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Re(2): [ox] Knast fuers MP3 tauschen



Stefan gibt auf, Franz versucht weiter:

Hartmut schreibt:

So weit wird es wohl nicht kommen, aber man sollte auch nicht das
Potential einer öffentlichen Meinung unterschätzen, welche die
"Verwertungslogik" (und damit die Aufrechterhaltung von Möglichkeiten =
Freiheiten) für wichtiger hält als gewisse Freiheiten, die in
Hackerkreisen mehr gelten.  Unterschwellig ist ein solches Wertesystem
sehr stark verbreitet.

Das ist doch einmal eine anständige Wendung der Diskussion!
Meiner Meinung nach läßt sich rational einfach nichts gegen 
das Kopieren einwenden;  aber alle unsere Verhaltensweisen 
sind eben noch auf Knappheit aufgebaut und daher wird der
Begriff "Diebstahl" auf die Sache angewandt, die der Natur nach
eben ein memetisches Produkt allgemeiner Arbeit ist. Dieses
Vorurteil ist in der Tat weitverbreitet...

Die Moral ist allerdings flexibel; in den 70ern galt ein 
Diebstahl in einem Supermarkt noch als schick, weil noch
ein Begriff vom materialen Überfluß herrschte, den uns
die Automation beschert.

Ich stimme Dir zu, daß in der Durchbrechung der geltenden
Moral kein Moment von Aufhebung liegt; aber ebensowenig
in ihrer Befolgung!  Ich weiß keinen Grund warum ich mich
in Zeiten digitaler Kooperationsmöglichkeiten noch für einen
Begriff von Urheberrecht stark machen sollte, der die 
soziale - und das ist auf viele individuelle Kreativitätsakte
gerichtete - Komponente einer geistigen Schöpfung noch 
nicht einmal reflektiert. Die bisherigen Kautelen (Forschung,
Gedächtnisinstitutionen) - deren Abschaffung übrigens die
Industrie vehement betreibt - reichen jedenfalls nicht mehr aus,
auch wenn technologisch digitale Kreativität im besten Einvernehmen
mit dem "user" und seiner nützlichen Borniertheit schon weitgehend
eliminiert wurde. Leider passieren eben immer neue Betriebsunfälle
und Abgaben fürs Kopieren sind schon außerdem längst pauschal bezahlt, 
da haben GEMA und AKM nichts anbrennen lassen.

Obwohl es sehr viele Modelle gibt (openculture, digitalcommons)
diesen Übergang zu bewältigen, werden diese politisch nicht
wahrgenommen und kulturelle Produktion wird ins marktwirtschaftliche
Korsett gepresst.

Ob Du willst oder nicht, Deine Erregung über die blinde Durchbrechung 
dieses Prozesses ist eine Parteinahme pro. Die wollen sich halt
manche Leute ersparen, ohne daß ihnen der Begriff von Regelung
überhaupt abhanden ginge. Zu schließen, die Nichtakzeptanz einer
bestimmten Regelung sei gleichbedeutend mit der Ablehnung von 
Regeln insgesamt, ist verkehrt. Etwas anderes ist es zu konstatieren
daß (falsche) Regeln breit akzeptiert werden. Dann macht es keinen
Sinn so zu tun als seien andere Regeln in Kraft. In den 70er Jahren soll in
manchen linken Gruppen der Spruch kursiert haben: "Wir respektieren
das Eigentum, solange es es gibt - aber das hindert uns nicht daran, an
seiner Abschaffung und Ersetzung durch einen konkreteren Bezug der
Menschen auf ihre Existenzgrundlagen zu arbeiten". An diesem Spruch
kann ich nichts Falsches entdecken.

Ein letzter Punkt noch: welche "Möglichkeit/Freiheit" nimmt wer wem,
wenn er/sie MP3s kopiert?? Und welche Möglichkeit/Freiheit wird 
umgekehrt genommen? Gib mal eine materiale Rechtsgüterabwägung 
raus, so ähnlich wie bei der Schwarzarbeit, deren positive Seiten 
ja auch mal erwähnt werden sollten!!

Frranz




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