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Re: [ox] Wesen et al



Hi Annette, Thomas, alle!

Danke, Thomas, für dieses Stückchen Fromm. Auch wenn ich mit seinen
moralisierenden Argumenten am Ende nicht so ganz einverstanden bin,
finde ich die vorherigen Erläuterungen sehr eingängig und
nachvollziehbar. Schön auch, daß du die historische Einbettung des
Beitrags mitgeliefert hast.

Last week (9 days ago) Annette Schlemm wrote:
Das Individuum muß gleichsam
automatisch in Übereinstimmung mit den Normen seiner
Gesellschaft handeln. Das bedeutet, daß der
gesellschaftliche Verhaltenszug zum Charakterzug werden
muß....
In jeder Gesellschaft gibt es eine Reihe von
Charakterzügen, die der Mehrheit ihrer Mitglieder
gemeinsam ist: den "Gesellschafts-Charakter". Er hat die
Funktion, das Überleben der Gesellschaft zu sichern.

Genau dies ist m.E. eine überkommene, aber nicht stimmige Form der
Vorstellung des Verhältnisses von Gesellschaft und Individuum. Es ist
eine systemtheoretische Sicht: das Element hat nur die Funktion, das
System zu sichern...

Das hat E.F. aber nicht nur gesagt wenn ich ihn richtig verstanden
habe. Dieser Gang der Dinge, diese Anpassung des Indivduums hat
durchaus auch Funktionen für das Individuum. Wäre das nicht so, würden
es Individuen nciht tun, denn das hier...

i) Menschliche Gesellschaft dagegen ist prinzipiell davon
gekennzeichnet, daß der Einzelne IMMER DIE MÖGLICHKEIT HAT, sich
unmittelbar zu beteiligen oder nicht.

...würde ich auch sagen. Allerdings müssen wir dann doch noch sehr
verhandeln, wie groß die Möglichkeit je ist.

Meist sind kulturelle Veränderungen - auch bei Einzelnen - aber
vorgängig, sie werden nur lange Zeit "ausgemittelt" - aber sie kommen
nicht erst, wenn sie gesamtgesellschaftlich gebraucht werden.

Das finde ich einen wichtigen Hinweis. Für die engere Oekonux-Debatte
heißt das nämlich gerade, daß die Keimformen schon da sind, sich schon
länger entwickeln. Allerdings an Stellen, an denen es wohl die
wenigsten Linken vermutet hätten ;-) ...

Je mehr Diskrepanzen aber zwischen den
gesellschaftlichen und den humanen Bedürfnissen bestehen,
desto schlechter ist die Gesellschaft. In diesem Fall hat
der einzelne nur noch die Wahl zwischen einem schweren
Nervenzusammenbruch oder der Veränderung seiner
Gesellschaft, damit diese die Bedürfnisse des universalen
Menschen besser erfüllt.

Hier steckt der wahre Kern drin: Der Mensch hat die Wahl. Blöd nur, wenn
er sie erst in der Alternative des Nervenzusammenbruchs hätte. So weit
bin ich noch lange nicht und will trotzdem die Gesellschaft verändern...

Na, dann bist du ja schon bei der zweiten Alternative :-) . Ich auch
:-) .

Ich glaube, daß E.F. da etwas sehr Richtiges gesehen hat. Auf der
individuellen Ebene heißt das nämlich - und das ist psychologisch
beobachtbar (indem die Betroffenen gefragt werden, Stefan, was gute
Psychologie tut) -, daß, wenn die Diskrepanz zwischen je individuellem
Bedürfnis und gesellschaftlicher Vorgabe zu groß wird, die Flucht in
pathologische Zustände in einigen Fällen die einzige Rettung für das
betroffene Individuum ist. Nervenzusammenbruch ist nur eine
Möglichkeit, Sucht eine oft verwendete andere.


						Mit li(e)bertären Grüßen

						Stefan


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http://www.oekonux.de/



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