Re(2): [ox] Die Grenzen des Oekonux-Konzeptes
- From: f.nahrada magnet.at (Franz J. Nahrada)
- Date: Tue, 31 Dec 2002 19:00:05 +0100
Thomas schreibt:
Ich denke nicht, daß Fabber *das* Oekonux-Konzept sind.
(ich bedanke mich, pflichte verhalten bei!)
Auf der 2. Konferenz hat Graham in seinem Vortrag "The Two
Economies" u.a. drei verschiedene Ansätze dargestellt (ich
hoffe, ich bekomme die noch nicht all zu sinnentstellend
zusammen), die sich aus der Debatte hier herauskristallisieren
im Bezug auf die Frage nach der Übertragung der FS-Prinzipien
auf die gesamte Wirtschaft:
Ich glaub jede dieser Positionen hat eine Leerstelle. So wie sie da stehen,
könnte ich mich erst recht in keiner Position wiedererkennen.
Ich hab meine zwar schon dargestellt, aber jetzt kann ich es nochmal
deutlich tun.
* Theorie A: Fabber werden für die Allgemeinheit zugänglich, so
wie heute PCs. Angesteuert werden diese Geräte per Computer,
und die Baupläne wie freie Software in Internetgemeinschaften
entwickelt. Die Produktion verlagert sich komplett in den
Informationsbereich.
Schwachstellen: Technische, was ich unlängst mit "Plaste und
Elaste" ironisiert habe. Entweder der Fabber arbeitet mit einem
Einheitswerkstoff (z.B. NanoGranulat für additive Fabber)
oder wir landen doch wieder bei der Vielheit von Werkzeugmaschinen
im Verhältnis zu Materialien.
Die Produktion findet natürlich nach wie vor in der materiellen
Welt statt, aber dezentral. Dazu ist aber eine ungeklärte Frage die
nach der Rohstoff - und Abfallogistik.
* Theorie B: Die phys. Herstellung von Gütern wird gegenüber der
Produktion von Informationen aufgrund der Automatisierung der
Industrie zunehmend wirtschaftlich bedeutungslos (von den
Beschäftigtenzahlen her), ähnlich wie der landwirtschaftliche
Sektor im Zuge der Industrialisierung bedeutungslos wurde.
Das setzt sozusagen die Riesenfabrik voraus, so wie die mechanisierte
Landwirtschaft. Beides ist eine sehr bedenkliche Vision (und nicht grad
meine). Klingt so wie die klassischen Modernisierungsbilder, etwa
bei Adam Schaff. Unter kapitalistischen Bedingungen die Absurdität
daß die Produzenten außer Lohn gesetzt werden und das Zeug nicht
kaufen können, während der Ausbeutungsgrad einer Minderheit in
schwindende Höhen steigt....
Hier gibt es viele kritische Stränge, vor allem die Frage nach der
Effizienz großtechnischer Verfahren. Industrie hat einen
eigenen unsichtbaren Infrastrukturhunger, der zum Entstehen
nichtnachhaltiger Verfahrensketten beiträgt. Sie erzeugt
systematisch entwirklichte Welten, in denen Produktion und
Konsumtion getrennt sind. Der Aufwand für Logistik ist um
Potenzen höher als im Szenario 1, die Dinge werden eben nicht da
produziert wo sie gebraucht werden.
* Theorie C: Eine bedarfsorientierte, d.h. nicht geldgesteuerte
Produktion materieller Güter läßt sich auch ohne
futuristische Technik bewerkstelligen. Hiermit ist nicht die
Steuerung der Wirtschaft durch einen hierarchisch
organisierten Planungsapparat gemeint, sondern eine Steuerung
durch direkte Kommunikation zwischen Produzenten und Nutzern,
wie sie bei freier Software üblich ist.
Hier fällt raus, wie die dezentralen Produzenten tatsächlich
empowered und befähigt werden sollen, auf einem attraktiven
Niveau dezentral zu produzieren. Also mit der derzeitigen Technologie
ist es eben nicht möglich, freie Baupläne mit einzubeziehen
geschweige denn kooperativ zu entwerfen. (Fehlen noch weit-
gehend die Werkzeuge für synchrone Telekooperation, aber auch
die Werkstätten, die Entwürfe CNCmäßig realisieren können -
sprich auch die Werkzeugmaschinen intermediärer Art.)
DAs ist eine der wesentlichen Anforderungen die hier nicht
ausgeführt sind, das zweite ist das "Redesign der Lebenswelt"
sodaß Produktion in Kreisläufen und faktisch wirklich
"praktisch nebenbei" und ohne hohen Aufwand an Abfall-
und Rohstofflogistik geschehen kann. Dieses "Redesign der
Lebenswelt" impliziert dezentralen Informationszugang, aber
auch dezentrales Vorhendensein nachwachsender Rohstoffe etc. -
hier ist eine Interdiziplinäre verklammerung von Architektur,
Ökologie/Biologie, Werkstofftechnik und Verfahrenstechnik
gefordert. "Prosumer Villages" dieser Art, die sich um
Medienzentren und globalen Informationsaustausch herausbilden,
wären das wichtigste Thema.
Insgesamt begrüße ich, daß "Ökonomie" im Oeko-nux Sinn auch
zunehmend als System von Verfahren und Techniken verstanden
wird. Aber von einer Lösung sind wir noch weit weg, obwohl
das zu wissen eigentlich den wichtigsten Schritt seit langem
darstellt. Natürlich ist der kreative selbstentfaltende Mensch
die Hauptproduktivkraft, aber nicht in dem Sinn daß sich jetzt
Gedanken einfach materialisieren würden.....sondern daß eine
Fülle von Bausteinen bereit steht, mittels derer wir selbst-
bestimmt unseren General Intellect organisieren und sogar
mittels neuer Verfahren direkter verwenden können, ohne
Dazwischenkunft oder konzeptionelle Dominanz einer Klasse von
Produktionsmittelbesitzern.
Ohne Produktions-Mittel wirds aber weiterhin nicht abgehen....
Fazit: das beste aus erstem und drittem Konzept mit Teilen des zweiten
vermischt könnte eine konkrete Antwort werden;-)
Franz
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Organisation: projekt oekonux.de