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Re: [ox] Re: Arbeit, Produktion, Wert?



Hallo Benni,

Benni Bärmann schrieb:

Hallo!

Na, zwei Megathreads parallel, ganz schön viel los zur Zeit.

On Sun, Oct 07, 2001 at 11:52:05PM +0200, Ingo Heer wrote:
Na, wenn ich überhaupt irgendwie "Arbeit" definieren müsste, dann vieleicht
noch am ehesten als "Mühsal und Plag", was ja auch seine ethymologischen
Wurzeln sind.

In unserer Alltagssprache verstehen wir alle dies unter Arbeit. Aber
wenn ich die Intention dieser Liste richtig verstanden habe, geht es
hier darum, die Begriffe wissenschaftlich zu klären.

Nicht nur, aber vielleicht auch. Ich sehe diese Liste nicht primär als
wissenschaftliches Diskussionsforum.

Das habe ich auch nicht gesagt. Ich habe gesagt, dass es beim Klären von
Begriffen wissenschaftlich zugeht (ich schränke jetzt ein: diejenigen in
der Liste, denen es um wissenschaftliche Argumentation geht, sind mit
meiner Auffassung diesbezüglich einig).

Nur: Wissenschaft und Wissenschaft können da zwei paar
Schuhe sein. Es gibt ja z.B. auch einen physikalischen Arbeitsbegriff. Der
hat nun weder mit dem Alltagsbegriff noch mit dem von Dir vertretenen
Begriff viel zu tun.

Ja, die Begriffsbildung innerhalb der Physik folgt anthropomorphen
Gesichtspunkten (Arbeit, Energie, Leistung). Die Marxsche Vorgehensweise
ist reflektiert, Marx ist sich der Tätigkeit der Begiffsbildung bewußt.
 
 In dem Fall ist das auch Ok, weil man physikalische
Theorien mathematisch formulieren kann und sie deshalb ziemlich weit gegen
alltagssprachliche Missverständnisse zu imunisieren.
Gesellschaftswissenschaft bewegt sich aber viel näher am Objekt natürlicher
Sprache und muß deshalb höllisch aufpassen mit der Alltagssprache nicht ins
Gehege zu kommen. Manchmal kann es da besser sein, für zu weit von der
Alltagssprache abdriftende Begriffe lieber irgendwelche Phantasiewörter
einzuführen, finde ich zumindestens.

Dazu kann ich jetzt nicht in Kürze Stellung nehmen.

Das Problem mit den
Humanwissenschaften ist doch auch, dass sich da jeder seine eigenen Begriffe
zurechtfriemeln muss. Dadurch hat man dann 1000de von Arbeitsbegriffen, da
trägt die Einführung von "linprod" bestimmt zur Verständigung bei.

Das sehe ich nicht so. So wie es bei der Software-Produktion üblich ist,
eine History-Liste zu führen (ich habe jetzt gerade nicht das genaue
Fachwort zur Hand, bei Linux gibt es z. B. CVS und noch was anderes),
wird auch in den Humanwissenschaften darauf geachtet, dass man nicht
beliebig Begriffe neu definiert, sondern sich auf das vorhandene
bezieht. Allerdings ist dies nicht so transparent wie bei der
Software-Produktion.
Eine Umbenennung trägt eben nicht zur Verständigung bei!
 
Ich sehe nicht so ganz, was es bringt sich einen Begriff hinzudefinieren,
den keiner mehr versteht.

Ich habe überhaupt keinen Begriff von Arbeit irgendwie hindefiniert,
sondern bin davon ausgegangen, wie Marx den Begriff Arbeit definiert.

Na, oder wie Du denkst, dass er ihn definiert hat. Offensichtlich gibt es da
ja unterschiedliche Verständnisweisen. Und nach 150 Jahren noch zu denken,
man könnte die eine wahre Verständnisweise rauskriegen ist ziemlich
vermessen und über die Nützlichkeit hab ich da auch so meine Zweifel.
Ja, da gibt es unterschiedliche Verständnisse und ich habe Argumente
angeführt, warum ich mein Verständnis für dasjenige halte, wie Marx es
auch verstanden hat. Deshalb diskutieren wir ja, um Einverständnis zu
erreichen.
 
Aber das ist auch eh ein generelles Problem, dass ich mit dem Marxismus hab,
dass er seine eigene Historizität manchmal vergisst.

Den Marxismus gibt es nicht. Was du hier ansprichst, ist eine
Ontologisierung eines Prozesses. Dieser ist jedoch sehr komplex und es
gibt sehr viele verschiedene Denkrichtungen, die sich auf Marx berufen
und dann gibt es auch noch Leute, welche an Marx anknüpfen, ohne sich
apologetisch zu verhalten.
 
Und da habe ich keine große Kritik daran. In einer mail als Antwort auf
Stefan Merten habe ich angedeutet, dass der Marxsche Arbeitsbegriff
heute präzisiert werden könnte, dies würde aber die Sache in deinem
Sinne noch mehr komplizieren.
Ich habe auch bisher nirgendwo in der Literatur eine Kritik am Marxschen
Arbeitsbegriff finden können.

Von Kurz gibts irgendwas dazu, glaub ich.

Kannst du die Quelle nennen?
 
Was mich angeht (bzw. das was ich davon verstehe - was nicht viel ist, wie
gesagt): Zu anthropologisch.

Das theoretisch Fruchtbarmachen habe ich schon oben angesprochen.
Das Umbenennen eines Begriffs bringt überhaupt nichts. Namen sind Schall
und Rauch.

Nicht nur. Sie sind auch Stil. Und der kann zur Verständigung beitragen oder
eben nicht.

Mag sein. Damit kenne ich mich nicht aus. Vielleicht kannst du mir
erklären, was der Stil bringt?
 
Sowieso. Ich krieg die immer vom Oxmails tippen und darin ist ja dann, wenn
ich Dich richtig verstanden habe 0% Arbeit ;-)

Gerade nicht. Das Tippen ist ja eine planbare Tätigkeit, vorausgesetzt,
du weißt was du tippen willst. Dies läßt sich aber voneinander
unterscheiden. Erst überlegst du dir, was du tippen willst, danach
tippst du dies ein.

Achwas. Siehst Du mal. Ich hab dich also immer noch nicht verstanden. Setzt
das nicht nach Deiner Definition voraus, dass mein Geist nach linearen
Naturgesetzen funktioniert? Das fände ich - gelinde gesagt - erschreckend.

Ich habe gesagt: erst ausdenken, was du tippen willst (wie das dein
Geist macht, ist mir egal, linear, zirkulär, vernetzt oder noch anders),
danach das tippen. Und nur dieses Tippen ist Arbeit. Also, das passt
sehr gut zum Marxschen Arbeitsbegriff, den ich soweit teile, bis auf die
Möglichkeit der Modernisierung, wie ich das angedeutet habe.

Grüße, Benni

Gruß Ingo.
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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