Message 02057 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT02057 Message: 1/20 L0 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

[ox] Prinzipielles/Teil II



(zum Verständnis dieser Mail bitte vorher die Mail "Prinzipielles/Teil I" lesen)

Hallo Stefan Mz., Stefan Mn., Benni, hallo alle,

verschiedentlich kam nun die Reaktion, dieses von mir angerissene Thema auf 
der Konferenz zu diskutieren. Das hatte ich eigentlich auch vor. Im Grunde wollt 
ich das alles gar nicht jetzt groß vor der Konferenz noch in der Liste 
ausdiskutieren, da die ganze Energie gegenwärtig für die Organisation 
gebraucht wird. Daher tuts mir fast schon wieder ein bisschen leid, nun doch so 
viel Kraft zu absorbieren. Anyway. Auf den ein oder anderen Punkt aus euren 
Reaktionen möchte ich doch kurz eingehen.  

Ihr hattet angenommen, ich würde die Utopisten-Threads in dieser Liste hier 
überbewerten und daher so reagieren. Dies stimmt nur zum Teil: Die Utopisten 
waren der Auslöser, aber nicht der alleinige Anlass. Dass sich Oekonux als 
Projektionsfläche anbietet, ist mir bewußt und dass eben nun halt die Utopisten 
an der Reihe sind, so wie Stefan Mz. das ausgedrückt hat, mag auch stimmen. 
Und Stefan Mn. hat ja auch recht, wenn er sagt, ich könnte mich da ja 
widersprechend einmischen, usw. Alles richtig. 

Aber so, wie es nun von euch dargestellt wird, nämlich dass mich mein 
Eindruck, Oekonux gerät zur Metapher für eine utopische Weltsicht, täuscht - 
so ist es auch nicht. Welche Außenwahrnehmung, hattet ihr verschiedentlich 
gefragt, würde ich denn meinen? 

Auffallen tut mir das (nicht nur, aber) immer mal wieder, wenn ich mit Abstand 
auf das "Projekt Oekonux" schaue, beispielsweise durch die Augen eines 
Dritten. Das können Freunde, Bekannte oder Medien sein. In den Nachrichten 
der Rosa-Luxemburg-Stiftung  (April 2001) beispielsweise wird auf Seite 2 die 
Konferenz angekündigt mit einem eigenen Kommentar dazu. Darin wird das 
Wort "frei" in dem Titel der Konferenz thematisiert. Ich zitiert mal:

"Welcher geschichtsbewußte Genosse zuckte nicht bei der Kalten-Kriegs-
Rede von der >>Freien Welt<< zusammen? Wer wüßte nicht schnurstracks, 
dass sich hinter dem Satz >>Von der freien Software zur Freien Welt<< 
hochverdächtiger technologischer Determinismus verbirgt? Warum unterstützt 
die Rosa-Luxemburg-Stiftung ein offenbar politisch wie theoretisch obskures 
Tagungsprojekt?"

blabla...dann wird kurz erklärt, was Oekonux ist (Wortkombination, Mailingliste, 
usw.) und schließlich geht es weiter:

"...und arbeitet an einer einfachen Frage: Welche ökonomische Form und 
politische Perspektive hat die Freie Software?"

Der erste einleitende Teil und die schließlich am Ende gestellte Frage, drückt 
eigentlich sehr anschaulich das ganze Spannungsfeld aus, das uns seit Beginn 
von Oekonux auch begleitet. Da sind die einen, die in Oekonux eine politische 
Bewegung sehen (wenn ich dich, Stefan Mn. in deiner Mail so richtig 
verstanden habe, wenn Du sagst: "Oekonux ist jedenfalls mit Abstand der 
beste Hebel, der mir in zwölf Jahren radikalem politischen Engagement über 
den Weg gelaufen ist") und die anderen, die darin ein thematisch abgestecktes 
Diskussionsforum sehen, wobei das Thema neu und mit offenem Ausgang vor 
uns liegt (das wäre dann ich). Beide Positionen machen Oekonux aus und sind 
schließlich auch permanenter Diskussionsstoff und dagegen habe ich ja 
überhaupt gar nichts einzuwenden. Mein Unbehagen beruhte nun lediglich 
darauf, dass eine der beiden Sichtweisen die Hauptrepräsentationsform des 
Projekts einnimmt und selbst da würde ich sagen, okay, dann ists halt so, aber 
dann will ich nur die Organisation mittragen und nicht die Idendifikation mit der 
Repräsentation. Das war alles.

Stefan Mz. schrieb nun:

Wie ein Bild außerhalb von Oekonux entsteht, ist mir nicht klar. 

Das entsteht natürlich maßgeblich durch die Selbstpräsentation, insb. die 
Wortwahl, die dafür gebraucht wird. Eine Projektionsfläche wird ja auch um so 
größer, um so "größer" die Worte sind, die da benutzt werden. Wir hatten ja 
nicht umsonst heftige Diskussionen um den Titel der Konferenz. Und dass die 
"Freie Welt" ein Platzhalter für tausend unterschiedliche Assoziationen und 
Gedanken sein kann, ist auch einleuchtend.

Ebenso steht in der Definition (Homepage) dessen, was Oekonux ist, nicht 
drin, dass es ein Diskussionsforum sei, welche die ökonomischen und 
politischen Formen der Freien Software diskutiert oder untersucht, sondern es 
steht drin: 

"Das Projekt Oekonux arbeitet seit Juli '99 an der Frage, ob und inwieweit die 
Prinzipien Freier Software-Entwicklung - Verwertungsfreiheit, individuelle 
Selbstentfaltung, kollektive Selbstorganisation und globale Vernetzung - als 
Grundlage für eine neue, Freie Gesellschaft dienen können".

Also, die Utopisten verirren sich nicht ganz so beliebig auf die Oekonux-Seiten 
und meiner Reaktion geht mehr voraus, als nur die aktuellen Threads zum 
Thema. Das nochmal zur Motivation meiner Bedenken und meiner prinzipiellen 
Mail, die ich in Pox gesendet hatte - ohne nun gleich so einen großen Thread 
damit auslösen zu wollen.

Aber wurscht jetzt. Ich hatte ja gar nicht vor, "auszusteigen" - es ging mir nur 
um die Form des Mitmachens, die ich eher "hinter den Kulissen" halten wollte.

Zu Stefan Mz. noch kurz: 

Du hast geschrieben:

dafür nicht schlecht aus: Die "Keimformanhänger" (zu denen ich mich
zähle) sind da eher in einer kleinen Minderheit.

Das ist richtig und ich bin ja nach wie vor auch offen für das, was da passieren 
wird auf der Konferenz.

Und dann sagtest du noch:

Ich bin auch kein Fan von Utopien, obwohl mir klar ist, dass ich
durch meine Beiträge auch mit eine Projektionsfläche für genau das
schaffe (es gibt aber auch andere Beiträge, die gar vom "Kommunismus"
sprechen;-)). I

Über diesen kleinen Seitenhieb musste ich natürlich schmunzeln, aber dazu 
würde ich sehr gerne das ein oder andere (verteidigend - da ich das mit dem 
Kommunismus überhaupt nicht in einem utopischen Sinne verstanden haben 
möchte) sagen - aber das machen wir dann auf der Konferenz. "Wenn wir Zeit 
finden", hast Du gesagt - ich glaube, auf diese Debatte werden wir in allen 
möglichen Workshops und Vorträgen fast zwangsläufig stossen. Soviel dann 
auch zu Bennis Bemerkung, wo wir dies unterbringen könnten.

So, das wars nun zu diesem Thread. Nun wieder weiter zur Organisation, okay?

Liebe Grüße
Sabine 





 



________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


[English translation]
Thread: oxdeT02057 Message: 1/20 L0 [In index]
Message 02057 [Homepage] [Navigation]