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Re: [ox-de] Rudolf Sponsel zur Indianerpolitik Nordamerikas



Am Mittwoch, 2. August 2006 15:32 schrieb Rudolf Sponsel:
"Die Indianerpolitik der Vereinigten Staaten und Kanadas war gezeichnet
vom Wunsch der weißen Siedler nach Land und der folglichen Unterwerfung
der Indianer.

Hier muß man zwischen der Politik Frankreichs, Spaniens und Englands
in den Kolonien der neuen Welt genau unterscheiden. In Kanada bauten
z.B. die Franzosen ihre Forts und Handelsposten auf Land, welches nicht
besiedelt war und von keinem verbündeten Stamm beansprucht wurde.
In Französisch-Kanada oder kanata gab es im 17. Jhd. rund 400 Europäer.
Man sah die Indianer eher als Verbündete der französischen Krohne und
als Handelspartner, die Felle, einen seinerzeit in Europa begehrten Rohstoff,
anzubieten hatten - und von der katholischen Kirche aus als Heiden, die
zum Christentum zu bekehren wären. 

Die Zahl der französischen Europäer war lange Zeit viel zu gering, als
daß man sich eine Unterwerfung der Indianer hatte erlauben können.
Mehrere Versuche, französische Siedler zu gewinnen, scheiterten, so
daß schließlich Siedler zwangsangesiedelt wurden. Auch die spanische
Bastion in Florida verzeichnete bis zu ihrer Aufgabe nie mehr als 2100
Europäer in und um die Missionen.

Siedlungspolitik meist religiöser Abweichler, die im Mutterland einer
Verfolgung ausgesetzt waren, betrieben überwiegend nur die Engländer.
Zwischen 1611 und 1622 wurde in Jamestown versucht, eine 
indianisch-europäische Gesellschaft zu begründen. In mindestens 
einem Fall wurden weiße Siedler sogar gerichtlich verurteilt und gehängt 
für einen Mord an zwei Indianern. Und die Führungsperson der Kolonie 
nahm sich eine Indianerin zur Frau, um die Verbindung zwischen
den Indianern und Siedlern zu dokumentieren.

Schaut man in die Gründungsdokumente von Harward z.B., so wird
deutlich, daß dies eine Schule für Siedler und Europäer sein sollte. Es
war bei den algonkinsprachigen Indianern üblich, den Frieden da-
durch zu wahren, daß Indianer bei Siedlern wohnten und die Schulen
der Siedler besuchten und im Gegenzug Siedlerkinder in den Dörfern
der Indianer aufwuchsen. Die Siedler nahmen die Kinder der Indianer
gern auf und ermöglichten ihnen den Schulbesuch, weigerten sich
jedoch, ihre Kinder unter Indianern aufwachsen zu lassen - was zu
Irritationen bei den Indianern führte. Das Indianer College, welches
in Harward gegründet wurde, mußte deshalb bald wieder schließen,
weil kaum Indianerkinder zum Schulbesuch von ihren Eltern geschickt 
wurden.

Die ersten Indianerkriege entzündeten sich am Eurozentrismus der
Siedler, die auf einer Gerichtsbarkeit über Siedler auch in Fragen
bestanden, wenn indianische Interessen betroffen waren und an
der immer deutlicher zu Tage trettenden Ungleichwertigkeit der
Kulturen. Auch spielte die Praxis, Gärten und Felder der Indianer
abzuernten und als Eigentum der Siedler zu beanspruchen, wenn
diese in Winterlager gezogen waren, eine Rolle. Die Verbindung
zwischen den englischen Siedlern und den Indianern in einer 
gemeinsamen Gesellschaft scheiterte.

Später nahm Benjamin Fränklin als Bevollmächtigter der Kolonial-
regierung an den Sitzungen der Irokesenföderation und allen
Verhandlungen mit Indianern teil. Er schrieb Artikel über den
Aufbau und das Politikverständnis der Indianer, welche unter den
Vätern der Unabhängigkeit der englischen Kolonien heftig diskutiert
wurden. Fränklin schlug u.a. vor, die Offiziere in der amerikanischen
Truppe von den Soldaten wählen zu lassen - so, wie die Krieger der
Indianer ihren Kriegshäuptling wählten. Auch Jefferson trat mit
Artikeln über die politische Organisation von indianischen Gesell-
schaften hervor und Paine war der Meinung, daß die beste aller
Welten die Indianische sei.

Im Jahre 1763, noch vor der Gründung der USA, entstand 
durch den Proclamation Act erstmals ein separates Indianer-Territorium,
das die Indianer im Wesentlichen von den europäischen Auswanderern
trennte. Das Gesetz trennte das Land entlang der Wasserscheide der
Appalachen: Der westliche Teil wurde den Indianern zugeschrieben, der
östliche den Weißen. Der Indian Removal Act von 1830 autorisierte den
amerikanischen Präsidenten, die östlich des Mississippi lebenden
Indianer nach Westen umzusiedeln, notfalls mit Gewalt.

Präsident Morgan, der 1830 abgewählt wurde, weigerte sich in seiner 
Präsidentschaft, der Zwangsumsiedlung von Indianern zuzustimmen.

1834 wurde
Oklahoma offiziell zum Indianer-Territorium deklariert. In den Jahren
1838-39 kamen bei der Umsiedlung der Cherokee vom Gebiet des Ohio Rivers
nach Oklahoma von 10.000 Cherokee rund 4.000 ums Leben. Insgesamt wurden
rund 50.000 Indianer unterschiedlichster Stämme des Ostens nach Oklahoma
umgesiedelt. Dies führte zu Konflikten mit den traditionell dort
ansässigen Indianerstämmen.

2300 Cherokee flohen in die Appalachen und leben dort heute noch in 
einem Reservat, was später eingerichtet wurde. 

Ende des 19. Jahrhunderts hatten die europäischen Einwanderer sämtliche
Indianer unterworfen. 

Falsch. Die Seminolen sind niemals unterworfen worden und haben
auch zu keinem Zeitpunkt einen Friedensvertrag mit den USA
unterzeichnet.

Hierbei spielten verschiedene Faktoren eine Rolle 
und wurden unterschiedliche Mittel eingesetzt: Indianerkriege,
Umsiedlung, übermäßig viele weiße Siedler, eingeschleppte Krankheiten,
gebrochene Verträge und gezielte Ausrottung der Bisons als
Lebensgrundlage vieler Indianer. Das Massaker von Wounded Knee im Jahre
1890 markiert den endgültigen Sieg über die Indianer; seitdem lebten sie
in Reservationen und waren von den Lebensmittelrationen der Weißen
abhängig. 

1930 wurden Selbstverwaltungsorgane der Indianer in den Reservaten
eingerichtet und der Staat strebte an, daß die Reservate sich wirtschaft-
lich selbst tragen sollen, um Steuermittel zu sparen (Stichwort New
Deal der Indianer). Bevollmächtigter der Indianerbehörde war zu dieser
Zeit ein früheres Mitglied der Gesellschaft der Native Indians of Amerika.

Mit dem Reservationsland blieben den Indianern diejenigen 
Gebiete, welche die Weißen zuletzt für sich beanspruchten, meist
unwirtliche Flächen. Dies stand im Widerspruch zur Absicht sowohl
Kanadas als auch der USA, die Indianer in den den Reservaten und
Reservationen zu Ackerbauern umzubilden. Die Indianer konnten aufgrund
ihrer nunmehr sehr kleinen Ländereien und da das Wild sehr stark
dezimiert wurde, nicht mehr als Jäger und Sammler leben, wie es zum
Beispiel die Indianer der Plains vor der Reservationszeit getan hatten.

Ein genauerer Blick dürfte hier hilfreich sein. Viele indianische Kulturen
waren Ackerbaukulturen, keine Jäger und Sammler. Diese mußten nicht
zu Ackerbauern umgebildet werden. Wesentlicher war die Frage, die
dörflichen, kollektiven Siedlungsformen des Langhauses z.B. zugunsten
von isolierten Einzelfarmen nach weißem Vorbild zu zerschlagen.

Die Plainsindianer sind nur eine Gruppe aus einer Vielzahl anderer
Indianerkulturen, darunter an der Westküste auch welche mit Privat-
eigentum vor Ankunft weißer Europäer.

Auch nach der Unterwerfung der Indianer versuchten die Weißen, das so
genannte „Indianerproblem“ zu beseitigen, auch weil die
Lebensmittelrationen Geld kosteten. Verschiedene Versuche wie der
General Allotment Act, der Indian Reorganization Act und die Termination
scheiterten aber nacheinander. Erst mit dem Indian Self Determination
Act von 1968 erhielten die Indianer einen Teil ihrer Rechte wieder
zurück. Ihr Leben ist jedoch nach wie vor geprägt von
Rassendiskriminierung und Armut.

Was scheiterte? Die Selbstverwaltung von 1930 setzte sich schließlich 
durch.

Kanada verabschiedete 1876 mit dem Indian Act ein Gesetz, das die
kanadischen Indianer künftig als Mündel der Regierung behandeln ließ.
Als solche können sie nicht über sich selbst entscheiden, sind jedoch
von jeglichen Steuern befreit. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts
senkte das Canadian Department of Indian Affairs (kanadisches Amt für
Indianerangelegenheiten) die vertraglich zugesicherten
Lebensmittelrationen für Indianer.

Es wird so getan, als sei überall in Kanada eine weiße Mehrheit anzutreffen.
Mag sein, daß dies in Montreal der Fall ist, für den Norden ist es aber 
falsch.

Bis in die 1970er Jahre wurden indianische Kinder - in Kanada wie in den
USA - früh aus ihren Familien gerissen und in meist kirchliche Internate
gesteckt. Dort durften sie nicht ihre Stammessprache sprechen und
mussten das Christentum annehmen. Später kamen seelische und körperliche
Misshandlungen an die Öffentlichkeit. Junge indianische Frauen wurden
teilweise unter Zwang sterilisiert.

Stimmt. Weshalb in vielen Gegenden die Indianerkinder versteckt wurden.

Gruss,
Jacob
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



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