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Re: [ox] Fritjof Capra zum WTC - Terror



Tach,

Offtopic, okay, Capra WAR offtopic und das Monsteranticapraposting ja auch
nicht besonders knapp.

Doch, das sagt aus, dass er ein Biologist ist, was nichts anderes
bedeutet,
als soziale Fragen biologisch zu beantworten. Sozusagen Thema verfehlt.
Ausserdem haben Biologisten fast immer einen starken antiemanzipatorischen
Drall.

In Ordnung, aber
1. Emazipation ist eine Frage, die durchaus in die Liste passt.
 2. Dass jemand biologistisch denkt, also soziale Fragen biologisch
beantwortet, ist zunächst nur ein Merkmal seine Theorie.
3. Was genau ist Emanzipation? Du kannst ja nicht definieren: "Emanzipation
ist das, wofür die Zielgruppe ist", auch ihr (und mein) Emazipationsbegriff
kann falsch und widersprüchlich sein. Ich stelle nur ein altes Denkmuster
fest: eine Position als irgendetwas "Unbeliebtes" brandmarken. Daher mein
CDU - Beispiel, wäre ja interessant, ob man eine antikommunistische Kritik
der CDU schreiben kann, bestimmt!

Oder anders ausgedrückt: Für jemanden, der Biologismus akzeptabel findet
ist
dieser Text nicht geschrieben. Er ist gerichtet an Leute, die sehr wohl
wissen, das und warum sie gegen Biologismus sind, die aber möglicherweise
die genannten Strömungen bisher für unproblematisch hielten.
Wenn Du also Biologismus für unproblematisch hältst, dann wundert es
nicht,
dass der Text Dir nicht behagt, denn er ist nicht für Dich geschrieben.

Ich halte Biologismus ganz und gar nicht für unproblematisch, aber halte es
aber für einen alten, miesen Trick Menschen in eine bestimmt Ecke zu
stellen.
So haben die Nazis in allen feindlichen Ansichten den Juden zu entdecken
vermocht, vom Kapitalismus bis zum Kommunismus.
Und ich sehe, dass vielen Denkern der Biologimusvorwurf vollkommen
unberechtigt gemacht wurde und der Nebel der Demagogie erst langsam
wegzieht.

2. "Die sprachliche Herabwürdigung von Tieren
setzten sie analog der NS-Propaganda gegenüber Juden."
Helmut Kohl "verglich" einmal Gorbatschow mit Goebbels, indem er eine
Aussage von Goebbels als Referenz anführte. Warum soll man eine solche
Analogie nicht schliessen dürfen? der Grudn hier ist wieder einmal das
alte
Dogma von der Eizigartigkeit des "Holocaustes", das kein Aussenstehender
versteht.

Ach? War alles halb so schlimm?

Das nicht, aber dieses Dogma von der Unvergleichlichkeit, das bei uns eisern
verteidigt wird, wird von Aussenstehenden anderer Kulturkreise, schon von
Letten, Mongolen und ähnlichen, die nicht Teil unseres Diskurses waren,
nicht verstanden. Und ich glaube auch nicht, dass dieses Dogma zukunft hat.
Wenn ich jetzt einmal den Standpunkt dieser Leute nehme, die tiere und
Menschen mit einem ähnlichen Recht auf Leben sehen, dann ist es konsequent,
die industrielle Schlachtung von Tieren (die nur zu diesem Zwecke geboren
werden) mit der Massentötung von Menschen zu vergleichen. Der Vergleich
hinkt natürlich, denn das Ziel der Fleischindustir ist im grunde genommen,
wenn man sich auf den Standpunkt stellt, noch perverser: Da wird ein
Lebewesen zur Ware gemacht, dessen Leben keinerlei Wert besitzt, vielmehr
seinen wahren wert erst in Bezug auf seine Fähigkeit dem Menschen als
Nahrung zu dienen erhält. Andererseits ist das Motiv unterschiedlich:
Erwerbstrieb und Fresssucht auf der einen, Ausrottungswahn und Rassenhygiene
auf der anderen Seite.
Interessanterweise könnte man auch analog die These vertreten, dass der Arzt
in jedem Fall ein faschist sei, wenn er Krankheiten bekämpft (Ausrottung der
Krankheit, Ausmerzung des Schwachen, Kranken, Ungesunden :-)

Faschismus ist allerdings ein sehr schillernder Begriff. Der oft mehr
vernebelt als er erklärt, aber das ist ja eben genau der Vorwurf, den der
Text den Veganern macht.

Wer spricht denn die ganze Zeit vom "Ökofaschismus", wobei ich nicht
unterschlagen will, dass es ihn tatsächlich geben mag. Ob das aber Grund ist
einen mehr der weniger harmlos antibürgerlichen Spinner wie Capra in eine
Faschismusecke zu stellen und zu sagen: Was der über das WTC-Ding sagt
sollte von uns nicht erhört werden, da er ein ÖFascho sei, das finde ich
übertrieben.

Was bitte ist denn der "ideologische Ökogeist"? Und warum sind
dieÖkofaschismusattacken Grund seines Untergangs?

Naja, ich meine das Ende der Ökobewegung der 70er und 80er... bis der
Ökofritze selbst plötzlich zum Spiesser erklärt wurde...

"Bei aller Kritik im Detail bekannte sich beispielsweise die Gruppe "Im
Rausch der Tiefe" zu einem "nicht-homozentristischen" Standpunkt, also
einem
Denken, daß prinzipiell nicht vom Menschen ausgeht, sondern von Esoterik
und
einer diffus aufgefaßten Natur: "
und? Warum sollen sie diesen Standpunkt denn nichtn vertreten dürfen?
Weil das antiemanzipatorische Standpunkte sind (sagen zumindestens die
Autoren). Und ich bin da ganz ihrer Meinung. Und wieder gilt: Alles eine
Frage der Zielgruppe.

Animalismus muss der Emazipation nicht entgegenstehen. Man sollte nicht
vergessen, dass die Kritik der Autoren am status quo häufig emanzipatorisch
ist. Wenn ihre Alternativen fehl laufen, spricht dies nicht gegen ihre gut
gemeinte Absicht. Dennoch behaupte ich: Einen, in einem animalistischen
Weltbild verhafteten Menschen, bezeichnest du als unemanzipiert, also
gewissermassen als zurückgeblieben und stellst Dich damit in eine
rassistische Tradition, in einen westlich-kolonisatorischen Zusammenhang.
Wobei ich Dir auch nicht unterstelle, dass Du es beabsichtigst. Aber du
siehst die Gefahr, ich könnte dich jetzt auch als Faschisten bezeichnen

Vielleicht nicht über ihren "Wert an sich", aber eben über ihren Wert für
eine emanzipative Bewegung (und darum geht es in dem Text). Wieder:
Zielgruppe beachten.

Nicht unbedingt: Ist denn Zentralismus wirklich emazipatorisch wertvoller?

Analog könnte man der globalisierenden
Wirtschaft Berührungspunkte mit der Kommunistischen Internationale
nachweisen und sie als "vaterlandslose Gesellen" beschimpfen.

Das ist übrigens genau das, was Nazis durchaus machen. Von ihrem
Standpunkt
aus, macht das ja auch Sinn.

Interessant, zu einem Nazitheorietext würdest Du wohl auch sagen: Zielgruppe
beachten...:-)


"germanische Mythologie" ist nicht 19. Jhdt. Wohl schon eher 1. Jhdt. oder
so ;-)

Im 19 Jh. wurde der Kram ja erst fetischiert, genauso wie unsere Vorstellung
vom antiken Griechenland ein Produkt des frühen 19.Jh ist.

Von der Edda an sich geht keine Gefahr aus, sie ist ein hochinteressantes
historisches Dokument. Im Kontext einer politischen Publikation würde ich
allerdings auch hellhörig werden, denn germanische Mythologie wurde nunmal
zuletzt von den Nazis instrumentalisiert und in ihre Ideologie eingebaut.

Und da haben wir den Gedanken: Weil Nazis die Edda verwendeten, ist die Edda
tabu, weil Hitler Wagner mochte, dürfen wir nicht Wagner spielen, usw.
Anstatt das Symbol zu entweihen, bleibt es als Antisymbol bestehen. Dann
haben wir tatsächlich die selffulfilling prophecy, das ist wie mit
denjenigen, die Kreuzfahrergräber mit Hakenkreuzen meinten schänden zu
müssen... :-)

Die "Wilden" steht da nirgends. Nur die "Wildnis". Das ist ein bisschen
was
anderes. Und aus emanzipatorischer Perspektive ist halt nunmal das
Fürchten
der Strafe einer Gottheit eine Horrorvision.

Okay, aber natürlich ist das eine westliche Interpretation, für den Mann in
der Wildnis ist Donner etc. nämlich etwas ganz konkret Fürchtenswertes,
ersetzen wir den theistischen Begriff Gottheit einmal durch Natur, und sagt
dann der "Wilde" er fürchte sich vor der Natur, haben wir schon eine ganz
andere Sicht der Dinge! die Geschichte der "Wilden" ist ja leider vom
Abendland geschrieben, mit unseren sprachlichen Konstrukten.

Wie gesagt, ich will das nicht weiter vertiefen. Ist hier eh ziemlich
off-topic.

Nicht, wenn Du den Contraste-Hinweis in der Anticaprapolemik ernst nimmst,
immerhin gibt es ein Contrastelink auf der oekonux Homepage...

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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