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Re: [ox] Der wilde Dschungel der Kooperation



Hi Benni und alle!

So, jetzt noch zu dem, was ich im Reply auf Stefan nicht angeschnitten
habe.

Last week (7 days ago) Benni Bärmann wrote:
On Sat, Oct 06, 2001 at 11:02:36PM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Merten wrote:
(20) Die beiden Bewegungsmodi personaler kooperativer Zusammenschlüsse
lassen sich noch schärfer formulieren: Freie Kooperationen sind solche,
in denen die Entfaltung des Einzelnen die Entfaltung der Anderen
erfordert.

Wo liest du denn das bitte bei Christoph raus? Das ist die Meretzsche
oder meinetwegen Oekonux'sche Freie Kooperation.

Es steht doch sogar in einer seiner Kapitelüberschriften. FK heisst "to be
someone". Das genau ist auch der Kern von Selbstentfaltung.

Mag sein, daß das der Kern von Selbstentfaltung ist. Aber nicht jede
Selbstentfaltung Einzelner ist die Voraussetzung für die
Selbstentfaltung aller. Das sagte ich oben.

Nochmal ein konkretes Beispiel: Ich hänge mich in diesen Laden hier
ziemlich rein.

Jetzt ledert's mit doch den Akku ab :-( . Bis später...

...einige Stunden und eine Steckdose später ;-) .

Ich hab das mal in all seiner Länge stehen lassen, weil ich das ein schönes
Beispiel finde und vor allem eines, das wir alle kennen, so dass es sich
vielleicht wirklich lohnen könnte, das mal näher zu beleuchten.

Ja.

Und
vielleicht lernen wir dabei ja genausoviel über Ox wie über FK.

Und vielleicht überhaupt über alles :-) .

Ein paar Anmerkungen dazu:
...
- Wenn Du oben schreibst, dass Du diese Kooperation nicht ohne
Beschädigungen verlassen kannst... Macht Dich das nicht vielleicht auch
nachdenklich, dass hier irgendwas falsch laufen könnte?

Nein. Warum sollte es auch? Ich denke nicht wie einE
VersicherungsvertreterIn.

Ist das nicht wie
bei einer Beziehung, von der man sich abhängig macht?

Bindung ist nicht dasselbe wie Abhängigkeit - auch wenn das Verhältnis
von Bindung und Ungebundenheit / Freiheit sicher ein *sehr*
schwieriges ist - gerade übrigens auch in Christophs
Lieblingsprivatbeziehungen. Insbesondere weil wir (LinkeN?) darauf
getrimmt zu sein scheinen, jede Bindung als Abhängigkeit wahrzunehmen.

Bindung hat BTW auch viel mit Verantwortung zu tun - ja Verantwortung
bedingt geradezu Bindung. Nur wenn ich mich an etwas gebunden fühle,
kann ich mich auch dafür verantwortlich fühlen. Um mal mit gleicher
Münze wie Christoph auszuteilen: Im Feminismus wird gerne beklagt, daß
Männer sich so ungern verantwortlich fühlen. Vielleicht, weil sie sich
so ungebunden fühlen müssen?

Ist das nicht, wie bei
einer Partei, die auf einmal weiter existieren muß unabhängig von ihren
Inhalten.

Nein. Da es Teil meines Selbst ist, kann es sich davon nicht
entkoppeln...

Ist das nicht genau ein Element, dass Dich an Deiner
Selbstentfaltung hindert?

...zumindest solange nicht, solange Oekonux nicht für einen dritten
Zweck existiert - wie z.B. Geld verdienen.

- Als Du die Vereinsgründung forcieren wolltest, hast Du genau das gemacht,
was Du verdammst: Du hast damit gedroht Deine Kooperationsleistung
einzuschränken (in dem Du gesagt hast, das das übrige Geld sonst das
Finanzamt kriegt).

Oh je. Erstens war das zur Hälfte ein Scherz und zur anderen Hälfte
pure Realität, weil ich mir das nicht aussuchen kann. Wenn ich die
Kohle von der RLS als Einkommen versteuern muß, dann müßte ich
vermutlich sogar drauf legen. Wenn ich das in einen Verein einbringen
kann, dann kann ich vermutlich dem Finanzamt klar machen, daß es nicht
als Einkommen zu rechnen ist.

- Offene Prozesse, wie Oekonux und Freie Software haben einen gewaltigen
Vorteil darin, dass sie einen sehr großen Teil des Scheidungspreises immer
schon allen zur Verfügung stellen können, eben gerade dadurch, dass das
Ergebnis der Arbeit sowieso schon immer allen auch außerhalb der Kooperation
zur Verfügung steht und somit das Hauptergebnis der Kooperation schon immer
beim Scheidungsfall garnicht verhandelt werden muß. Immaterielle
Kopierbarkeit erleichtert dieses Verfahren enorm.

Darauf bin ich im Reply auf Stefan ausführlicher eingegangen. Nur
kurz: Welche sakrosankte Regel versuchst du hier eigentlich
aufzustellen?

Der letzte Punkt ist übrigens etwas, wo Ox und FK vielleicht wirklich _sehr_
produktiv ins Gespräch kommen können. Das ist nämlich eine Antwort auf die
Frage, wie man die von Dir vielfach befürchteten Verwerfungen im
Scheidungsfall minimieren kann. Und genau in diesem Sinn hab ich auch Stefan
Mz. Ausführungen verstanden.

Nein. Du gehst immer noch davon aus, daß die sich Scheidenden dann in
einem allgemeinen, höheren Interesse handeln werden. Das ist aber
Quark.

Die Tatsache des »hinter-dem-Rücken-Durchsetzens«
muss als Ganzes zur Disposition gestellt werden.

Genau. Und die Grundlagen der Macht müssen als Ganzes zur Disposition
gestellt werden. Genau das leistet die Spehrsche Freie Kooperation
nicht, sondern bringt nur eine neue, leicht durchschau- und
widerlegbare Trickkiste.

Nicht die Grundlagen der Macht, sondern der Herrschaft müssen zur
Disposition gestellt werden.

Herrschaft ist eine Form von Macht, in der die Machtmittel nicht
dauernd eingesetzt werden müssen. Ohne Macht ist Herrschaft undenkbar.

Vielleicht liegt ja darin auch ein Teil Deines
Problems. Im Alienbuch definiert Christoph Herrschaft als Dominanz plus
Ausbeutung.

Das ist ja eine abstruse Definition...

Also eine Form von bestandhabender asymmetrischer Macht. Macht
an sich ist erst mal nix schlechtes. Auch in perfekter Kooperation (sowohl
in Deinem als auch in Spehrs Sinne) haben Menschen Macht über andere
Menschen. Das macht ja gerade die Kooperation aus. Man verfügt über Arbeit
und Natur anderer.

So ein Quatsch. Wo verfüge ich denn hier z.B. über deine Arbeit?

Nee, nee, ich halte immer noch nix davon, die Begriffe so lange
auszuwalzen, bis sie aber auch auf den letzten Furz passen.

Das Problem tritt erst auf, wenn es dauerhaft immer die
Selben sind (Nein - nicht personal gedacht), die Ausbeuten.

Die selben - aber nicht personal gedacht. Kannst du das
nachvollziehbar erläutern?

Eins ist für mich klar: Eine Freie Gesellschaft muß auf der Grundlage
von Überfluß stattfinden. D.h. die existentielle Absicherung für jeden
einzelnen Menschen muß a priori gegeben sein.

Hoppla. Im Umkehrschluß ist also eine Unfreie Gesellschaft in Zeiten des
Mangels erlaubt oder gar nötig? Und: Welche Gesellschaft vor der freien
Gesellschaft sorgt denn dann für die existentielle Absicherung?

Um den Gedanken von andernmails nochmal zu verbreitern: Es hat auch
vor der kapitalistischen Gesellschaft schon Formationen gegeben, die
im wesentlichen im Überfluß gelebt haben. Jedenfalls gibt es Hinweise
darauf, daß in keiner Zeit so lange gearbeitet wurde wie in unserer.

Ob du dich im Überfluß wähnst oder im Mangel ist auch eine Frage, wie
du die Welt betrachtest. Der Kapitalismus braucht das Mangelgefühl als
Lebenselixier.

Um deine Frage zu beantworten: Eine unfreie Gesellschaft ist immer
möglich - und eine freie auch. Die Freie Gesellschaft auf aktueller
Basis hat aber vermutlich Ähnlichkeiten mit Freier Software.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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