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Objektivitaet (war:Re: [ox] Wesen et al)



Vor langer Zeit (23.10.) Bernd wrote:

Eines ist mir nicht klar geworden. Wuerdest du behaupten
Objektivitaet bei der Beurteilung von geschichlichen Vorgaengen gibt es
nicht?
Es muss doch eine Dialektik zwischen Objektivitaet und Subjektivitaet
geben.
BITTE, BITTE , BITTE, BITTE, BITTE, BITTE, BITTE, BITTE :-)

Es ist schon ein Problem, einerseits der falschen Objektivierung des
Subjektiven zu entgehen, andererseits nicht in Subjektivismus zu landen. 
Im Wesentlichen beziehen wir uns ja auf die Kritische Psychologie und
diese will ganz bewußt eine Subjekt-Wissenschaft sein. Da steckt die
Dialektik drin: Subjektives und - Wissenschaft hebt auch immer auf etwas
Objektivierbares ab, sonst wärs keine. 

Ganz am Ende seines 600-Seiten-Wälzers hat Holzkamp ein ganzes Kapitel
"Objektivierungskriterien subjektwissenschaftlicher Aktualforschung". 
Ich möchte nur einige Anregungen daraus vorstellen (alle Seitenangeben
beziehen sich hierauf):

Die jeweils "subjektiven Möglichkeitsräume" werden durch jeweils lage-
und positionsspezifische Lebensbedingungen des Individuums bestimmt - es
gibt deshalb so etwas wie einen "typischen Möglichkeitsraum" (S. 551). 

Allerdings kann niemand "von außen" in die Gesellschaft hineinsehen und
festlegen, wer welchen Möglichkeitsraum hat.
"Somit wird der Einzelne nicht von irgendeiner ihm gegenüber abgehobenen
Wissenschaftsinstanz dem Möglichkeitstyp subsumiert, sondern "je ich"
habe jeweils in Analyse meienr eigenen Handlungsfähigkeit/Befindlichkeit
unter den "typischen" Lebensbedingungen "für mich" zu klären, wieweit
ich mich beim jeweiligen Stand der Entwicklung des Konstrukts dem
angesetzten "typischen Möglichkeitsraum" hinsichtlich meines eigenen
Möglichkeits/Realisierungsverhältnisses subsumieren, dieses also als
"einen solchen Fall", nämlich den im Möglichkeitstyp angenommenen,
verallgemeinern kann, wobei ich das Resultat dieser "Selbstanwendung"
des Möglichkeitstyps in jeder Phase seiner gemeinsamen Ausarbeitung in
einen metasubjektiven Forschungsprozeß zurückzumelden habe." (S. 553f.)

Forschung kann deshalb nur DURCH die je einzelnen Menschen erfolgen.
Sie können sich (metasubjektiv) über ihre je eigenen Möglichkeitsräume
verständigen und herausbekommen, welche Typen von Möglichkeitsräumen es
unter welchen Bedingungen für sie gibt. Dieser gemeinsame Prozeß kann
für die/den Einzelnen sehr förderlich sein. 

Aber auch etwas Allgemeines kristallisiert sich heraus (Allgemeines als
Ergebnis der Wissenschaft). Dabei wird aber nichts wegabstrahiert (was
i.a. unter Verallgemeinerung verstanden wird), sondern es ist möglich
Unterschiede zu begreifen als verschiedene Erscheinungsformen des
gleichen Verhältnisses (S. 549). Das Allgemeine ist dann der erkannte
"typische Möglichkeitsraum". 

Mir sind leider außer dieser im Buch erfolgten sprachlich sehr kompakten
Zusammenfassung keine Beispiele dazu bekannt, die das verdeutlichen
könnten. Hat da jemand anderes Hinweise auf Literatur evtl.?

Ahoi Annette





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