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Re: [ox] Ueberlegungen zur Liste (de)



On Mon, 26 Jul 1999, Pit Schultz wrote:

aber klar, das heisst, dass man sehr vorsichtig sein muss von operating
systems auf social systems zu schliessen und von open source auf open
economy. gerade in der universalisierung eines modells liegt ja die 
chance aber auch die gefahr. in postmoderner auslegung sagt man halt
open source ist ein lokales wissensgebiet hat aber nichts zu tun mit
open markets, und ideologien, also grosse erzaehlungen gibts eh nicht mehr.

(Da kann ich ja beinahe wieder konstruktiv werden.. :) Anmerke: Genau
gegen eine solche Übertragung der Entwicklungsprinzipien freier Software
auf andere Bereiche hat sich Herr Stallman in einem klitzekleinen
Interview vor dem eigentlichen Vortrag ausgesprochen...

[..]
die frage waere also: wird "open source" seine eigene postmodernitaet
d.h. indifferenz gegenueber ethischen und eher grundsaetzlichen fragen
halten koennen, ueberwinden, oder gar daran scheitern und eben in
diesen open markets aufgehen, deren regeln es derzeit wenn nicht zu aendern
so doch zu modifizieren ansteht.

*Das* wäre also die Frage??? 

Mir deucht, daß Du nicht nur mit dem Fremdwörterbuch neben der Tastatur
schreibst, sondern vielleicht auch die OSS Scene etwas über einen Kamm
scherst? Gibt es denn überhaupt eine halbwegs einheitliche OSS, gerade was
Motivation und 'ethisch-grundsätzliche Indifferenz' angeht? Gilt für
Mozilla, Apple, *BSD, Troll Tech etc. in dieser Hinsicht das gleiche? Und
wieso 'scheitern'? In welcher Hinsicht? (Kommerzieller) Erfolg, Anspruch
(und das gerade bei vorgeworfener Indifferenz?)?

eine andere auslegung waere, dass saemtliche politiken, speziell
ihre theorien eh bankrott sind, und das einzige heil in eben solchen
lokalen pragmatischen wissensgebieten liegt, man aber damit leben muss
dass es keine universalien zu finden und zu verlangen gibt.

Heil?

quelloffen ist sicher am praezisesten und am wenigsten auf andere bereiche
uebertragbar. was bleibt ist dass die rechtlichen, philosphischen und
politischen grundlagen, also die 'gesellschaftliche bedeutung' von 
public, open, free sourcecode licenses bisher nur in ansaetzen verstanden
ist. was es z.b. fuer den bereich der arbeit, und des eigentums, des
copyrights, der oeffentlichen hand usw. bedeutet. 

Agreed...
 
[..]
man kann aber sagen (wenn ich Sabine recht versteht) dass der "tausch", des
freien kopierens, alleine schon ein oekonomischer prozess ist. das ist
rishabs richtung.

Teilhabe am bisherigen Produkt gegen freiwillige Mitwirkung mag als Tausch
verstanden werden können.... Hilft uns dieses Verständnis weiter?

[..]
die oekonomisierung von open source,  der boersengang von red-had und suse
z.b. Dabei wird dann ganz spannend zuzusehen ob die community genug druck
ausueben kann dass der boersengewinn wieder z.T. rueckinvestiert wird in
entwicklung (a la xfree).

Never! Ein Kasten Bier (free beer, sozusagen), daß sie das nicht kann -
ich tippe eher auf Rückzug als auf Aufstand. Eine Reaktion, die ich jetzt
schon bei einigen GNU'lerInnen (GNUs?) sehe, ist der Boykott von SuSE, Red
Hat und dergl... (Rückzug also nicht aus der Szene, sondern eher
Distanzierung von den GewinnlerInnen)

[..]
open source kann bedeuten dass z.b. programmierer nicht mehr horrende honorare
verlangen koennen, bloss weil ihr wissen so rar ist, was wiederum im 
interesse der lohnzahlenden ist, die letztlich ganze layer von software 
umsonst kriegen.

Wieso? Weil es (quasi-)freie Alternativen zu bezahlter Softwarearbeit
gibt, wie der Votragstitel a la 'OSS als billiges Outsourcing' auf der WOS
andeute (aber nicht hielt)? Software will weiterentwickelt, gewartet und
für spezielle Fälle angepasst werden, das gilt auch für frei-quelloffene,
und selbst in der GPL wird auf diese Verdienstmöglichkeit an freier
Software bezug genommen.

es wird sich zeigen wann Apple z.b. einfach nur noch eine
art MAC OS KDE auf PPC Linux aufsetzen wird und damit ziemlich arbeitsplaetze
einspart. 

Das sind ja Visionen, wie mensch sie sonst nur in Linux Advocacy Foren zu
lesen bekommt ;)

wenn aber nicht alles der privatwirtschaft ueberlassen wird, sind
scenarien denkbar bei denen open source entwicklung technikstrategisch
von staatlicher bzw. europaeischer ebene gefoerdert wird, im sinne der
unterstueztung "oeffentlicher" IT-infrastruktur. die frage ist also ob sich

Da hätte mich noch mehr Butter an den Fischen des
Bundesregierungsvertreters zum Thema GNU Privacy Guard interessiert... Kam
aber nur gelber Schaum...

die grasswurzel bewegung eher in richtung privatisierung,
institutionalisierung
oder aber was Benny Haerlin erwaehnte eine dritte form, naehmlich etwas
NGO artiges entwickelt. Dass OSS in den Haenden der vielen kleinen Firmen
bleibt ist ein heeres Ziel, aber am Beispiel Internet bzw. Hardwaremarkt

Aus meiner Sicht ist OSS nicht generell in den Händen kleiner Firmen,
sondern eben eher in der public domain... Sie mögen davon profitieren,
aber halten sie nicht 'in ihren Händen'...

prozesses ist. Vielleicht geht das auch alles zu weit und man interpretiert
zu viel in diese kleine und durchaus hilfreiche Softwareentwicklungs
innovation.

Womöglich! Vielleicht ist das kapitalismuskritische Festkrallen am
OSS-Phänomen und die Hoffnung auf dessen Verallgemeinerbarkeit die Suche
nach dem 'Heil' in der Nähe 'pragmatischer Wissensgebiete', die Du ja
weiter oben herbeizitierst, da eben auch alle theoretische
Kapitalismuskritik gerade ziemlich ins Leere greift...?

[..] 
interessant scheint mir dass hier ein sehr anti-universalistisches
sozusagen postmodernes prinzip wirksam ist. und genau hier sollte auch

Was?
 
ist open source sozusagen die "atomkraft" des informationszeitalters?

Oder das Viagra der Informationsgesellschaft?

ja, motivation ist ein wichtiger punkt. was treibt die leute dazu freie
software zu schreiben. in den drei faellen koennte es bedeuten:

"free society" eine gesellschaft ohne microsoft untertanentum und
at&t knechtschaft.

Oder um es positiv zu formulieren: Eine Computer Community, die ihr Wissen
ungehindert miteinander teilen kann... Scheint mir einem herkömmlichen
Wissenschaftsverständnis nicht unähnlich, wo Wissen publiziert wird,
andere dieses aufnehmen und weiterentwickeln können... Im Idealfall
zumindest...
 
"better software" hoehere effizienz, logische naechste stufe eines
technologischen quasi-natuerlichen evolutionsprozesses.

Ermöglicht durch die spezifischen Eigenheiten des quelloffenen,
lizenzarmen Entwicklungsprozeß.

"free beer",  keine ideologie, sondern spass, vielleicht mal eine
spende, auf jeden falle nette leute auf der party.

Agreed... (Wer könnte zu 'free beer' nicht 'agreed' sagen... ;) Dabei ist
diese Aussage Linus schon etwas untergeschoben (sicherlich auch wegen
seines Gebrauchs von 'virtual beer' :), die anfänglichen Diskussionen mit
Andrew S. Tanenbaum (der frühe 'Linux is obsolete'-Thread auf
comp.os.minix) lassen noch ein Quentchen vom 'A-Typ' ('free as in
freedom') erkennen, denn schließlich releaste er unter der GPL und nicht
unter der 'do-whatever-you-want'-Lizenz. In der weiteren Entwicklung
outete er sich IMHO als unideologisch und eher als Vertreter der 'better
software'-Fraktion.

[..] 
hihi. ich schlage mal vor am Arbeits und Eigentumsbegriff statt an
begriffen von Aufmerksamkeit und Reputation alleine weiterzugraben.
im speziellen "immaterielle Arbeit" bzw. "Buergerarbeit" mit gesichertem
grundeinkommen, und "Allgemeineigentum" engl. "commons", fuer die 
eigene Formen der Pflege und Knappheitsdefinition gefunden werden muessten.

Urgh! Ist das zum jetzigen Zeitpunkt nicht etwas weit hergeholt?

Tim O'Reilly hat bereits angedeutet dass Open Source schon heute Millionen
Dollars Profit erzeugt, z.b. UUNET. Der Vergleich waere die Benutzung eines

Ich war bei diesem Vortrag nicht bei... Wieso UUNET? Weil frei-quelloffene
Software darüber downgeloaded wird und Leute dafür blechen??

[..] 
Und überhaupt: Sollte sich Eric S. Raymond tatsächlich als 'rechter
Anarchist' erweisen, hab ich trotzdem deswegen kein Problem mit seinem

Flames expected... :)
naja, seine texte sind enorm wichtig und einflussreich, was er privat
macht ist sein ding. war eher als zuckersteuckchen gedacht ...

slurp! Geschluckt! :)

Wie es jedem Begriff ergehen kann...

hier hat auch Sabine auch nachgehakt. Das Problem ist dass Offenheit
zu einem universellen Prinzip werden kann, im Sixpack mit anderen
"Werten". Wollt ihr Menschrechte muesst ihr auch fleissig Coca-Cola
trinken und Big Macs essen, euch uebers Internet fortbilden und
Hollywoodfilme gucken. Falls Open Source zu einer aehnlichen Boom
fuehrt wie das Internet, kommt vielleicht noch ein weiteres 
Produkt dazu... Wer sich diesen Weihen des Kapitalismus wirksam
widersetzt wird schnell zum Terroristen, Fundamentalisten, Nationalisten.

Und Moralisten! (s. irgendeine andere Mail in dieser Liste... hihi)
 
Bei diesem Internetvergleich fällt mir doch glatt ein, daß das Internet
als solches - wenngleich als Rüstungsprojekt gestartet - doch alsbald vor
allem akademisch und offen genutzt wurde. Und ein Artikel auf
http://www.heise.de/tp gemahnte mich jüngst (holla.. :) wieder des
Umstandes, daß im Prinzip das gesammte Internet auf freien, quelloffenen
Standards und Implementationen fußt. Eingedenk dieser Tatsache (hust!) und
alarmiert über die Zukunft von GNU und OSS möge mensch dann mal die
Aolisierung (sprich: Kommerzialisierung) desselben betrachten. Womöglich
wohnt der ganzen frei-quelloffenen Motivation ein biw zwei Gramm Protest
gegen eben jene totale Kommerzialisierung des Netzes inne?

ok. zu penibel sollte man nicht an den worten haengen. wer GNU-linux
sagt soll das gerne tun, andere werden red-hat-linux sagen. der 

Wobei dieses Beispiel (Red Hat Linux) nun gerade einen Kernkritikpunkt an
der wirtschaftlichen Nutzung der frei-quelloffenen Sotzware streift: Nicht
nur die wirtschaftliche Teilhabe, sondern die Vereinnahmung des
Softwaresystems für eigene wirtschaftliche Zwecke! Bis dahin, daß Produkte
für Red Hat Linux lizensiert werden, als würden sie nur mir Red Hats
Distribution funktionieren...

unterschied vom einem zum anderen ist diskutierenswert. spannend ist
das letztlich wer ueberhaupt das recht hat sich zu beschweren bzw.
mitzuentscheiden. zuerst einmal die entwicklercommunity, dann aber
auch alle die geld in den pott werfen (ibm et. al), institutionen
und letzlich die nutzer. ob das schon ein soziales system ist?

Ich meine ja, jedeR darf sich beschwerden. :)

In deisem Sinne,

Oli
-- 
Oliver Hillmann, Berlin (Germany) <ohil tequila.in-berlin.de>






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