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[ox] begriffe



Und nochwas: Kann mir jemand erklären, was es mit dem "free Beer" auf
sich hat?

Stallman: (links)
"free society" eine gesellschaft ohne microsoft untertanentum und
at&t knechtschaft.

Raymond: (rechts)
"better software" hoehere effizienz, logische naechste stufe eines
technologischen quasi-natuerlichen evolutionsprozesses.

Thorwalds: (postmodern)
"free beer",  keine ideologie, sondern spass, vielleicht mal eine
spende, auf jeden falle nette leute auf der party.

vielleicht wuerde es sinn die einzelnen threads aufzuteilen, 
was sind unsere haupthematiken? ich weiss es nicht, versuche
nur mal lokal zusammenzufassen:


selbstaufloesung des kapitalismus

das urliberale Modell des Nachtwächterstaats,
der alles dem Markt überläßt, bis er sich konsequenterweise auflöst.
Gibt es eine nähere Erklärung
dieser Idee, oder ist das nur Blablabla ??

historisch-materialistischer ansatz

Nun kann mensch von den ChefideologInnen - ähm TheoretikerInnen des
Kapitalismus natürlich nicht verlangen, daß sie sich um historische
Wahrheit scheren.

Doch das kann man schon und sie tun es ja auch. Wie gesagt, North hat
mit seiner "Neuen Sicht der Wirtschaftsgeschichte" einen historischen
Ansatz in die Neoklassik eingeführt, der Vorwurf an die, wie sagtest Du
"ChefideologInnen", sie seien ahistorisch, ist damit hinfällig. 

um eine banale provokante these aufzustellen, der materialismus
marxens haelt mit dem informationszeitalter nicht mit und gehoert
in die mottenkiste der geschichte der industrialisierung. 
der hegelsche historische determinismus ist nur unschwer von
anderen determinismen zu unterscheiden. wie z.b. technischem
determinismus, sozialdarwisnismus und radikalem utilitarismus
(sachzwangsargument), allesamt "neo-liberale" argumente. 


Eigentum

Die Geschichte der Einhegungen in England um das 16. und 17. Jahrhundert
und noch ein wenig drum herum, dieses Kapitel nannte Marx die
"sogenannte ursprüngliche Akkumulation", seiner Ansicht nach war dieser
Teil der Geschichte nicht gerade von einem netten Umgang der Menschen
miteinander gekennzeichnet.... Bei North nun erfährt dieses
Geschichtskapitel eine andere Interpretation, "Die Entwicklung der
Institutionen in der frühen Neuzeit in Westeuropa ist eine Erfolgsstory
mit dem Titel 'Der Aufstieg des Abendlandes' (1992:114)" ------- ok. 

ich glaube man koennte noch weiter zurueckgehen. z.b. einfuehrung
des "neuen" roemischen feudal-rechts im mittelalter und die bauernkriege.
wie es kittler angedeutet hat, das urheberrecht muss fallen. es ist
ein derrivativ des privat und eigentumsrechts. und hier muessen grundlagen
neu erarbeitet werden. von mir aus eine neue johanna locke.
hier liegen auch die grenzen des "historischen materialismus"
denn digitaler code stellt einen historischen bruch dar fuer den ich
jedenfalls keinen konkreten vorlaeufer kenne. 

das problem ist das der historische determinsmus auch bei den 
neoliberalen beliebt ist und damit die ideologie-suppe noch mehr
kraft hat, angereichert wird mit technik-determinismus und
sozial-darwinismus. historische belege kann man 

waere es moeglich den weg nochmal zurueck zu gehen in der
geschichte des rechts und die genese des privateigentums
vs. allgemeineigentums bzw. der nutzungsrechte/pflichten
zu untersuchen ohne gleich historische unausweichlichkeiten
festzuschreiben. also zwischen ende der geschichte und
historismus einen von mir aus dialektischen mittelweg
zu finden?


rationalismus der neoklassischen oekonomie

integriert und damit kannst Du jetzt posthum alles als rational
erklären, was der Mensch tut - je nach Ideologie. Das Problem daran, daß
man alles erklären kann, ist leider, daß es nichts mehr erklärt. :-)

das spannende ist dass sowohl informatik wie oekonomie ja groesste
schwierigkeiten haben sich ueberhaupt als "theorie" zu behaupten.
sind es nicht eher eine reihe von "praktiken", erfahrungswerte, die
je sich je ihre grundlagen zusammensuchen um "probleme zu loesen". 
vielleicht kann dazu mal jemand aus der akademie was sagen?
dass irrationales verhalten sich wiederum rationalisieren laesst
zeigt ja die boerse, ausgangspunkt fast aller oekonomien heutzutage.
den boersengang von linux sollten wir genau beobachten.


motivation von GNU/Linux - primaer/sekundar sektor

Um vielleicht einen kleinen Bogen zu GNU/Linux zu schlagen: Ich denke,
daß GNU/Linux es geschafft hat, eine erhebliche Zahl von Individuuen,
deren Anreiz eben nicht primär monetär ist, zu einem großen
gemeinsamen zusammenzuführen.
Der monetäre Anreiz war nicht primär, weil er primär längst gedeckt war.
Wäre er das nicht gewesen, hätte er eine sekundäre Rolle gar nicht
spielen können, wäre Linux also nicht entstanden. Linux ist nicht
umsonst eben nur da entstanden, wo primäre Erwerbsquellen existierten.

Programmierung gehoert zum Informationssektor, und setzt damit auf
industrieller, agrarischer und sonstiger produktion auf. Linux ist
insofern eine Ausnahme als dass es einen Typ von "immaterieller
Arbeit" beschreibt der sich den Luxus nehmen kann fuers Allgemeinwohl
zu produzieren. Warum arbeiten Leute in Non-Profit Unternehmen? Es
gibt "Unternehmensziele" wie auch Lebensziele die nicht in erster
Linie monetaer sind, sofern ein Grundeinkommen gesichert ist. Warum
sind bestimmte Jobs beliebter als andere bei weniger Lohn? Der 
Reduktionismus der Oekonomen alles in Geldkreislaeufen zu denken ist
gerade in der "Informationsgesellschaft" problematisch. 


Geld & pragmatische Aesthetik

Nicht jede Transaktion von Information ist durch Geld ueberkodierbar. Flat
rates sind populaerer als micropayment. Warum? weil die Leute so
irrational sind, dass sie ab einer gewissen Grenze genug vom Geld
haben. Linux existiert weil Programmierer heutzutage kein Problem
haben Geld zu verdienen, aber oft vom Herzen her eigentlich an
guten Problemloesungen interessiert sind und nicht an lukrativen
Haesslichkeiten. In gewisser Weise mag also eine "pragmatische Aesthetik" 
Grund dafuer sein dass Software-Ingenieure lieber mit Linux arbeiten
als mit Windows.


Richtiges im Falschen

An dieser Stelle: Schluß mit der Romantik. Die Debatte läuft wohl auf
die Frage hinaus, ob es was Richtiges im Falschen gibt und das denke ich
nicht und dann weiter die Frage, kann sich wenigsten was Richtiges im
Falschen entwickeln und von dort aus beginnen autonom zu wirken? 

es ist nichts neues dass der Kapitalismus aehnlich eines Hurricans
in seinem Zentrum sein Gegenteil beinhaltet, z.b. neue Produktionsweisen
entwickelt die ihn an seine eigenen Grenzen bringen und die es gilt
aufs neue zu oekonomisieren. Immer wieder werden damit Produktivitaets
schuebe wirksam, findet eine "Verfluessigung" statt, werden ploetzlich
ineffiziente Bereiche stillgelegt. Der Kapitalismus beruht darauf sein
Kritiker in sich aufzunehmen und dadurch noch staerker zu werden.
einfach mal Schroeder/Blair fragen...


Kapital

Ah, und dann habe ich noch eine Frage: Kann mir mal jemensch
erläutern, was Transaktionskosten sind? 

Hm. Also, Transaktionskosten sind kein Geld, sondern "Aufwand". Ganz im
neoklassischen Sinne, in dem es kein Geld (monetär, klimper...) gibt,
sondern nur "Kapital".

super das ist genau die Info die mir fehlte... Grundlagen!
kann das ins glossar? Ist GNU/Linux eine Form von Kapital, wenn ja
wem gehoert es?


Senkung der Transaktionskosten

Transaktionskosten sind umso höher, je schwieriger es ist, ein Gut zu
messen. Normierungen wie die DIN-Norm oder die Etablierung von
Gütesiegeln sorgen daher für niedrige Transaktionskosten.

das ist spannend. den bei Linux liegt ja folgendes vor. es folgt
offenen standards, senkt dadurch eigentlich nach obiger Def. die
transaktionskosten, ABER wie "bemisst" sich der wert von Linux, 
free software allgemein? ist es der Wert der Red-Hat plus Suse
Aktie? genau hier muss man sehr vorsichtig sein. Suse hat vorgesort
mit den Suselabs, Xfree etc. also dem rueckfluss an die community, 
aber stimmt das verhaeltnis? wie ist es bei Red-hat. ab welchem
grad der oekonomisierung hoert die freiheit des Einzelnen gegenueber
der Allgemeinheit der linux-Community auf? 
kleiner vorschlag, john locke und die triebtheorie greifen hier
zu kurz. 
der trick ist die transaktionskosten gegen null laufen zu lassen
und sich ganz der entwicklung und optimierung zu widmen, d.h. 
wissen frei zirkulieren zu lassen. dadurch wird ein komplexes
system robust. wenn z.b. man anfangen wuerde auf einer mailingliste
leute fuer die "guete" ihre beitraege bezahlen zu wollen, oder
aehnliches waere das sicher der anfang vom ende solcher mailinglisten.

zur messbarkeit. nicht nur in der quantenphysik bedeutet die 
quantisierbarkeit oft eine veraenderung der systembedingungen und
damit der zu messenden phaenomene. linux finden zwar innerhalb des
digitalen aber zum teil ausserhalb oekonomischer transaktionskalkuele
statt. kann man das so sagen?

welche freiheit?

hacker sagen "information will frei sein"
aufklaerer sagten "wissen ist frei"
GNU befuehrworter sagen "software soll frei sein"
in mitteleuropa heisst es "die gedanken sind frei"

statt intellektuellem eigentum sollte nochmal der begriff der
arbeit ins spiel kommen. speziell "immaterielle arbeit".
der begriff von freiheit und offenheit sollte nicht aufgegeben
werden, eher spezifiziert. was ist gemeint und in welchem
universellem kontext, welcher "denkschule" waere diese
begriffe zu verstehen. was wir hier machen ist ja kontexte
sondieren.


Stallman ist in der Defensive. Raymond plus x haben "OpenSource" als 
Marketingbegriff erfunden, um freie Software den Wirtschaftsbossen 
schmackhaft zu machen. 

Raymond selbst bekommt aber als Missionar an Stelle des
Missionars gehoerigen Gegenwind. z.b. auf slashdot.org..
er hat auch schon beleidigt seinen Abgang angekuendigt. 
Netscape war ja nicht gerade erfolgreich mit Mozilla bisher
und ob Apple wirklich MAC OS als X-Windows-Ersatz in
PPC Linux zusammenkochen wird ist noch fraglich.
Das ganze Vermarktungsgerede um OpenSource ist ruehrend, 
voluntaristisch und konzeptlos, wenn auch im 
Prinzip wuenschenswert. Natuerlich ist es besser mit Linux
als mit Windows sein Geld zu verdienen! Nach dem
ersten Linxhype wenn sich die Wolken legen wird sich zeigen
wo die Vor und Nachteile von OpenSource liegen. Das wird 
die Leute aber nicht davon abzuhalten weiter freie Software
zu schreiben, ihre Artikel frei aufs Netz zu setzen, Musik
zu produzieren ohne dafuer Geld zu verlangen etc. Die
Informationsueberproduktivitaet ist laengst Teil der
Kulturproduktion und damit "irrational", lokal usw. 

tschuess, bis zur naechsten welle...


/pit





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