Message 04077 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT04071 Message: 3/10 L2 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Patriarchat und Netzaktivismus



Hi Benni, Carmen und Liste,

Benni Bärmann wrote:
>>>Nein, aber ich meine, dass es ein Problem ist, wenn sowohl bei
>>>Oekonux als auch bei Freier Software fast nur Männer mitmachen.
>>>Das ist zumindestens dann ein Problem wenn dadurch Strukturen
>>>gefestigt werden,
>>
>>ich denke, die Gefahr besteht. Ich meine das mit der
>>Strukturfestigung. Aber das sehe ich persönlich nicht als das
>>Problem an, sondern wie damit umgegangen wird. Wird es zur
>>Monopolmeinungsbildung genutzt, oder wird jeder/m es den
>>Interessenten zugänglich gemacht und auf was für eine Art und
>>Weise.
>
> Wobei dann nochmal zu klären wäre, was genau "zugänglich machen"
> bedeutet. Zugänglich ist bei FS oder hier schließlich alles, aber
> trotzdem gibt es diese extremen Zahlen. Vielleicht gibt es ja
> Formen des Zugangs, die schon diskriminierend sind?

Woran denkst du?

Meine Beobachtung ist, dass das ganze "Technikzeug" (Hardware,
Programmiersprachen) eine Hürde ist. Vielleicht auch die Art der
Kommunikation (bloß virtuell, unsinnlich). Noch ne Beobachtung: bei
vielen Frauen steht der Mittelcharakter im Vordergrund, während viele
Männer sozusagen "identitär" mit Technik umgehen, also sich darüber
"definieren".

> Offensichtlich gibt es dann doch etwas in den Strukturen von
> spezifisch Freier Software, das noch mal extra abschreckend auf
> Frauen wirkt, oder? Was ist das? Das fände ich eine spannende Frage.

Aus den bisherigen Mails habe ich zwei Antworten gelesen:
1. In der FS werden die allgegenwärtigen patriarchalen Strukturen
widergespiegelt
2. FS braucht Zeit. Männer nehmen sich die Zeit und können das auch,
Frauen nehmen sich die Zeit nicht, weil anderes wichtiger ist oder den
Frauen zugewiesen wird: Reproduktion, Familie etc.

Insbesondere 2 würde einen Hinweis geben, warum in der prop. Software
relativ mehr Frauen tätig sind: sie verdienen da ihr Geld. FS ist
überwiegend nicht mit Geld verdienen (= Reproduktion absichern)
verbunden, sondern eben "frei", sprich zusätzlich. Das können sich Frauen weniger "leisten", weil sie neben dem Knetebereich eben immer noch überwiegend den häuslichen Versorgungsbereich am Hals haben.

>>Leider ist auch eine gewisse Lethargie ausgebrochen, und die gesamte
>>Frauen-Bewegung ziemlich eingeschlafen.
>>Ich hab mal so überlegt, aber ich fühlte mich auch nie in einer nur
>>Frauenbewegung aufgehoben, weil es in meinem Verständnis so ist,
>>dass es nicht viel bringt ständig gegeneinander zu kämpfen.
>>Vielleicht denken viele aus ihrer Erfahrung ähnlich, nur haben sie
>>noch keine neue Bestimmung/Orientierung gefunden.
>
> Ja, mit einer "Frauen-Bewegung" kann ich naturgemäß nicht ganz so
> viel anfangen. Das kann ich als wichtig akzeptieren und auch
> unterstützen aber ich bin da ja dann eben nicht gemeint. Worum es
> eigentlich geht ist die Rollenmuster in denen man sich schon ganz
> automatisch bewegt zu erkennen und versuchen zu beseitigen. Das ist
> dann auch etwas wo auch Männer ein eigenes Interesse dran haben,
> weil es ihre eigene Emanzipation ist, sich aus diesen Zwängen zu
> befreien.

Mit einer xy-Bewegung, die es schafft, aus dem "Partialinteressen-Modus" (sich auf Kosten anderer durchsetzen) rauszuspringen, kann ich sehr viel anfangen. Nur schaffen das wenige. Die (letzte von 68 ausgehende) Frauenbewegung hat als Gegen-Bewegung begonnen und sich dann wie so viele Gegen-Bewegungen aufgeteilt: solche, die die Konkurrenzfähigkeit der Frauen im Patriarchat befördern; solche, die weiterhin (nur) gegen Unterdrückung kämpfen und solche, die eine positive Aufhebung jenseits von Patriarchat (und Warengesellschaft?) wollen. IMHO trägt langfristig nur Letzteres, auch wenn der Kampf _gegen_ xy immer auch notwendig ist, um das zu Überwindende klar in den Blick zu bekommen. Und ausserdem schafft der Kampf _gegen_ xy Räume, die ein Erfinden von Neuem erst ermöglichen.

Ciao,
Stefan

--
     Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di
     Internetredaktion
     Potsdamer Platz 10, 10785 Berlin
--
     stefan.meretz verdi.de
     maintaining: http://www.verdi.de
     private stuff: http://www.meretz.de
--

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


[English translation]
Thread: oxdeT04071 Message: 3/10 L2 [In index]
Message 04077 [Homepage] [Navigation]