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[ox-de] Generative Ökonomie und Wirtschaftsinformatik



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Hallo zusammen, 

nochmal kurz ein paar Gedanken im Zusammenhang mit dem Mailwechsel
zwischen Hans-Gert und mir zur Wirtschaftsinformatik: Wie ich gesehen
habe, hat Frithjof Bergmann den Begriff der "generativen Ökonomie" nun
in seinem Instrumentarium, ob von ihm entwickelt oder nicht weiss ich
nicht, jedenfalls in diesem spezifischen Sinne mit Bedeutung besetzt
und verwendet ihn nun, um unter unter diesem Label die Entwicklungen
in Ökonomie und Technik zusammenzufassen. In einer - wie ich finde
sehr beeindruckenden - Folie  zu einem "Creative Symposium" im Januar
d. J. ( http://www.creative-symposium.at/wp-content/uploads/2010/04/
folien_bergmann.pdf) wird er mit dem folgenden - klassischen -
Statement zitiert: "Eine sich hochtürmende Woge von neuen Technologien
kommt auf uns zu. Wenn wir still stehen, werden wir ertrinken, wenn
wir mit Fantasie und Intelligenz reagieren, werden wir die Woge wie
mit einem Surfbrett reiten, und sie wird uns heben, hoch wie wir noch
nie zuvor waren." Anders ausgedrückt: wenn wir uns an das
alte Arbeitsplatz-Arbeitssystem klammern werden wir ersaufen. Was wir
brauchen, ist eine von Grund auf neue Art die Arbeit zu verstehen, und
zu organisieren. Wir müssen ganz und gar anders arbeiten als bisher." 
   
Das nun könnte auch die Wirtschaftsinformatik erkennen! und sie könnte
eben auch erkennen dass sie an der Auftürmung dieser Woge ja eben auch
beteiligt ist, und - noch ein Satz zu Mertens' Vollautomation': damit
hat er den sich abzeichnenden Trend von Produktionstechnologien und
Ökonomie doch eben auf die Spitze getrieben, und ist aber eben genau
die Konsequenz, die Bergmann anspricht - dass wir eine ganz
grundsätzliche neue Art die Arbeit zu verstehen und zu organisieren
brauchen - schuldig geblieben. Und dabei ist es in der
Wirtschaftsinformatik geblieben, die haben dieses "Fass", das Mertens
mit seiner These der "sinnhaften Vollautomation" aufgemacht hat, nach
seiner Emeritierung schnell wieder zu gemacht, und machen sich nun
wieder nur noch Gedanken um die Optimierung von Unternehmensprozessen
und -interessen, als hätte es diese Erkenntnis der
systemtranszendierenden Potenziale der IuK-Technologien bzw.
insbesondere der Fertigungstechnologien nie gegeben.

In dieser Brennweite sozusagen, also mit Fokus auf
Unternehmensinteressen, kommen generative Fertigungstechnologien zwar
in Sichtweite, haben jedoch einen verschwindend geringen Anteil an der
Bandbreite der Themen, die die Fortentwicklung von
Unternehmensinteressen durch Anwendungen der Wirtschaftsinformatik
repräsentieren. Auch SAP hat z B den Fabber entdeckt, hat sich dazu
aber nur folgendes Szenario einfallen lassen: der Drehknopf einer
Spülmaschine ist abgebrochen, man kann nun von der lädierten
Spülmaschine ein Handyfoto machen, das irgendwo hin MMSen, da wird
erkannt was für ein Knopf das nun sein muss, der Knopf wird gefabbt,
und dann per Post zugesandt. Soweit ist die SAP also gerade mit ihren
Visionen. Wovon wir hier aber sprechen ist die "Vision", welche Art
von Arbeits- und Wirtschaftsorganisation benötigt wird, wenn die
Fertigungstechnologie so weit ist, dass z. B die ganze Spülmaschine
mit generativen Fertigungstechnologien hergestellt werden kann, oder
jedenfalls so gut wie komplett maschinell, oder jedenfalls so
maschinell, dass der Arbeitsplatzanteil der primären Produktion so
weit zurück geht wie nunmehr etwa in der Landwirtschaft, also
vielleicht 5 Prozent, oder noch weniger. Da wird eben das
traditionelle Modell von Vollbeschäftigung und Wachstum die Ökonomie
nicht mehr stabil halten können, trotz allen Geredes von neu
entstehenden Arbeitsplätzen im tertiären Sektor. Meine These ist, dass
eine rein Markt gesteuerte Wirtschaft dann zu volatil und instabil
sein wird, um eine einigermassen lebbare Existenzsicherung zu
ermöglichen.   

Und wie es dann eben anders gehen könnte, da tasten wir uns hier auf
Ökonux doch eben so langsam heran. Ich finde den neuen Webauftritt von
Bergmanns Neuer Arbeit (heisst jetzt NANK) übrigens sehr gelungen, und
seine integrative Kraft hat mich auch sehr beeindruckt, er schafft es,
wie ich finde, alle diese recht heterogenen Fäden zusammenzuhalten
bzw. zu führen, die auf die eine oder andere Weise ein Puzzleteil in
diesem grossen Gestaltungsprozess sein können, aus dem sich dieses
gesuchte ganz neue und nie vorher gesehene Bild doch zusammensetzen
könnte.        

Viele Grüsse allerseits, 
Ludger 
 
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