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Re: [ox] FG Wiki und Lizenzfrage



Hi Hans-Gert!

Ich interpretiere diesen Thread mal so, dass es um die Frage geht,
welche Lizenz für ein Freies Projekt sinnvoll sein kann.

6 days ago Hans-Gert Gräbe wrote:
Christian wrote:
Naja, hier hat sich Stefan was einfallen lassen:

Keine Ahnung wer das war. Wie praktisch alles Organisatorische bei
Oekonux sind die Fragen rund um die Lizenz in einer Diskussion auf
[pox] geklärt worden. Wem jetzt genau welches Detail des Ergebnisses
zugerechnet werden kann ist für mich eine wenig interessante Frage.
Das nur BTW.

Lizenzgeber ist
die Community. Ob es hält weiß ich nicht aber der Versuch mit
einer ab ovo kollektiven Autorenschaft ist enorm sinnvoll.

"ab ovo kollektive Autorenschaft" und "Lizenzgeber ist die Community" im
derzeitigen Sinne sind zwei paar verschiedene Schuhe.

Ja.

Nach meinem
Verständnis übrigens der zentrale Punkt, gegen den Thomas Grüttmüller
opponiert hat,

Thomas hat nach meinem Eindruck den abstrakten Rechtsstandpunkt der
Lizenz dazu verwendet, um gegen das Projekt zu opponieren - über die
Gründe dafür mag ich nicht spekulieren. Aber dazu ist bürgerliches
Recht ja auch da: Um Partikularinteressen gegen andere durchzusetzen.

Wie wir hier eindrucksvoll demonstriert bekamen, muss ein Freies
Projekt also darauf achten, dass auch bei einer Trennung die
TeilnehmerInnen ihre das Projekt schädigenden Partikularinteressen
nicht mit Hilfe der Lizenz durchsetzen können.

Wobei man ja das nach dt. Recht das Urheberrecht selbst nicht an andere
abtreten kann, sondern nur Nutzungsrechte.

Ich möchte mal darauf hinweisen, dass es sich bei der ganzen Frage um
Lizenzen nach meiner laienhaften Auffassung im Wesentlichen um
Vertragsrecht handelt. Irgendein nationaler Gesetzgeber gibt hier
höchstens den Rahmen vor; alles andere regeln die Vertragspartner frei
untereinander. Insofern ist der Bezug auf irgendwelche konkreten
Regelungen im deutschen Urheberrecht sowieso nur Glasperlenspiel.

Und selbst dann halte ich es für fragwürdig, ob ein Stück Text,
auf das sich 20 andere wichtige Kommentare beziehen, einfach durch
Entscheid eines Einzelnen aus dem Wiki entfernt werden darf. Ist das
Wiki ein Gemeinschaftswerk, also "Werk=das ganze Wiki" (derzeit *nicht*
so bei Oekonux), dann darf er das definitiv nicht, §8 (2) UrhG:

Deine Schlussfolgerungen sind m.E. nicht haltbar. M.E. ist vielmehr
das Gegenteil der Fall. Nehmen wir mal an ein Freie-Software-Projekt
würde sich eine Lizenz geben, die diesen Passus enthält.

<zitat>Änderungen des Werkes sind nur mit Einwilligung der Miturheber
zulässig.

Wenn jede Änderung des Werks der Einwilligung aller(!) Miturheber
bedarf und die Gesamtheit der Sourcen als *ein* Werk betrachtet wird,
dann ist ein Freies Werk ein einziges Minenfeld. Dann haben nämlich
zunächst mal *alle*, die irgendwann mal irgendwo einen Kommentar (im
Wiki: ein Komma) eingefügt haben, ein Mitspracherecht über *jede*
Änderung, die *irgendwo* in den Sourcen vorgenommen wird.

In einer Situation, in der dann einzelne Miturheber den abstrakten
Rechtsstandpunkt der Lizenz gegen das Projekt bemühen, heißt das, dass
buchstäblich jede Änderung unter Vorbehalt steht. Für ein Freies
Projekt: Die heißeste Hölle, die ich mir vorstellen kann.

Ein Miturheber darf jedoch seine Einwilligung zur
Veröffentlichung, Verwertung oder Änderung nicht wider Treu und Glauben
verweigern.</zitat>

Da wir von abstrakten Rechtsstandpunkten reden, ist dieser Sachverhalt
letztgültig nur vor Gericht zu klären - immerhin handelt es sich ja um
einen Eingriff in einen Rechtsanspruch des Miturhebers. M.a.W.: Die
heißeste Hölle wird dann auch noch vor Gericht ausgetragen.

Für ein Freies Projekt scheint mir also eine Konstruktion wie von dir
vorgeschlagen so ziemlich das Kontraproduktivste zu sein, das ich mir
vorstellen kann. Ganz im Gegenteil muss ein Freies Projekt vielmehr
dafür sorgen, dass die konkreten Urheber möglichst viele Rechte
möglichst schnell an das Gesamtprojekt abtreten - insbesondere also
die Verwertungsrechte, die aber ohnehin der eigentlich interessante
Teil der ganzen Story sind. Nur so ist sicher gestellt, dass der
abstrakte Rechtsstandpunkt eben auch bei einer Trennung nicht gegen
das Projekt verwendet werden kann.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



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