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Re: Re: [ox] Gibs Gruppen?



Hi StefanMz, Liste!

7 days ago Stefan Meretz wrote:
On Sunday 13 April 2003 22:39, Casimir Purzelbaum wrote:
Und dennoch die Frage, warum wäre ein Begriff von
der Gruppe überflüssig? (jetzt mal vom sozoologischen Rahmenprogramm
abgesehen)

Deskriptiv: nein. Schliesslich reden wir ja davon.

Analytisch: Keine Ahnung. Was soll das sein?

Ich versuch's mal.

Gruppe bezeichnet für mich erstmal ein über einen gewissen Zeitraum
fortdauerndes Beziehungsgeflecht konkreter Menschen (das ist jetzt wie
andernmails bemerkt vor allem die Interessengruppe). Das kann explizit
konstituiert sein - durch eine entsprechende Erklärung. Oder es gibt
implizit entstehende Beziehungsgeflechte, die durch das mehr oder
weniger zufällige Aufeinandertreffen von Menschen entstehen können
(z.B. die Wartenden an einer Bushaltestelle). Kann spontan und
temporär sein oder auch fortdauernd.

Wichtig hier: Das Beziehungsgeflecht hat einen Grund. Bei der
Interessengruppe ist es das gemeinsame Interesse, das alle verbindet.
Gibt es einen solchen Grund nicht, gibt es auch kein
Beziehungsgeflecht.

Dieses Beziehungsgeflecht und die in ihm sich bewegenden Individuen
wechselwirken miteinander. Menschen nehmen Einfluß auf das
Beziehungsgeflecht, sie agieren darin und "es macht" auch etwas mit
ihnen. Kurz: Das Beziehungsgeflecht ist der Handlungsrahmen, in dem
sich Menschen immer bewegen. Und genau da wird der Begriff für mich
*absolut* spannend: Es ist der Rahmen, in dem Menschen handeln! Und
wenn ich was über menschliches Handeln wissen will - und das will ich,
wenn ich über Emanzipation nachdenke ja - dann wäre es töricht, diesen
Aspekt einfach unter den Tisch fallen zu lassen. Genau so töricht wäre
es selbstredend, den Begriff der Gesellschaft unter den Tisch fallen
zu lassen. Und es hängt auch zusammen - bestreite ich nicht.

Was mich konkret im H.-Thread interessiert: Wie funktioniert diese
Wechselwirkung? Welche Einflüsse gibt es da? Und warum ist es bei
Freier Software so wie es ist? Können wir Kriterien angeben, die zu
der einen oder anderen Sorte Einflüsse führen?

Ah, noch ein Versuch deine Position zu verstehen: Subsummierst du
vielleicht einfach konkrete Beziehungsgeflechte irgendwie unter dem
Gesellschaftsbegriff?

Alle Versuche in diese
Richtung nenne ich bis zum plausiblen Nachweis "metaphysisch". Den
Nachweis konnte ich bislang nicht wahrnehmen.

Dass Beziehungsgeflechte einen Handlungsrahmen für Menschen bilden ist
metaphysisch?

Ein analytischer Begriff
"Gruppe" macht für mich keinen Sinn - was soll der Inhalt sein, was seine
Qualität?

Die Frage verstehe ich nicht, weil ich die Begriffe nicht verstehe so
wie du sie verwendest.

Ich fühle mich hier auch gar nicht in der "Beweispflicht", denn
etwas nicht Existentes nachzuweisen, fällt bekanntlich schwer. Es sollen
also doch besser die, die einen analytischen Begriff der "Gruppe"
betreiben wollen, diesen fundieren. Deine Frage ist also umzudrehen:
Warum wäre ein (analytischer) Begriff von Gruppe nötig?

Um das Handeln von Menschen besser zu verstehen. Finde ich wichtig.

Kurz: Ich bin "nur" gegen eine metaphysische Aufladung eines an sich
harmlosen deskriptiven Begriffes. Eine Anzahl von Menschen >1 nenne von
mir aus Gruppe, Horde, Haufen, Versammlung, Clan, Bande etc.

Nun, die Frage ist doch die: Haben alle diese Gruppen eine besondere
Qualität, die über ihre Verschiedenheiten hinaus Sinn macht zu
betrchten? Auf das Moluekülbeispiel gewandt: Haben alle möglichen
Gruppen unterschiedlicher Atome etwas gemeinsam, was dem Begriff des
Moleküls Sinn gibt? Oder ist diese Anzahl von Menschen / Atomen exakt
die Gleiche und durch nichts unterscheidbar, wenn sie völlig
beziehungslos in äquidistanten Abständen auf diesem Globus verteilt
sind?

Wenn die Beziehungsgeflechte, die wir Gruppe, Horde, Haufen,
Versammlung, Clan, Bande, etc. nennen gegenüber solchen Wesen, die
nicht miteinander in Beziehung stehen, keine eigene Qualität haben,
dann hast du Recht: Dann ist Gruppe eine metaphysische Erfindung.

Wenn aber diese Gruppe, Horde, Haufen, Versammlung, Clan, Bande, etc.
den Handlungsrahmen für ihre Mitglieder bilden - was ich nachdrücklich
vertreten würde -, dann ist das nichts Metaphysisches, sondern etwas
reichlich Konkretes. Dann macht es m.E. definitiv Sinn, den Begriff
Gruppe sinnvoll zu füllen und mit ihm zu hantieren.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

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