerichtet an Leute, die sehr wohl
wissen, das und warum sie gegen Biologismus sind, die aber möglicherweise
die genannten Strömungen bisher für unproblematisch hielten.

Wenn Du also Biologismus für unproblematisch hältst, dann wundert es nicht,
dass der Text Dir nicht behagt, denn er ist nicht für Dich geschrieben.

2. "Die sprachliche Herabwürdigung von Tieren
setzten sie analog der NS-Propaganda gegenüber Juden."
Helmut Kohl "verglich" einmal Gorbatschow mit Goebbels, indem er eine
Aussage von Goebbels als Referenz anführte. Warum soll man eine solche
Analogie nicht schliessen dürfen? der Grudn hier ist wieder einmal das alte
Dogma von der Eizigartigkeit des "Holocaustes", das kein Aussenstehender
versteht.

Ach? War alles halb so schlimm?

"Beim Gebrauch von Lederschuhen, Milch und anderen
Tierprodukten halluzinierten die VeganerInnen schon einen "faschistischen
Kontext."  Nun wird gerade in der Linken sehr inflationär mit dem Begriff
faschistisch umgegangen, so auch in diesem Text.

Faschismus ist allerdings ein sehr schillernder Begriff. Der oft mehr
vernebelt als er erklärt, aber das ist ja eben genau der Vorwurf, den der
Text den Veganern macht.

3.) Dazu zähle ich aber auch die "Ökofaschismus" - Attacken, die wohl Grund
für das Ende des ideologischen Ökogeistes waren

Was bitte ist denn der "ideologische Ökogeist"? Und warum sind die
Ökofaschismusattacken Grund seines Untergangs?

"Bei aller Kritik im Detail bekannte sich beispielsweise die Gruppe "Im
Rausch der Tiefe" zu einem "nicht-omozentristischen" Standpunkt, also einem
Denken, daß prinzipiell nicht vom Menschen ausgeht, sondern von Esoterik und
einer diffus aufgefaßten Natur: "
und? Warum sollen sie diesen Standpunkt denn nichtn vertreten dürfen?

Weil das antiemanzipatorische Standpunkte sind (sagen zumindestens die
Autoren). Und ich bin da ganz ihrer Meinung. Und wieder gilt: Alles eine
Frage der Zielgruppe.

"begründen eine esoterische, ethnopluralistische, ökorassistische Bewegung,
die in den USA mit ihrem Anti-Zentralismus und Bürgerwehr-Konzepten
Berührungspunke zum konventionellen rechten/konservativen Spektrum hat."
hier kommt die Polemik glasklar raus: Bürgerbewegung, da gibt es doch
auch rechte Bürgerbewegungen, also müssen wir das ablehnen. (nebenbei:auch
das eine Bürgerbewegung "rechts" sei und bestimmte Positionen vertritt, sagt
nichts über ihren Wert an sich aus. 

Vielleicht nicht über ihren "Wert an sich", aber eben über ihren Wert für
eine emanzipative Bewegung (und darum geht es in dem Text). Wieder:
Zielgruppe beachten.

Analog könnte man der globalisierenden
Wirtschaft Berührungspunkte mit der Kommunistischen Internationale
nachweisen und sie als "vaterlandslose Gesellen" beschimpfen.

Das ist übrigens genau das, was Nazis durchaus machen. Von ihrem Standpunkt
aus, macht das ja auch Sinn. 

"Er behauptet, mit dem Geist der Erde in Kontakt zu stehen. 1987
veröffentlicht das Earth-First-Magazin ein Titelbild mit der Abbildung
eines germanischen Kriegers, umgeben von Tieren aus der Edda-Mythologie,
Kontakte mit der Neuheiden-Szene werden offen eingeräumt."
Warum soll man sich nicht der germanischen Mythologie bedienen dürfen?
Nur weil das 19. Jh. ist? Welche Gefahr geht von der Edda aus?

"germanische Mythologie" ist nicht 19. Jhdt. Wohl schon eher 1. Jhdt. oder
so ;-)

Von der Edda an sich geht keine Gefahr aus, sie ist ein hochinteressantes
historisches Dokument. Im Kontext einer politischen Publikation würde ich
allerdings auch hellhörig werden, denn germanische Mythologie wurde nunmal
zuletzt von den Nazis instrumentalisiert und in ihre Ideologie eingebaut.

"Die Rückkehr der Wildnis als Gesellschaftsform ist keine Utopie, sondern
eine Horrorvision und Menschen, die bei Blitz und
Donner, schlechter Ernte oder Krankheit die Strafe einer Gottheit fürchten,
sind keine allseitig entwickelten, freien Individuen."
Wer macht hier wem einen Rassismusvorwurf? Menschen, die unter
animalistischen Religionen leben, sind für den Autoren
die "Wilden", deren Leben einer "Horrorvision" gleichkommt. 

Die "Wilden" steht da nirgends. Nur die "Wildnis". Das ist ein bisschen was
anderes. Und aus emanzipatorischer Perspektive ist halt nunmal das Fürchten
der Strafe einer Gottheit eine Horrorvision. 

Wie gesagt, ich will das nicht weiter vertiefen. Ist hier eh ziemlich
off-topic.

Grüße, Benni
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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