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[ox] Reality-Check (was: Re: [pox] Anfrage vom "Freitag")



Hi Benni, Lutz, alle!

Ich habe es gleich mal hierher geleitet, weil das sicher hierher
gehört.

Today Benni B?rmann wrote:
On Sun, Jan 27, 2002 at 10:48:51PM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Merten wrote:
Ich denke, daß wir auf eins achten müssen - etwas, das uns sicher auch
stark gemacht hat: Nie den Kontakt zur Realität zu verlieren und nie
in Ideologie zu verfallen.

Es ist schon Ideologie zu sagen, man sei nicht ideologisch.

Um es zu präzisieren: Es kann sein, daß es ganz ohne Ideologie nicht
geht - aber es gibt da schon viele Shades of Grey und ich möchte mich
dann doch eher im sehr hellen Teil bewegen.

Das bedeutet für mich auch, daß wenn der
Realitäts-Check nachhaltig versagt, dann haben wir was falsch gemacht.
Dann müssen wir sehen, wo's hängt - im Ernstfall bis hin zur Aufgabe
(sehe ich aber nirgendwo weit und breit :-) :-) ).

Na, es gibt und gab bei [ox] ja nun schon einige Leute, die genau
diesen Realitätscheck für gescheitert halten.

*Das* sehe ich nicht unbedingt. Die Kritik, die überwiegend kommt ist
doch eher vom Typ: Das wird nie funktionieren, weil ... Das ist aber
eine ganz andere (wichtige) Frage.

Daß die Phänomene, die wir in der Freien Software beobachten, aber
schlicht nicht zuträfen oder sich nicht zumindest auch mit der hier
entwickelten Theorie erklären ließen, das habe ich bisher fast nie
gehört. Will sagen: Wenn wir die vorfindlichen Phänomene durch die
Oekonux-Theorie erklären können und neue Entwicklungen dieser Theorie
zumindest nicht widersprechen, dann ist das der Realitäts-Check, von
dem ich sprach. Nicht mehr und nicht weniger. Alles andere ist Utopie
und immer deutlich wackliger.

Du rutschts in letzter
Zeit schon wieder immer mehr in dieses Wir-haben-eine-Message-Ding
rein,

Na, andere nehmen es jedenfalls so wahr.

was Du nach der Kritik auf dem Kongress ein bisschen
vorsichtiger formuliert hast.

Ok, andere glauben offenbar, daß *ich* eine Message habe. So besser
;-) .

Gleichzeitig denke ich, daß unser Ansatz halt auch wirklich sehr viel
Neues beinhaltet.

Na, ich würd´ eher sagen, er liegt im Trend. Der vielgelobte Negri und
sein Umfeld reden oft ganz ähnlich, nur ist ihr Fokus nicht so eng auf
FS bezogen. Was gleichzeitig ein Vorteil, aber auch ein Nachteil ist.

Sorry, aber das sehe ich nicht. Nach wie vor sehe ich auf weiter Flur
*keinen*, der sich intensiv mit aktueller Produktivkraftentwicklung
auf der Höhe der Zeit befaßt. Negri, vor allem aber Hardt vielleicht
ein bißchen, Rifkin hat wohl auch interessante Beobachtungen gemacht
(alles nur vom Hörensagen und hier und da mal einer Rezension). Aber
die nehmen das nach meinem Dafürhalten alles noch durch die alte,
arbeiterInnenbewegte Brille wahr - und diese Ideologie filtert für
meinen Geschmack eben entscheidende Größen raus, mit der eine
emanzipatorische Perspektive auf der Höhe der Zeit schlicht nicht zu
denken ist.

1 hours ago LutzH wrote:
Während und nach Bennis und meinem Vortrag in Wiesbaden ist mir und wohl
auch anderen der Gedanke gekommen, dass wir mit Oekonux nicht unbedingt
eine wirkliche Keimform beobachten, dass das, was wir beschreiben, in
der Realität so gar nicht existieren könnte. Was ist, wenn sich all dies
nur als Projektion unserer Vorstellungen von Selbstentfaltung, FK oder
Anarchismus auf die von uns beobachteten Phänomene ergibt?

Denkst du, mir sind solche Gedanken fremd ;-) ? Und ich für meinen
Teil habe auch schon den Schreck gespürt, der mit einem solchen
Gedanken verbunden ist. Da ist sicher eine emotionale Wurzel für
Ideologiebildung bis hin zur Realitätsverleugnung. Da lauert also
Gefahr. Der kann m.E. nur durch eine ständige Offenheit begegnet
werden.

Wenn sich
tatsächlich die Motivationen derjenigen, die Freie Software schreiben,
gar nicht in der von uns als erkannt geglaubten Art erklären lassen?

Stellt sich die Frage was "tatsächlich" ist. Aber diese Frage ist wohl
prinzipiell unbeantwortbar. Für mich hilft hier nur der
Realitäts-Check: Schauen, ob die Theorie mit den real beobachtbaren
Phänomenen zusammenpaßt. D.h. hinschauen, hinschauen, hinschauen. So
ist selbst Benni schon mal aufgefallen, daß die Abstürze an den Börsen
der Freien-Software-Bewegung nicht geschadet haben.

Ich halte diese "Gefahr" nicht unbedingt für direkt gegeben, dazu
erscheint mir vieles an der Oekonux-Argumentation dann doch zu
plausibel. Auch die Resonanz scheint ja, wie von Euch zuvor beschrieben,
hier eine gewisse Plausibilität nahe zu legen.

Nur unser eigenes Denken und das Denken Anderer kann letztlich als
Richtschnur gelten. Auf ein höheres Wesen, das uns die Weisheit
eintrichtert, würde ich lieber verzichten ;-) .

Ich befürchte aber, dass
wir diese Resonanz verstärkt bei den Menschen erfahren, die ohnehin für
freiheitliche Gedanken offen sind, nicht so sehr aber bei denen, die wir
gewissermaßen als die handelnden Subjekte der beobachtete Phänomene
ausgemacht zu haben glauben. Wie ist denn tatsächlich die Reaktion der
Entwickler und Anwender Freier Software auf die Oekonuxschen Gedanken?

Nach meiner Wahrnehmung oft sehr positiv und aufgeschlossen. Würde
mich auch noch mehr Information interessieren. Aber wie läßt sich das
überhaupt messen?

BTW: Ob die Freien-Software-Leute selbst in ihrer Tätigkeit das
Potential sehen, das einige hier vermuten, ist ja zunächst mal nicht
sonderlich relevant.

Auf der Konferenz hatte ich mit Peter Gerwinski, dem Vertreter der FSFE
ein Gespräch, bei dem er nicht so sehr angetan war von den sich
insbesondere für die Vergesellschaftung ergebenden Folgen (Stichwort:
wer kehrt die Straße, wenn alles nur Selbstentfaltung ist?).

Na ja, das ist aber die Sorte Kritik, die von allen kommt. Wichtiger
scheint mir, daß z.B. Peter aber auch alle anderen, die stärker in der
Bewegung stecken (z.B. LinuxTag-Leute, FSFE-Leute) nicht sagen: Das
ist alles Quatsch, so wie ihr das seht *kann* es nicht sein, weil ...

Der von Stefan hier eingeforderte Reality-Check ist, so glaube ich,
dringend nötig. In welcher Form nehmen wir ihn tatsächlich vor?

Wer hat noch Ideen, wie es gehen könnte?


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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