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Re: [ox] GPL und OpenSource



Casimir schrieb:
Das sehe ich nicht ganz so. Sie macht, falls ich Programmierer bin und
mehr oder weniger gezwungen für eine Firma programmiere, es mir
unmöglich bereits von anderen Gedachtes für meine persönlichen (durch
Abhängigkeit erzwungenen) Belange einzusetzen und verknappt also
direkt Wissen, nicht nur eine Vertriebsform.

Die GPL "verknappt also direkt Wissen" weil sie dessen Einsatz
in Verknappungsgebieten verbietet.

Ja, so sehe ich das bisher. Mir scheint, daß sich dies auch mit der
Diskussion über den Einsatz von LGPL und GPL bei GNU belegen läßt.

Zumindest das Wort "direkt"
kann ich in diesem Zusammenhang nicht teilen. Denn das hieße,
ich würde es für _natürlich_ halten, daß Wissen knapp ist.

Ich verstehe dich nicht. "direkt" benutzte ich im Sinne von
unmittelbar, d.h. nicht als Seiteneffekt.

Man könnte in Analogie dagegen wettern, daß der Rat der Tiere
beschließt, die Umzäunung der ihm noch zur Verfügung stehenden
Wiesen zu verbieten. Das bedeutet natürlich aus Sicht der
Einheger eine Verknappung der Umzäunungspotenzen.

Nein. Das ist eine nicht zutreffende Analogie.
Dadurch, dass ich OpenSource Software benutze wird sie nicht mehr knapp.
Zu diskutieren wäre, ob die politische Handlung, d.h. extrapolation der
Seiteneffekte auf die Zukunft, denn nützlich oder nicht so nützlich gegenüber
gesteckten Zielen ist.

Wichtig ist, daß es sich hier nicht einmal um eine aktuelle
Verknappung handelt, sondern nur um die Verhinderung bestimmter
Gebrauchsformen, genauer: Mißbrauchsformen.

Ich wollte herausstellen, dass es im Gegenteil bei der GPL um eine
eine aktuelle Verknappung erzwingende Lizenz,
mit der Absicht (d.h. gewünschter Wirkung) andere am Verknappen zu hindern,
handelt. Eine Analoge, die das Berücksichtigt, würde ich eher
zur Erziehung ziehen, wo oft Erwachsene dem Kind etwas vorschreiben wollen,
um eine beabsichtigte Wirkung zu erzielen. Kurz nochmal: GPL ist erzieherisch.

Für die Gefangenen der umzäunten Wiesen bedeutet dies allerdings
eine Verdüsterung ihrer expansiven Aussichten. Aber Verknappung
kann man dies wohl kaum nennen, wenn man sich nicht auf ihre
Seite stellen möchte.

Das hört sich ein wenig nach Krieg an.

Ebensowenig, wie die Beschränkung der zulässigen
Luftverschmutzung als Verknappung bezeichnet werden kann, da
hier nicht Luft verknappt wird. -- Außer natürlich für die,
die nichts besseres mit ihr vorhaben, als sie zu verschmutzen.

Vielleicht sollten wir klären, was denn unter Verknappung
zu verstehen ist.  Ich hatte das bisher nur für Waren gedacht,
das nichtsein von etwas ist eine Qualität, die vielleicht auch
zur Ware gemacht werden kann, aber das verstehe ich bisher nicht
so richtig.

Kann vielleicht Stefan Meretz hier die  Begriffskärung unterstützen ?


Knappheit ist also kein objektiver Begriff, sondern ist a
priori Subjekt-bezogen und verrät sehr viel über die Zwecke,
die ein Subjekt verfolgt. Ob es sie aus eigenem Interesse
verfolgt oder gezwungenermaßen, daß hat auf den ideologischen
Gehalt der Verwendung von "Knappheit" keinen Einfluß.

Ich habe nicht über Knappheit gesprochen, sondern um künstliche_Verknappung.
Ich habe nicht definiert, was ich darunter verstehen will, sorry.
Vielleicht können wir dies zusammen nachholen.
Ich würde vorschlagen, dies auch nur für den beschränkten Bezug im
Rahmen von Wissen, Information, Algorithmus etc zu tun.

Die Frage ist also auch noch vergleichbar mit der berühmten
Frage danach, ob ein Selbstverteidiger wohl ein gewaltsamer
Mann sei. Da man Gewalt nicht ohne Gewalt abwehren kann,
ist es ein leichtes, ihn der Gewalttätigkeit zu bezichtigen.
Das einzige Problem ist, daß man damit die wahren Verhältnisse
umgekehrt. Ebenso werden in der These, die GPL verknappe das
Wissen, die Verhältnisse pervertiert. Denn was sie verknappt,
das ist die Ausweitung der Knappheit von Wissen, also die
Verknappung von Wissen. So wie die Gegengewalt die Ausweitung
der Gewalt "gewaltsam"(?!) verhindert.

Es scheint mir, dass du Begriffen auch gleich eine moralische
Dimension zuzuordnen gewöhnt bist. Ich möchte überhaupt nicht
moralisch argumentieren. In meiner Sicht ist jemand, der
gerade Gewalt einsezt auch gewalttätig. Ob die Gewalteinsetzung
zweckmäßig ist oder nicht, darüber sollte gestritten werden; aber
erst, nachdem zuvor die zu erstreitenden Ziele kommuniziert wurden.
Ich schlage vor, den Begriff "zweckmäßig" (Im Sinne von Heinrich Jacoby)
anstelle von moralisch gut, pervert, oder ähnlichem zu benutzen.

Auf logischer Ebene kann man das Spielchen sicher unendlich
fortsetzen. Wer das tut, hat seine Ideologie als reaktionäre
entlarvt bzw. sich als Apologet geoutet.
Denn, diese Form der "Verknappung" anzuklagen, heißt doch nur,
die Nachteile der Knappheit geringer einzuordnen, als die
Nachteile der Nicht-Knappheit:

Nochmals: Nachdenken ist für mich nicht bewerten. Irgendetwas
nicht denken zu sollen, das ist reaktionäre Ideologie.
Ich schlage vor:
* erst denken und (Begriffe) klären.
* dann Ziele und Absichten kommunizieren
* danach eine Wahl treffen im vorher abgesteckten Möglichkeitsraum
Ideologisch ist es meiner Ansicht nach, den Möglichkeitsraum a priori zu
begrenzen.


- Unter GPL bleibt der Programmierer von proprietärer SW von
  der Nutzung ausgeschlossen.

Genau das war mein Argument.

- Unter proprietären Lizensen bleiben fast alle anderen
  Programmierer von proprietärer SW als auch alle anderen
  Programmierer und alle Anwender und Benutzer sowie potentielle
  Interessierte von der Nutzung (bestimmter Aspekte) der SW
  ausgeschlossen (sofern sie nicht bereit sind, sich ebenfalls
  beim Eigentümer der SW zu verdingen).

Sicher.

Letzteres ist es aber, was der Programmierer von proprietärer SW
macht, also auch mit der bisher freien SW machen "will" (also
soll bzw. wozu er sich gezwungen sieht).  Ihn (in dieser
Funktion) in Schutz zu nehmen, heißt also alles dieser Funktion
unterwerfen zu wollen.

Nein. Das ist nicht schlüssig und auch ungenau. Ich möchte niemanden
in Schutz nehmen bzw verurteilen oder nicht.

Und außerdem heißt es, das Motiv zum
Programmieren, welches über das sich-dem-Zwang-unterordnen
hinausgeht, als minderwertig zu betrachten.

Wieder eine implizite (moralische) und nicht zutreffende Wertungsungterstellung.

Warum sollte
eigentlich ein Programmierer, der nicht (nur) aus Lust am
Resultat programmiert, mehr Zugang zu Wissen haben, als einer,
dem es "nur" um die freie Entwicklung des Wissens zu tun ist (der
sie also nicht gleichzeitig Beschränkungen unterwirft)?!

Freies Programmieren wird nicht durch die GPL verknappt, sondern
durch die Bedingungen, die den Programmierer dazu zwingen, unfrei
zu programmieren. Bei denen soll er sich auch bitteschön
beschweren.

GPL verbietet das einsetzen von Wissen zu einem Bestimmten zweck.
Ich denke, darüber könnten wir einig werden ?

Ist also politisch.

Ja, genauso politisch, wie die Beschwerde, die GPL bedeute
Verknappung!

Widerum ein Mißverständniss.
Ich verstehe nicht, wie meine Äußerung als Beschwerde verstanden werden kann.


Thomas


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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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