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Re: [ox] WOS2 -- Wohlstand



Hallo Stefan & [ox]

On Wed, 17 Oct 2001, Stefan Meretz wrote:
Effizienz ist ein Leerwort. Effizienz wird gerade in Afghanistan
praktiziert. Effizienz wofür und worin? Ökonomische Effizienz ist
tödlich, irgendwann. Effiziente Produktion kann sinnvoll sein - in einer
GPL-Gesellschaft z.B.
Effizient ist Wertfrei. Da hast du natürlich recht. Ich habe ja deshalb
auch effizient mit bestimmten Vorgaben (Contraints) erwähnt.

Nach meinem Eindruck ist eher das Gegenteil der Fall: Es ist ein weit
verbreitetes Vorurteil, dass ökonomisch ein neutraler Begriff sei im
Sinne einer "Aufwands-Ergebnis-Betrachtung".

In Wahrheit ist es ein hochgradig ideologischer Begriff, der
verschleiert, dass "Ökonomie" eine aus der Lebenssphäre herausgelöste
Sondersphäre der selbstzweckhaften Vermehrung von Wert ist. Diese
erscheint uns so "normal", ist uns so sehr zur "zweiten Natur" geworden,
dass Ideologen ohne grosse Anstrengung behaupten können: Ökonomie, guckt
euch doch um, ist etwas Normales, nein, mehr noch: Es ist etwas Natürliches.
Das ist aber schon geradezu bösartig, mir zu unterstellen, daß ich den
Begriff ideologisch verdreht benuzte, nur weil das viel zu häufig getan
wird. Gerade weil mich das stört, studiere ich ja VWL, um inhaltlich
fundierte Kritik üben zu können.
Der blinde glauben an Ökonomen kann natürlich ideologisch fragwürdig sein.
Das gilt für die Naturwissenschaften übrigens auch. Würdest du deshalb
sagen, Naturwissenschaften sind humbug? Das gilt desweiteren auch für
sämliche analytische Betrachtungen.

Gibt es eine unreine ökonomische Betrachtung?
Ja, wenn man Ideologien unter dem Deckmantel der Ökonomie verkaufen will,
was auch häufig geschiet.

Wie sehr herausgelöst und verselbstständigt Ökonomie und derartiges
Denken ist, zeigst du in diesem Absatz. Die Ökonomie ist gegenüber dem
Menschen "neutral", sie hat mit ihm eigentlich nichts zu tun, denn in
der Ökonomie handelt und leidet der Mensch nicht als Mensch, sondern nur
als ein Aggregatzustand von Wert (aka Kostenfaktor).
Deine Kritik auf mein Beispiel angewandt, heißt doch in anderen Worten: Du
würdest aus moralischen Gründen alle Resourcen verwenden, um einen
Menschen zu retten, während deshalb (ja, auf lange sicht ist das so) evtl.
viele Menschen mehr nicht gerettet wenden können, weil die Behandlung bei
ihnen weniger Aufwand verursacht. Das halte ich für sehr unmoralisch.
D.h. also daß eine ökonomische Betrachtungsweise mit moralisch
einwandfreien Vorgaben sehr viel humanere Resultate produziert als die
gleiche moralische Sichtweise mit einer "intuitiveren" herangehensweise.

Hier wird übrigens auch wunderbar deutlich, warum "Moral" für die
Wertvergesellschaftung konstitutiv ist: Würde man der Ökonomie nicht
reinpfuschen, würde sie sich zu schnell selbst umbringen. Siehe unser
früherer Moralthread - da müsstest du ins Archiv gucken.
vielleicht geht aus meinem letzten Absatz hervor, wieso das nicht
zutrifft.

<snip>
Es ist eine kategoriale Kritik.
Mit dieser Verantwortung stielst du dich aus der Verantwortung dein
anliegen in ökonomischen Zusammenhängen zu erläutern, womit du jegliche
inhaltliche Auseinandersetzung unmöglich machst. Man muß ein System schon
kennen, um es kritisieren zu können ohne oberflächlich zu bleiben. Es wäre
natürlich auch logisch, bestimmte Vorraussetzungen in Frage zu stellen und
damit alle Schlußfolgerungen die darauf beruhen. Das tue ich ja auch. Aber
trotzdem bleiben immer noch logische Zusammenhänge, die nicht auf diesen
Vorraussetzungen beruhen. Ich fürchte wir können diese Diskussion nur
effektiv weiterführen, wenn du etwas genauer sagst, was du nun meinst.

Viele Grüße

-- 
Gregor Zeitlinger      
gregor zeitlinger.de

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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