Re: [ox-de] keimform.de: Produktive Schweine und unproduktive Kinder
- From: Hans-Gert Gräbe <hgg hg-graebe.de>
- Date: Wed, 21 Jul 2010 17:47:09 +0200
Am 07/20/10 15:34, schrieb Stefan Meretz:
In unser wirtschaftsdominierten Gesellschaft gilt es als
selbstverständlich, dass es im wesentlichen „die Wirtschaft“ sei, die
die gesellschaftlich notwendigen Güter produziere. Dem ist jedoch nicht
so. Durch einen Blick in die offiziellen Statistiken können wir uns
davon eindrucksvoll überzeugen.
Das Statistische Bundesamt hat 1991/92 und 2001/02 jeweils eine
Zeitbudgetstudie durchgeführt, in der ermittelt wurde, welche Zeit
Menschen für welche Tätigkeit verwenden.
Hallo Stefan,
spannende Zahlen, allein die Systematik bleibt mir verschlossen, was
denn nun genau "unbezahlte Arbeit" ist. In der Zusammenfassung ("Wo
bleibt die Zeit? Die Zeitverwendung der Bevölkerung in Deutschland
2001/02" - siehe dein Link) wird auf S. 6 die angewandte Methodik -
Fragebogen, wo die Definition, was genau "unbezahlte Arbeit" ist, auf
die Teilnehmer der Umfrage als deren "gefühlter Begriff" umgelegt wird -
sichtbar. Genauer, es wird unterteilt nach
* Schlafen
* Essen/Körperpflege
* Erwerbstätigkeit/Aus- und Fortbildung
* Unbezahlte Arbeit
* Kontakte/Unterhaltung/Veranstaltungen
* Sport/Hobbys/Spiele/Mediennutzung
Du fragst
Was bedeutet es, wenn doppelt so viele gesellschaftlich notwendige
Tätigkeiten unbezahlt wie bezahlt erledigt werden?
Nun, zunächst ist in der Aufstellung die Proportion unbezahlt:bezahlt
bei 15% vs. 13%. Die Leute verwenden also durchschnittlich *insgesamt*
28% = 6.72 h pro Tag auf bezahlte *und* unbezahlte Arbeit, auf die Woche
hochgerechnet 47 h. Für eine 40-h-Arbeitswoche doch eine recht
spannende Zahl.
Auf S. 7 (internationaler Vergleich) taucht der Begriff "unbezahlte
Arbeit" gar nicht mehr auf, sondern es heißt "Haushaltführung/Betreuung
der Familie/Ehrenamt" (spannende Zusammenfassung).
Ich weiß nicht, ob die Studie wirklich so weit trägt, wie du daraus
argumentierst. Mal abgesehen davon, dass sie eher auf verschiedene Arten
von "Tätigkeiten" denn auf "Arbeit" in einem ökonomietheoretisch
fassbaren Sinn abstellt, die in einem komplexen Prozess
gesellschaftlicher Reproduktion anfallen, in dem ja auch in dieser
Gesellschaft die speziell über Geld vermittelten nur einen Teil ausmachen.
Viele Grüße,
Hans-Gert
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