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Toleranz-Popanz (war: Re: [ox] H. bei OpenTheory)



Hi auch,

On Friday 12 September 2003 01:22, Stefan Merten wrote:
Aber *muss* das im Umkehrschluss dann heissen, dass jedeR überall
alles dürfen muss? Wohl kaum. Gerade durch die faktische Freiheit, die
das Internet gibt, gibt es immer weniger Gründe, dass eine etablierte
Plattform - wie sie OpenTheory sicher darstellt - jeden Müll erdulden
muss - nur um keine sogenannte Zensur ausüben zu müssen. In Oekonux
wird z.B. auch Spam gefiltert. Gibt's irgendwen, der täglich drei
Vorschläge zur Penis-"Verbesserung" wünscht? Und dazu zwei dringende
"Hilfsanfragen" aus Nigeria?

Ich habe die Schwachsinns-Projekte Spam genannt - ein dürftiger 
Hilfsbegriff. Bei ox ist Spam, der hier ausgefiltert wird, sehr eindeutig 
definiert: anonyme Massenmails, die letztlich in irgendeiner Form auf 
Geld machen abzielen, und für die aufgrund ihres Charakters auch 
_syntaktische_ Filterkriterien formuliert werden können.

Vergleichbar mit der ot-Problematik wären individuelle Mails auf [ox], die 
Off-topic sind. Das hatten wir auch mal verstärkt. Daraufhin wurde [chox] 
eingerichtet. Das ist etwas, was für mich "den Leuten 
Handlungsmöglichkeiten geben" bedeutet. Ich finde auch, dass chox relativ 
erfolgreich ist, denn dort laufen in der Tat Texte rüber, die im mit dem 
ox-Fokus nur mittelbar verbunden sind, aber trotzdem auf Interesse 
stoßen.

Ja, es ist schwer, für entsprechende Maßnahmen die Verantwortung zu
übernehmen - zweifellos. Und noch dazu wird mensch dann durchaus nicht
von allen dafür geliebt oder sogar angschossen. Aber ich habe schon so
oft wirklich gute Projekte an einzelnen, aber dauerhaften Störungen
kaputt gehen sehen, dass ich diesen überdehnten Toleranzbegriff "JedeR
muss überall alles dürfen" echt nicht mehr ausstehen kann.

Das kann ich nachvollziehen. Ich vertrete keineswegs einen wie auch immer 
gearteten Toleranzbegriff. Für mich ist "Toleranz" die individuelle 
Spiegelseite der strukturellen Ausgrenzung und untrennbar mit der 
bürgerlichen Gesellschaft verbunden. Eine freie Gesellschaft braucht 
keine "Toleranz", weil sie auch keine "Intoleranz" braucht.

Gut, OpenTheory versteht sich nicht als inhaltlich definierte
Plattform. Faktisch war es das natürlich bisher dennoch, weil viele
OpenTheory-Projekte sich auf ein emanzipatorisches Muster bezogen
haben. Das dürfte ein wichtiger Beitrag zum Erfolg von OpenTheory
sein. Dass dieses Image durch die "Spam-Projekte" in Frage gestellt
ist, ist es auch exakt, was die Leute stört, die sich einen Eingriff
wünschen.

Ja, genau. Und da ich die emanzipatorische Tendenz haben will, stört mich 
das auch.

In gewisser Weise steht OpenTheory da jetzt wirklich am Scheideweg -
StefanMz hat es Krise genannt. Ist OpenTheory nur eine technische
Installation? Oder ist es eine Community, die auch durch ein Minimum
an inhaltlichem Konsens definiert ist?

Ich wüsste nicht, warum es sinnvoll sein sollte, zu versuchen, einen 
solchen Konsens zu definieren - außer, man braucht etwas, um das "Andere" 
außerhalb des Konsenses auszugrenzen. Das ist mir viel zu anstrengend.

Die Community kann ich bisher
nicht wirklich erkennen - dafür sind die Leute viel zu zerstreut. So
gesehen finde ich auch StefanMz' Forderungen an "die
OpenTheory-Community" ein wenig abstrakt.

Welche Forderungen meinst du? Aber es stimmt: Es gibt keine ot-Community 
im Ganzen. Es gibt viele Sub-Gruppen, mehr und oft auch weniger 
miteinander vernetzt. Gerade deswegen ist IMHO schier unmöglich, einen 
Konsens zu finden.

Ich hielte es für wünschenswert, diese Community auch faktisch zu
haben - und OpenTheory mit einer gewissen inhaltlichen Ausrichtung zu
assoziieren.

Das gibt es IMHO jetzt schon, grob jedenfalls.

Das bedeutet dann im Zweifelsfall eben auch, dass
Störmanöver nicht geduldet werden. Ja, da ist Verantwortung gefordert
- - MaintainerInnenschaft eben.

Ich verstehe meine Verantwortung da etwas anders.

Ansonsten sollte ganz klar gemacht werden, dass OpenTheory ein rein
technisches Projekt ist und Web-Space und Mailing-Listen jedem offen
steht - auch und dann wohl vor allem WeltfachistInnen. Schließlich
bewahrt einen auf der Strasse auch niemensch vor dem Anblick eines
Hakenkreuzes. Dann sollte OpenTheory sich aber auch konsequenterweise
- - wie Freie Software - von einem emanzipatorischen Projekt
verabschieden. Auch die Straße oder das Web sind schließlich kein
emanzipatorisches Projekt im engeren Sinne.

In der Absicht sind wir uns einig, in den Mitteln nicht so ganz.

Ciao,
Stefan

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