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Re: [ox] [ox] ein paar Einwürfe



Hallo alle zusammen,

Thomas Uwe Gruettmueller wrote:

Damit diese Übergangsphase
überhaupt eingeläutet wird, bedarf es aber noch gewisser
Voraussetzungen, die im Moment noch nicht da sind. 

Eine wichtige Voraussetzung, die bisher immer gefehlt hatte, war eine
Vorstellung dessen, was die Organistionsformen und Lebensmodelle des
Kapitalismus ersetzen soll. Ich denke, daß durch die neueren
Diskussionen über eine vernetzte nachkapitalistische Produktionsweise da
viel gebracht hat, auch wenn die Einzelheiten niemals alle perfekt
vorauserdacht werden können. 

"GPL- Gesellschaft kommt auf uns zu"

Dies ist eine mögliche Zukunft - bisher war sie noch nicht einmal
gedacht worden. Ob sich diese Möglichkeit realisiert, ist eine andere
Frage. Auf jeden Fall kommt nicht sie auf uns zu, sondern sie zeigt sich
als möglich und WIR müssen sie MACHEN, wenn wir denn wollen. 

Dazu, daß die Hardware nicht vom Himmel fällt, fällt mir aber auch
ein, daß Software ohne Hardware nicht existieren kann und die

Und die Macher ohne Lebensmittel nicht - hier ist die alte Frage nach
dem Eigentum und der Verfügbarkeit von Lebensgrundlagen und
Produktionsmitteln durchaus mit enthalten. 

Über eine GPL- Gesellschaft (d. h. über eine Gesellschaft, die in
einer Wirtschaftsordnung lebt, die sich aus dem Kapitalismus
herausgebildet und diesen überwunden hat, weil sie sich den
Erfordernissen der durch die GPL gesicherten GNU/Linux- Arbeitsweise
angepaßt hat) zu spekulieren ist tatsächlich ein wenig seltsam, zumal
nämlich zur selben Zeit, in der wir gerade den Kapitalismus
überwinden (wollen), andere Menschen noch in der Steinzeit leben.

a) Wenn sie in ihrer Lebensform bleiben wollen, steht uns kein
abwertendes Urteil dessen zu.
b) Wo diese "primitive" Lebensweise allerdings nicht selbstbestimmt ist
- ist sie (bzw. das Verbleiben darin) wesentlich eine Folge der
Herrschaft des Kapitalismus (verzeiht diese altmodische Bezeichnung,
aber sie ist die kürzeste) - und kann selbst nur  aufgehoben werden
durch die Beseitigung dieses Kapitalismus. 
c) Ansonsten war es ja noch nie ein Argument gegen Veränderungen in
wichtigen Weltbereichen, daß woanders noch ältere Formen weiter
bestanden haben... (sonst würden wir ja alle noch in der Steinzeit
leben).

b) Bevor eine Linux- basierte, basisdemokratische Super- Ökonomie
überhaupt erst entstehen kann, müssen die 99 % der Weltbevölkerung,
die noch nicht einmal einen Computer haben, in den Genuß eines
solchen, zunächst aber gegebenenfalls zumindest in den von Nahrung,
Kleidung, Wohnung, Bildung kommen.

Darauf werden wir in der jetzigen Produktions- und Wirtschaftsweise ewig
umsonst warten! Das wäre sehr pessimistisch. 

Punkt b hat zwar nicht viel mit Linux zu tun, ist aber sicher auch ein
wichtiger Kritikpunkt an der Vision "GPL- Gesellschaft"

Ich glaube, das bringt die Argumente durcheinander. Es ist doch nicht
so, daß die Linux-Leute für sich eine ideale Gesellschaft schaffen
wollten und die Rest-99% auf ihrem Level dahindarben lassen. Die
Motivation, über eine nichtkapitalistische Gesellschaftsform
nachzudenken, kommt bei vielen, wenn nicht den meisten, ja gerade aus
der Kritik der globalen Wirtschafts- und Lebensweise, die dazu führt,
daß es solche Polarisierungen im Lebensniveau und den Lebenschancen
geht. 
Innerhalb des Kapitalismus sehe ich jedoch überhaupt keine realistische
Hoffnung mehr darauf, daß sich das ändern könnte. Eher im Gegenteil, je
länger wir den machen lassen ("Globalisierung"), desto schlimmer wird es
noch. 

Ahoi Annette

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*   Annette Schlemm			*
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