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Re: Ehrenamt und Tauschwert (was: Re: [ox] Zu allem etwas (-D))



hallo, 

als zuschauerleser auf der liste finde ich die diskussion ungewoehnlich spannend
und hoffe sehr dass sie weiterfuehrt. ich will ein paar fragen einwerfen, bevor
die matadore/in weitergehen. - ich hab in einem anderen leben mal marxismus
studiert an der seligen karl-marx-universitaet, jetzt bin ich
*scheinselbstaendig* im markt unterwegs, arbeite zb fuer eine marketingagentur,
habe mikro mitgegruendet, deshalb lese ich hier mit und geb ein paar
gedankensplitter meist als fragezeichen zum besten, niemand muss sie sich in den
diskurs ziehen lassen:

ist der tauschwert per definitionem (und ist die definition zb von marx fuer uns
bindend) nur an die warenform geknuepft?
oder ist die warenform nur die bisher maechtigste aeusserungsform des
tauschwerts?
wie verhaelt sich die gabentauschtheorie (marcel mauss, spaeter dann baudrillard
- symbolischer tausch und tod ua -) dazu?
vgl. auch das kommunistische manifest, die aufhebung alter (tausch)
verhaeltnisse durch das kapital? restrisiko?
und die gespensterdebatte im anschluss daran, von gramsci bis hin zu *marx'
gespenstern* bei derrida? 

ist linux ein wirkungsvolles gespenst das um- undoder eingeht im/in den
kapitalismus?
oder nur ein retrovirus des zuenftigen handwerks bei der jetzt historisch
absehbaren durchsetzung (?) des weltmarktes, der bei marx eine immer
vorausgesetzte theoretische abstraktion war (ihn -voreilig- als realisiert
anzunehmen war ja doch auch ein irrtum der linken vor dem 1. weltkrieg, zb von
rosa luxemburg following hilferding)? also eine herstellungsmode, ein stil der
bereitstellung neuer verwertungsketten, eine im sinne der herrschenden
x-verhaeltnisse zulaessige aesthetik der produktion? usw.

ehe wir das phaenomen fuer sich diskutieren, muessten nicht zb die
produktionsverhaeltnisse seiner entstehung und wirkung, dh der (zb
makro-oekonomische) kontext untersucht werden? dh die wertformen und
wertschoepfungsketten der arbeit an linux etc.?

mir scheint es bei allen beitraegen auf der liste - ich hab nicht alle gelesen -
einen konsens des unbehagens an den kapitalistischen verhaeltnissen zu geben,
nur dass das vertrauen in die erloesung eher verschunden ist. und dann?

was ist marx' theorie wert ohne seine eschatologische gewisssheit der
(selbst)aufhebung des kapitalismus?

fuehren wir hier die debatten der junghegelianer neu auf? werden also stilfragen
entscheidend (stil als biographischer, immer auch persoenlicher einbruch in die
alltaegliche naturform der gesellschaftlichen verhaeltnisse, als "dialektischer
blitz", im sinne von benjamin und barthes?) oder ist der verabsolutierte stil
(bei bauer, stirner, etc. hiess es das subjekt etc.) nur ein kleingarten an der
peripherie der (markt)gewalten?

wo genauer sind die risse im *system*? ist free software wirklich abgruendig?
wann und wo?

bei wos war immer die rede von anerkennung ua symbolischen gratifikationen, sind
das nicht auch tauschwerte, dh ist status, zb in der entwicklercommunity,
knowledge zu linux ua freier software, nicht auch ein von vornherein
kapitalisierbarer tauschwert, der von den beteiligten am markt nahezu
durchgaengig realisiert wird (und sei es als assistenz, professur etc.)? und die
anderen nutzer sind konsumenten, die die ware umsonst bekommen, aber von den
(sekundaeren) verwertungszusammenhaengen (qua zu geringem wissen, fehlender
bereitschaft/zeit zum erwerb der notwendigen handwerklichen, programmier
kenntnisse) ausgeschlossen und auf dem (kostenfrei) erworbenen gebrauchswert
beschraenkt bleiben? muessen wir alle programmieren lernen um zur historischen
avantgarde zu gehoeren (oder die codierungsweisen verstehen um an die grenzen zu
geraten?)

geht das alles ohne (markt)zahlen? 

theoriezen?

warum nicht.

bis bald
herzliche gruesse
thorsten



Sabine Nuss schrieb:

Hi Stefan!

Stefan Meretz schrieb:

Ich habe Dir, Sabine, versucht zu beschreiben, warum Freundschaftdienst
nix mit Linux-herstellen gemein hat. Das war das Ding mit der Produktivkraft
der Arbeit. War das total unverständlich?

Nein, nein, war schon verständlich. Hat mir aber nicht eingeleuchtet.
Schau, ich sage, Hobby-Modellflugzeugbau ist das gleiche wie Linux. Und
als Gegenargument sagst Du "Der Linux-Basar unterliegt den
Verwertungsbedingungen nicht"....na, wo ist denn da der Widerpruch? Ich
sage Linux ist wie ein Hobby, derzeit unterliegt also defakto nicht den
Verwertungsbedingungen (ich rede nun nicht von Support und Distribution)
es entsteht aus&in den verwertungsbedingungen zb von wissenschaft als
produktivkraft

Der Sache mit der Produktivkraftentwicklung stimme ich zu, nein: glaube
ich verstanden zu haben...es gibt eine bestimmte Zusammensetzung
(quantitativ, qaulitativ, usw.), historisch usw. Aber erlaubt das
Schlüsse für die Zukunft? Steckt da eine Art Gesetzmäßigkeit drin? Daß
da irgendeine Form von "Ende" in Aussicht gestellt ist, wie Du sagst,
das glaube ich nicht. Ich vertraue in eine unendliche
Verwertungsphantasie des Kapitals...

Wenn wir das mit der PK-Entwicklung mal weglassen und uns nur Deinen
Satz "Der Linux-Basar unterliegt den Verwertungsbedingungen nicht"
ansehen...kannst Du mir diesen Satz an der Sache selbst erklären, ohne
eine PK-Entwicklung? Ich denke schon, er könnte verwertbar gemacht
werden. kommt halt drauf an. Weißt Du: Wahrscheinlich habe ich Dich doch
nicht verstanden.

Mit eurem
(Sabine und Stefan Mn.) Versuch, unbezahlte Arbeit *als solche* mit der
unbezahlten Arbeit *Linux-machen* erstmal gleichzusetzen, um dann
irgendwelche Unterscheidungsmerkmale zu finden, kommt ihr nicht weit,

Ich denke, es wäre schon sehr weit, wenn wir das unter uns geklärt
hätten. Du gehst davon aus, daß es nicht das gleiche ist, ich habe es
noch nicht eingesehen (s.o.). Solange das ungeklärt ist, können wir
eigentlich nicht weiter machen, oder? Und nun nicht schimpfen, nur weil
ich Dir *noch immer nicht zustimme*.....

:-)

Liebe Grüße
Sabine

-- 
...

Die Wetter schlagen um:
Sie werden kaelter.
Wer vorgestern noch Aufstand rief,
ist heute zwei Tager aelter.
<Thomas Brasch>

thorsten schilling schoenhauser allee 135, 10437 Berlin 
tel*fax: +49 30 44 34 18 12




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