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Re: [ox] das Wesen des Menschen



Hi,

Sabine Nuss schrieb vorhin:
Ich will halt nochmal doch das alte Ding mit dem "Das Sein
bestimmt das Bewußtsein" bemühen, wobei ich überzeugt bin,
dass auch das "Bewußtsein bestimmt das Sein" mit dazu gehört
(nicht ausschließend, sondern wechselwirkend). Dies zu denken
dürfte nicht schwerfallen, schließt aber Sätze wie "die Leute
würden dann mehr mitnehmen, als sie wollen", oder "die wären
dann faul oder aggressiv" völlig aus. Es geht wirklich nicht, dass
hier zu beobachtende Verhaltensauffällgkeiten von Leuten
ahistorisch ins zeitlose, naturhafte Wesen des Menschen hinein
gedacht werden. Da landen wir im Nichts oder in Ideologie. Es läßt
sich schlicht nichts (!!!) sagen, darüber, wie der Mensch wäre wenn.

Hmmm...  aber ist diese Negierung nicht *auch* eine Ideologie ?
(d.h. die Behauptung, dass es eben *kein* solches "Wesen" gibt)
Wenn nein, warum nicht ?
(Dass das ganze Thema in Forschung und Politik tabuisiert wird,
 deutet eigentlich schon darauf hin, dass es eine Ideologie ist..)


Es gibt wohl beides:  Ein gewisses "Basis-Wesen" (angeboren), auf
das dann von der jeweiligen Kultur/Epoche ein "Kultur-Wesen" (erlernt)
"draufgesetzt" wird.  Komplizierend kommt dann hinzu, dass es auch ein
überlagertes Spektrum von *individuellen* "Wesen" gibt, wobei dieses
Spektrum anscheinend auch kultur-abhängig ist (wie auch die
"Selektions-Kriterien", die dieses Spektrum beeinflussen).

Die Frage ist also, ob die von Hartmut Pilch aufgezählten Eigenschaften
(die einer GPL-Gesellschaft in der Tat ziemlich im Wege stehen könnten)
zum Basis-Wesen oder zum Kultur-Wesen gehören, und inwiefern (wie stark)
solche Eigenschaften im überlagerten individuellen Spektrum ausgeprägt
sind.


Zum Stichwort "ahistorisch ins zeitlose ... Wesen ... hinein gedacht"
möchte ich eine Studie erwähnen, die gemeinsame viktimologische
Strukturen bewaffneter Konflikte des Zeitraumes von 2885 v.Chr. bis 1973
(also von fast 5 Jahrtausenden) untersucht hat, und dabei signifikante
Gemeinsamkeiten fand.  Die Studie wurde bei der deutschen Stiftung
für Entwicklung und Frieden (SEF, Bonn) publiziert und kann im Volltext
bei  http://www.iac-research.ch/SEF/Papier.html  nachgelesen werden.
(Eine Schnell-Übersicht findet sich im Anhang B.)


Wenn wir gerade beim Thema sind:  Annette Schlemm schrieb am 1.10.:

Es gibt (gab, wird geben) auch gesellschaftliche
Verhältnisse ohne Herrschaft.

Historische Beispiele von solchen würden mich interessieren.
(aber wirklich ganze Gesellschaften, nicht nur eine self-selected group)

Gruss,
Christoph R



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