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Re: Arbeit, Produktion, Wert? - war: Re(2): [ox] Krise oder nicht?



Hallo Franz,

"Franz J. Nahrada" schrieb:

ingoH schreibt:
Das Konzept der Krisis-Gruppe basiert wesentlich auf dem Konzept
"Abstrakte Arbeit". Der Ausdruck ist bei Marx an einigen Stellen zu
finden, hat aber meiner Meinung nach keinen Stellenwert. In der linken
Diskussion gründet diese Konzeption auf Sohn-Rethel. Ich denke, dass
hier bestimmt-unbestimmt mit konkret-abstrakt verwechselt wird. Die
Differenzierung konkret-abstrakt bezieht sich auf die Urteilsformen,
während bestimmt-unbestimmt sich auf Sinnformen bezieht. In der
Wertformanalyse im ersten Band des "Kapitals" geht es aber um Sinnformen
und nicht um Urteilsformen.
--- Zitat Ende --- (meine mail vom 'Fri, 05 Oct 2001 22:54:26 +0200')

Den Rest habe ich abgeschnitten.

Hi Ingo, schön langsam wird mir klar warum Du mit dem Begriff der
abstrakten Arbeit nichts anfangen kannst. Ich kann umgekehrt ja
auch nichts anfangen mit Deiner Einengung des Arbeitsbegriffes
auf planmäßige Tätigkeit mit Naturprozessen. Aber wenn man sich
die Inflation des Arbeitsbegriffes ansieht ("Liebesarbeit",
"Trauerarbeit" etc.) dann kann ich Dir schon nachfühlen daß Du
da auch kalte Füße kriegst....

Die Krisis Gruppe hat sich im übrigen mit noch einem interessanten
Argument zu Wort gemeldet (und zwar durchaus in kritischer
Distanz zu Marx), nämlich dem, daß "Arbeit" eben gerade kein
ontologisierbarer Begriff ist, sondern eine Kategorie, die ein
bestimmtes soziales Verhältnis zur Produktion ausdrückt.

Ich weiß nicht, ob ich dich hier richtig verstehe. Meiner Meinung nach
hat Marx den Begriff der Arbeit nicht ontologisiert, aber er war de
Auffassung, dass der Mensch die Arbeit nie abschaffen kann, da er immer
Naturgegenstände seinem eigenen Zweck gemäß formen muß, und dies ist
eben Arbeit. Daran kommt er nicht vorbei, weil er ein leibliches Wesen
ist, biologisch gesehen ein Tier, und er kann sich aus diesem Kreislauf,
dem Stoffwechsel mit der Natur, nicht entziehen. Das hat aber mit
Ontologisierung des Arbeitsbegriffs nichts zu tun.

Also
sozusagen eine historisch vorübergehende Form ausdrückt, die
auch wieder verschwinden wird - ganz im Gegensatz zur "Produktion".

Der Mensch wird auch als Gattung nicht ewig währen, aber die Arbeit wird
ihm aufgenötigt sein, solange es ihn gibt.
 
Schade daß Du die Analyse der Gegenstandpunkt - Leute abgeschnitten
hast. denn gerade jetzt wäre es spannend geworden. Denn in
der Tat ist die Behauptung von Krisis und ihren theoretischen
Verwandten, daß die Differenzierung "konkret-abstrakt" nicht nur
Urteilsform ist, sondern daß es sowas wie eine "Abstraktion
in der Wirklichkeit" oder"Realabstraktion" gibt.

Das muß ich mir unbedingt ansehen, komme aber erst in den nächsten
Ferien dazu.

"Abstraktionen
in der Wirklichgkeit geltend machen heißt Wirklichkeit zerstören"
wußte schon Hegel.

Hegel ist für mich keine Autorität.

DAmit ist etwas wichtiges ausgesagt: Abstraktionen
in der Realität sind nicht einfach harmlose "Unbestimmtheiten",
sondern sind sehr aktive Prozesse. Diese Begriffsdifferenz ist
sehr wichtig. Es ist gerade nicht so daß sich das eine nur auf
die Realität, das andere nur auf den Denkprozeß bestimmt.

Dem kann ich nicht folgen. Da brauche ich länger dazu, um das zu
durchschauen.
 
Die Analyse des Gegenstandpunktes hat diese Behauptung an einem
Beispiel ausgeführt, auf das Du Dich aber leider nicht eingehst.
Die abstrakte Arbeit ist Aneignungskraft für Reichtum, damit
setzt sie die "Arbeitswut" allemal erst in die Welt....die die
Krisis so gerne (und meines Erachtens unreflektiert) geißelt.

Auch hier kann ich jetzt nicht folgen Ich muß darüber nachdenken.
 
Ich wills mal in der Analogie versuchen: Genausowenig wie der
"Gebrauchswert" eine rationelle Kategorie ist, sondern die
Reflexion der Gleichgültigkeit der Warenform gegen ihre
stoffliche Bestimmung in eben diese Bestimmung hinein, also
eine Kategorie die nichts anderes aussagt daß ein abstrakt-
ungesellschaftliches Bedarfs- und Konsumtionsverhältnis in der
Stoffseite der Ware angelegt sein muß, genauso ist die Kategorie
der Arbeit die "Konkretisierung" der Realabstraktion Wert
in die Stoffseite. Es ist also völlig hahnebücherner Blödsinn zu
glauben zuerst hätte es "konkrete Arbeit" gegeben und dann wäre
die abstrakte Seite dazugekommen. Umgekehrt: der Arbeitsbegriff
sans phrase wird erst durch die Verwirklichung der Realabstraktion
in der großen Industrie zur verstehbaren sozialen Tatsache....

Wie oben.
 
Umgekehrt ist es keine Ideologie sondern ein durchaus klarer
Gedanke, in diesem Sinn von Gebrauchswert bzw.von Arbeit
zu reden....

Insofern bist Du da mit Deinem Insistieren vielleicht einer großen
Erkenntnis auf die Spur gekommen. *Deine* Ontologisierungsversuche
würde ich aber genau aus diesem Grund ablehnen, da war Bennis
Einwand mit den Bauern einfach schlagend. Was ist denn  das für
eine wissenschaftliche Kategorie, die eine der Sache unwesentliche
Unterscheidung anspricht? Schließe mich daher der Frage von Stefan
an, was diese Unterscheidung bringen soll. Danke Dir aber herzlich
für das Insistieren auf der Eigentümlichkeit der "Arbeit".....sie
führt meines Erachtens, konsequent untersucht, geradewegs in
die soziale und historische Dimension.

Dazu kann ich jetzt keine Meinung äußern.

Franz

Gruß Ingo.
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