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Re: [ox] Das Programmieren



Stefan Merten <smerten dialup.nacamar.de> writes:
Würde ich mal zusammenfassen zu: Programmieren birgt ein hohes
Potential an Kreativtät und i.d.R. sind auch die Freiräume dafür
gegeben, diese Kreativität auch auszuleben. Könntest du das
unterschreiben?

Ja, genau das meine ich.


Am ähnlichsten ist diese Tätigkeit vielleicht wissenschaftlichen oder
künstlerischen welchen - oder?

Ja, praktisch eine Mischung, kann man so sagen. Und zwar meist auf
einem relativ abstrakten Level, ähnlich wie bei Malern, die niemand
versteht. :-)

Vielleicht kann man/sollte man unterscheiden zwischen professioneller
Softwareentwicklung, die mit schon eher mit wissenschaftlicher Arbeit
vergleichbar ist, und dem eigentlichen Umsetzen/Programmieren, welches
auch schon "jugendliche Würstchen" in beeindruckender Weise können.

Es gibt also logischerweise tausend Abstufungen dazwischen, aber der
Vergleich mit künstlerischen Tätigkeiten ist mir selber auch schon
gekommen.


Aber ich will auch noch auf einen anderen Punkt eingehen.
Programmieren ist auch Machtausübung. Die ProgrammiererIn übt durch
ihre Tätigkeit Macht auf eine Maschine aus. Und auf eine hochkomplexe
Maschine noch dazu. Nicht umsonst ist es auch heute noch relativ
angesehen, wenn jemensch mit Computern virtuos umgehen kann, sie im
wahresten Sinne des Wortes beherrscht.

In einer Welt, in der sich der einzelne Mensch in praktisch allen
Bereichen, jedenfalls aber allen gesellschaftlich als machtlos erlebt
- - und das ist ja nicht eingebildet -, finde ich das einen sehr
wichtigen Aspekt. Hier wird m.E. den vereinzelten, in die Welt
geworfenen Menschen ein Erlebnisraum geöffnet, in dem sie sich als
machtvoll erleben, in dem sie ihre Kompetenz sich und anderen unter
Beweis stellen können.

Auch hier sehe ich einen deutlichen Hinweis auf eine künftige
Gesellschaft, in der die Menschen eben mehr Einfluß auf ihr eigenes
Leben haben müßten als sich heute dem stummen Zwang der Verhältnisse
(vulgo: Geld) ausliefern zu müssen.




Außerdem gibt es die klassische Form der Meisterschaft nicht mehr, die
darauf beruht, daß man eine bestimmte Tätigkeit durch extreme Routine
aus jahrelanger Wiederholung beherrscht (wie z.B. Holzoberflächen
polieren, ein Produkt verkaufen, Schweißen, Löten, Bilanzen
erstellen).

Kaum ein Programmierer wird also jahrelang Textprogramme schreiben,
die funktional immer gleich sind, aber jedes Jahr "darin besser"
werden. - Die Meisterschaft besteht eher darin, einen immer höheren
Grad der Komplexität zu beherrschen.

Einspruch Euer Ehren! Auch beim Programmieren gibt es AnfängerInnen
und Fortgeschrittenere - und auch Meister würde ich meinen. Das
definiert sich sicher anders als du oben beschrieben hast. Mein
Diplomarbiets-Betreuer meinte mal, was einen guten Ingenieur (auch
InformatikerIn) auszeichne, sei, daß sie schnell die richtige Idee
hätte. Und da hilft Erfahrung ganz heftig weiter - einfach weil die
Datenbasis für's Pattern-Matching größer wird.

Richtig. Daß ich mit dem Routine- und Meistergedanken nicht 
ganz richtig liege, habe ich auch schon festgestellt.

Erfahrung und Routine sind vermutlich ein eigenes komplexes Thema für
sich selbst, was zu diskutieren aber hier nicht unbedingt Sinn macht.


Trotzdem, weil wir gerade dabei sind, schnell noch ein paar Gedanken:

Die Menge an Erfahrungen macht uns übrigens auch zunehmend
langsamer. Das habe ich mal von einer Psychologin gelernt, die uns
Geduld mit älteren Kollegen vermitteln wollte. Recht hatte sie.

Ich persönlich hatte mit älteren Softwareentwicklern aber auch noch
nie ein Problem, sondern fand es immer hochinteressant, auf Arbeit
einen alten Kollegen nachdenken zu sehen. Was dieser an Ideen
anschleppt, ist einfach grandios, man mußte ihm nur genügend Zeit
geben und nicht einen auf hektisch-jugendlich-dynamisch machen.

(Wenn ich darauf Einfluß hätte, würde ich mir immer ältere
Softwarekollegen ins Team holen.)

Das ganze hat allerdings auch nichts mit der Routine zu tun, auf die
ich hinauswollte, aber darüber muß ich sowieso noch länger nachdenken.


GreetinX
Steffen
-- 
Steffen Schwigon
<schwigon innocent.com>




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