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Knappheit von Zeit (was: Re: [ox] Reziprozitaet)



Hi Hans-Gert und alle außer Benni, dem ich vermutlich wieder nicht
negativ genug bin!

Last week (13 days ago) Hans-Gert Graebe wrote:
Ob es sich um eine knappe Ressource handelt (in der Literatur
werden oft Trinkwasserprobleme, eßbare Tiere und Pflanzen
usw. behandelt), oder um Freie Software (die beliebig oft kopiert
werden kann), spielt keine vorrangige Rolle.

Ack.

Beide Fälle sind in Bezug auf die Nachhaltigkeit vergleichbar:
Wenn das Wasser erschöpft ist, kann man es nicht mehr
bewirtschaften. Wenn alle nur freien Code kopieren und benutzen,
niemand neuen Code beisteuert, findet keine Weiterentwicklung
statt, und dann werden die Entwickler sich irgendwann mißbraucht
vorkommen und aufgeben.

Nak.

Zumindest in unserer Debatte ist der Punkt ja, daß die
EntwicklerInnen überhaupt keinen Grund haben, sich mißbraucht
vorzukommen. Sie selbstentfalten sich ja ohnehin - was mit
NutzerInnen zwar vielleicht mehr Spaß macht, aber auch ohne schon
nicht von Pappe ist.

Das ist wohl nicht der Punkt.

Denke ich schon.

Ich verstehe Robert so, dass auch beim
Software-*entwickeln* eine Ressource knapp ist: Zeit.

Nun fand ich die Diskussion hier [Benni: Solltest du doch bis hierher
gelesen haben, solltest du spätestens jetzt aussteigen, da du sonst am
Ende wieder kotzen mußt - aber wenn eine bekleckerte Liste negativ
genug ist, dann muß es wohl sein.] bahnbrechend in den Erkenntnissen,
die zumindest ich über den Begriff der Knappheit gelernt habe.

Ich versuch's mal: Zeit ist begrenzt - ganz ohne Zweifel. Ob sie knapp
ist, ist aber eine andere Frage. Knapp ist sie dann, wenn sie den
Bedürfnissen nicht genügt. Das kann passieren, wenn entweder die Zeit
künstlich verknappt wird, oder wenn die Bedürfnisse zu groß sind.

Letzteres spüre ich z.B. bei mir: Ich würde gerne noch viel mehr Dinge
machen, als ich schon tue - aber für alles habe ich einfach nicht
genug Zeit und die beste Effektivierung stößt an ihre Grenzen. Dies
ist aber nichtsdestotrotz etwas, was ich in der Hand habe. Ich könnte
mich auch entscheiden, weniger zu wollen und dann würde mir die Zeit
genügen. Hier sorge ich also selbst für Knappheit von Zeit - das ist
quasi Ausfluß meiner Selbstentfaltung und somit wohl kaum zu
kritisieren.

Die angeführte künstliche - oder besser vielleicht: äußerliche -
Verknappung von Zeit kenne ich natürlich auch. Schließlich kriege ich
meine Kohle (leider) auch nur für eine entsprechende Gegenleistung.
Hier handelt es sich in gewisser Weise um entfremdete Verknappung, da
ich nur eingeschränkt darüber bestimmen kann, was ich tun muß, um mein
"Geldbedürfnis" zu befriedigen.

So gesehen würde ich die Frage stellen, ob unter
Selbstentfaltungsbedingungen, die wir uns in der Frei-Zeit ansatzweise
schaffen können, es überhaupt noch Sinn macht, von knapper Zeit als
Problem zu sprechen. Immerhin steht es ja allen frei, sich da auch
anders zu verhalten.

Es geht also bei allen von Euch diskutierten Regulationsmodellen - und
das sollte man am Anfang festhalten - als Target um eine
gesellschaftliche Regulation der Ressource 'Zeit'.

Nein. Diese gesellschaftliche Regulation hast du nur, wenn du die
Selbstentfaltung von Menschen zerstören willst, indem du da
hineinregierst. Das will ich aber nicht.

Es geht IMHO nicht um die Regulation eines wie auch immer gearteten
Tausches (auch nicht von Zeit), sondern um "kooperative Zusammenarbeit
kreativer Produzenten", d.h. eine Regulationsform, die in der Lage
ist, Kohärenz zwischen den verschiedenen Zeitregimes (auch) jenseits
der engen Rahmen des Marktes (der eine solche Kohärenz vermittelt!)
herzustellen.  Wobei über die Genese und Dynamik dieser Zeitregimes
noch einmal gesondert nachzudenken wäre.

Vielleicht geht es gar nicht um eine Regulationsform?


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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