[ox] Re: [ox] Re: [ox] Die Finsternis der "Aufklärung"
- From: RAUNHAAR aol.com
- Date: Fri, 8 Mar 2002 04:53:54 EST
In einer eMail vom 06.03.2002 13:52:13 (MEZ) Mitteleuropäische Zeit schreibt
benni obda.de:
<< "bürgerliches Subjekt" kommt bei Adorno IMHO nur ganz selten vor und wenn,
dann immer nur negativ besetzt. Was meinst Du denn da?
Ausserdem sehe ich auch nicht, wieso ich damit, dass ich die
Aufklärung nicht komplett verdamme, gleich das bürgerliche Subjekt als
Emanzipationsträger (was natürlich heute Unsinn ist) mit einkaufen soll.
Zum Widerstandspotential in der Konsumption: Ändert sich das
vielleicht heute wieder?
Grüße, Benni >>
Lieber Benni,
das mit dem "Bürgerlichen Subjekt" ist in der Tat Tautologie, weil m.E. nur
in der bürgerlichen Gesellschaft das "Subjekt" existiert. Und "verdammen"
führt auch nirgends hin, weil die Aufklärung (in Wechselwirkung mit
gesellschaftlichem Handeln) ja stattgefunden hat und u.a. insoweit auch meine
Elaborate "hervorbringt". Wenn ich Dich richtig verstehe (vielleicht liege
ich völlig daneben), weist Deine teilweise Affirmation der "Aufklärung" in
die Richtung, daß Du den empanzipatorischen Gehalt darin siehst, daß der
einzelne Mensch sich nicht mehr ausschließlich/vorrangig als Teil einer
Gruppe betrachtet, sondern aus seiner jeweils auch für das einzelne
Individuum geltenden conditio humana heraus - sozusagen naturwüchsig - in der
Lage ist, den Irrsinn der durch die bürgerliche Vernunft hervorgebrachten
Verhältnis emanzipatorisch zu wenden. Letzteres impliziert, daß die Vernunft
sich gegen die eigene Vernunft richtet, was wiederum bedeutete, daß frau/man
ihre/seine Subjekthaftigkeit in Frage zu stellen hätte. Mit anderen Worten
würde das so gehen: Weil ich "aufgeklärt" vernünftig bin, bin ich in der Lage
zu erkennen, daß meine Vernunft gar keine vernünftige ist. Wenn ich das
richtig sehe, wird hier in der Liste diese Problematik oft dahingehend
entsorgt, daß der Mensch ansich, so wie z.B. von Holzkamp postuliert, dieser
"eigentliche" (vernünftige?) Emanzipator seiner selbst ist/sein könnte. Damit
wird aber m.E. der gesellschaftskonstiuierende "Teil" der politischen
Ökonomie naturalisiert und ins transhistorisch Ontologische verlegt, so daß
man sich frank und frei unverzüglich der eigentlichen materiellen
(Re-)Produktion zuwenden kann, die damit gleichzeitig als einzige die
Gesellschaftlichkeit bedingende und tragende Voraussetzung gesetzt ist. Das
ist aus meiner Sicht dann eine Form von Produktionsmaterialismus, der den
Materialismus der gesellschaftlichen Beziehungen außer Acht läßt und - unter
Mithilfe eines ontologischen Menschenbildes - zum Ergebnis kommt, daß sich
"dann" schon alles irgendwie ziemlich automatisch finden wird.
Liebe Grüße, Petra
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