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Re: [ox] Produktivkraftniveau und Selbstentfaltung




Hi Stefan Mz,

Hi Benni,
 
... 
Selbstentfaltung ist kein originärer Begriff aus der Kritischen
Psychologie, aber IMHO dennoch inhaltlich voll kompatibel. Ich habe das
mal so übersetzt. Der Begriff heisst dort eigentlich "verallgemeinerte
Handlungsfähigkeit". Er taucht dort mit seinem Kumpel, der "restriktiven
Handlungsfähigkeit" auf. Übersetzt dann "Selbstentfaltung mit den
Anderen" versus "Durchsetzung auf Kosten anderer".

...
"Handlungsfähigkeit" ist _die_ zentrale Kategorie der Kritischen
Psychologie. Davon handeln folglich viele Texte. Am gründlichsten wird
das in der "Grundlegung der Psychologie" entwickelt auf schlappen 580
Seiten. Ein geniales Buch, aber sehr wissenschaftlicher Sprachduktus.

 ...  
 > Was ja aber wohl zumindestens die Keimform-Theorie ist, so wie ich das
 > bisher verstanden habe: Die Gesellschaft entwickelt sich dahin, dass
 > Selbstentfaltung selbst zur notwendigen Produktivkraft wird und das 
 > ist die
 > Basis auf der man für den Umbau aufbauen kann.

Ja. Nicht nur "aufbauen", sondern im Alten geht's nicht und produziert
nur noch Stress und Terror. IMHO. Spricht nicht gegen Anfangen.

Eines habe ich bei dieser These, dass Selbstentfaltung als zukuenftige
Produktivkraft schlchthin fungieren wird noch nicht verstanden:

Dass gesamtwirtschaftliche Entwicklung im allgemeinen und unternehmerischer
Erfolg im besonderen (in der Tendenz jedenfalls) zunehmend auf
Selbstentfaltung/Kreativitaet der Arbeitnehmer angewiesen ist, sehe ich noch ein. Aber
warum sollte man (die Unternehmer und seine Politiker) nicht mit neuen
ideologischen/paedagogischen Methoden die Arbeitnehmer dazu bringen 
auch dies weiterhin in Lohnarbeitsverhaeltnissen zu tun.
Wenn Kapitalisten im Fordismus noch in hierarchischer Art und Weise (mit
Vorabeitern) die ArbeitnehmerInnen zum arbeiten angehalten haben, koennen
sie dies heute in den Dienstleistungsbetrieben oder Softwareschmieden
mit anderen, abstrakteren Mitteln. Die Bereitschaft zum Ausgebeutet werden
haben die Arbeitnehmer in den neuen Berufszweigen mehr verinnerlicht als
noch vor 30 Jahren, oder? Oder anders ausgedrückt: Man sieht heute, dass
man sich auch mit Freude/Spass an der Arbeit (und Selbstentfaltung)
lohnausbeuten lassen kann.

Vielleicht noch eine Frage zu einem analogen Problem, naemlich der Keimform
These: 
Benni hatte gefragt, ob es nicht eventuell schon mal eine
Nachkapitalistische Keimform gegeben hat, die aber entweder verkuemmert ist oder sich sogar als
gar keine herausgestellt hat. Das war der Fall. Die 
Monopolisierung in der Wirtschaft vor 100 Jahren wurde von damaligen
Theoretikern als unauflösbarer Widerspruch zum (Konkurrenz benötigenden)
Kapitalismus gewertet. Der Kapitalismus hat diesen Widersruch bekanntlich
mit verschieden Mitteln geloest.

So ungefähr.
Liebe Grüsse,
Bernd


 


 

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