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Re: [ox] feedback to "ox2"



Aloha StefanMz,

Ich denke, es waere sinnvoll und notwendig, die
KonsumentInnen/ProduzentInnen-Haltung zu ueberwinden, und mehr
Selbstorganisierung & Selbstbestimmung von den TeilnehmerInnen
auch einzufordern und das deutlich zu machen: dass es notwendig
ist, sich nen Kopf zu machen, warum mensch da hin faehrt, was
mensch da
eigentlich will... wobei es natuerlich nicht verboten sein soll,
einfach mal vorbeizuschauen und reinzuschnuppern.

Von Selbstorganisierung- und Selbstbestimmung-fordern halte ich gar
 nichts. Ich habe da eine (vielleicht sehr persönliche) Allergie
gegen  alle "erzieherischen" Ansätze. Entweder die Leute wollen's
oder nicht.

Hm, also die Leute mehr zu fordern ist ja nicht erzieherisch. Es
ollte vielmehr um eine Debatte darum gehen, die Bewusstsein dafuer
schafft, dass Ablaeufe immer von allen abhaengig sind, und dass es
darum gehen sollte, Dominanzen so niedrig zu halten wie noetig. Wenn
das klarer wird, fuehlen sich die Leute vielleicht auch eher
angesprochen, dass es auch um sie geht.
Ich fidne die Frage nach dem "Wollen" immer wichtig. Bei mir ist es
so, dass wenn ich wo etwas will, dann werde ich automatisch aktiver,
dominanter, weil ich mich betroffen fuehle. Das fuehrte zum Beispiel
dazu, dass ich in meinem Workshop dominanter war, als ich das wollte,
weil ich aber ein Ziel hatte.
Es sollte um Beduerfnisse, Betroffenheit und sowas gehen. Wenn mensch
was will, wird mensch aktiv. Das ist das Gegenteil von Konsumieren,
da ist der Wille fuer etwas irgendwie ausgeschaltet

Wofür ich aber verschärft bin, ist, möglichst viele
Entfaltungsmöglichkeiten zu schaffen. Das war in B eindeutig zu
wenig.

Vielleicht meinen wir da was aehnliches.


Der Fragebogen war eine gute Idee, aber leider ziemlich retro:

Retro? Ich kenne den Code nicht... retrospektiv? ~aktiv? ~grad?
~flex?

Ist so ne Ausdrucksweise von mir, das Wort wird so haeufig in der
Musik benutzt, wenn jemensch ne Platte rausbringt, auf der ein alter
Stil reproduziert wird. ich meine damit rueckwaerts gewandt im
Gegensatz zu fortschrittlich.

Die Problematik von Statistiken ist mir bewusst (durch meine
Affinität zur  Kritischen Psychologie). Dennoch wird nicht
automatisch "Normalität"  reproduziert, sondern im Gegenteil kann
bei einer überschaubaren Anzahl  jede einzelne Äußerung gewürdigt
werden - insbesondere, wenn sie
"irritierend" ist

wenn es sich um eine qualitative im gegensatz zur quantitativen
Auswertung handelt, schon. Sonst faellt es als Schrottdaten raus (und
wird mit 999 oder sowas codiert - ich mag das nicht)

Das gleiche fuer die Geschlechterkategorie. Es ist in den USA
inzwischen moeglich, sich unter Geschlecht statt m oder f auch i
fuer intersexuell oder o fuer other eintragen zu lassen. Was
nuetzt die Rekonstruktion von ueberholten Kategorien? Gut, dass
dann mal als Aenderungswunsch fuer naextes Mal... bitte
reflektieren
www.etuxx.com, www.transgender.net , www.gender-killer.de (oder
so)

Auch hier wieder: Wer's will, der tut's.

Ne. Also dann wuerde ich entweder die Frage nach dem geschlecht
weglassen oder mehr Moeglichkeiten geben. Das kommt darauf an.
Ersteres waere dekonstruktivistischer, zweiteres wuerde aber die
realen Verhaeltnisse sichtbarer machen und damit nicht unsichtbare
noch unsichtbarer werden lassen.


POSITIV
Endlich eine Konferenz ohne die Notwendigkeit Sexismus,
Homophobie oder Antisemitsmus oder Kinderdiskriminierung
thematisieren zu muessen...

Puh, auf welchen Konferenzen bist du sonst, wo du das "musst"?

Na, ich muss weil es noetig ist - leider. Ob Sommercamps (Grenzcamps
etc), Bauwagenplaetze, Konzerte oder Konferenzen, leider gibt es
immer wieder den Anlass das zu thematisieren, weil mal wieder was
passiert ist, und das Bewusstsein fehlt, dass menshc sich damit
VORHER auseinandersetzen , Bewusstsein schaffen und Umgehensweisen
finden muss.


Jedoch: Leider stecken wir in unserem eigenen Sumpf: wir
Bildungselite, "gesunde", weisse, ueberwiegend maennlich
konstruierte/sozialisierte, zwischen 20 und 40.

Glück gehabt, da gehöre ich gerade noch dazu;-)


Naja, weisst Du, ich hab mir sagen lassen, dass es mal
Bewegungszeiten gab, da war das anders. Da gab es ne offensive,
politische FrauenLesben-, Schwulen-, Krueppel- (selbstbezeichnung)
und antipaedagogische Bewegung. Wenn sich das zurzeit aendert ist das
auch ein Ausdruck des (patriarchalen) Backlashes zur Zeit.

Nun aber zum "Sumpf", in dem wir stecken.

Ich habe mit einer Ausnahme alle Menschen auf der Konferenz als
Individuen  wahrgenommen. Die Ausnahme seid "ihr" gewesen. Wer ist
"ihr"? Keine  Ahnung, die Gruppe von Leuten, die durch ihren
Habitus, ihre
Körperhaltung, ihre Bemerkungen, ihre Redeweise, ihre Forderungen,
ihre  Schubladisierungen und identitären Selbstvergewisserungen
("Ih, wie  Retro" - ich habe mich schon beim Verteilen der Bögen
überlegt, dass das  wohl was ganz Übles sein muss...) auf mich als
"Clique" oder "Gruppe"  wirkten.

Schoenes Konstrukt. Ich war gar nicht mit ner Gruppe da, sondern
kannte zufaellig ein paar Leute, waehrend ich andere kennenlernte.

Dass ich mit meinen Wahrnehmungen - vielleicht gehöre ich zu
einer anderen "Gruppe", die deswegen andere als "Gruppe" sieht - zu
 diesem Eindruck beitrage, dass ich ihn insofern "konstruiere", ist
mir  klar. Dennoch gibt es dafür einen allgemeineren Grund als bloß
eine  persönliche Sichtverschiebung. Und das interessiert mich.

Also irgendwie finde ich es naheliegend, dass Menschen mit ner
aehnlichen Sichtweise und aehnlichem Hintergrund sich gut verstehen
und dann auch immer mal wieder miteinander abhaengen. Ich habe
mindestens so viele Menschen neu kennengelernt, wie ich schon kannte
(z.T. ohne zu wissen, dass sie da sein wuerden)
Das war ein Konglomerat aus Anarch s, queeren, Feministinnen udn
anderen Aktivistis... allerdinx passen mir die Schubladen auch nicht,
was zum Beispiel unter Anarchismus so alles laeuft, damit will ich
nicht gerade in verbindung gebracht werden.
egal. ich fand mich nicht so cliquic, dafuer hab ich mit zu viel mir
unbekannten Menschen geredet. Andererseits steckte ich so n bisschen
in einer Rolle, die zu sein die Hierarchien und
Rollenzuschreibeungen/identitaetenbildung thematisiert... und war
selber reingeruehrt... so ist das mit den Widerspruechen. Da gibt's
sicher dran zu arbeiten.


Mein Verdacht ist, dass wir alle durch bestimmte Codes jeweilige
Gruppen  konstituieren, die ein- und/oder ausschließend wirken.

Ja, so ist menschliches Denken zum Grossteil derzeit angelegt... ob
das so bleiben muss? ich glaube, das ist Sozialisierungs-bedingt,
also aenderbar. besonders widerlich wird dieses Konstrukt, wenn es
sich herrschaftsfoermig verhaelt. Also die Konstruktion des Fremden,
die Konstruktion von Volk, Nation, geschlecht etc. Das
antiidentitaere Denken von KanakAttak oder Crossover
(CrossoverConference, CrossoverSummercamp) geht darum, eben nicht
neue Gruppenidentitaeten zu schaffen. Zum Teil gelingt das nicht
wirklich. Na, ist ein Prozess. Interessant ist da der
psychoanalytische Unterschied zwischen Identitaet als autonomes und
empathisches Selbst und Identifikation mit Aeusserem (Gruppen,
Agressor etc) als Ersatz fuer den Mangel eines Eigensinns (weil er
gebrochen, geraubt, erstickt wurde)

Woran mir gelegen ist, ist der Abbau von ausschliessenden Codes,
Sprachen,  Barrieren allgemein.

Mhm, ja. Das ist ein langes Projekt, dafuer muss wohl erstmal babylon
fallen (seit dem Turmbau haut das mit de Verstaendigung unter der
Menschheit ja nicht mehr so hin ;-)

Das ist für mich überhaupt die wesentliche Qualität
von Oekonux, dass sich dort ein Haufen unterschiedlichster Menschen
 trifft, die ihre je eigenen (IMHO: wertvollen) Zugänge zur
Realität  haben. Da finde ich jegliche Forderungen an Andere, wie
die/der zu sein  habe, worüber sie/er (erstmal...) nachdenken müsse
etc. fehl am Platze.

Ich finde, es sollte darum gehen, mehr Selbstbestimmung moeglich zu
machen. Dazu bedarf es aber auch eines Bewusstseinsprozesses bei den
Beteiligten. Wir sind Fremdbestimmung, frontunterricht,
ExpertInnentum, rederecht von referentInnen etc so gewohnt, dass wir
es nicht in Frage stellen. Dabei faende ich es richtiger, das
auszuhandeln. Ich will zum Beispiel nie Frontveranstaltungen machen,
ich will keine langen reden halten etc, aber ich werde imme wieder in
so eine Lage gebracht, weil von den TeilnehmerInnen nix eigenes
kommt. Das geht mir total auf den Senkel. Wenn mensch es dann einfach
mal so macht, kommt sowas raus wie beim freie Menschen Workshop, der
irgendwie total fehlschlug, weil die Analyse von Joerg und Anette,
mensch koenne das einfacha mal so machen und dann passiert schon was,
meines Erachtens falsch war. Ohne Bewusstseinprozess, warum das
sinnvoll ist, ohne vorherige Klarstellung und Auseinandersetzung
damit, geht das nicht, mit der blossen Forderung "jetzt macht ihr
mal" ist es nicht getan. Emanzipation ist ein prozess...
Wie meinte eine am Ende: wir koennen uns jetzt alle ertappt fuehlen,
den Ablauf des Workshops so nicht gewollt und mehrere
Aenderungsvorschlage gehabt, uns aber nicht eingebracht zu haben,
weil wir dachaten das ginge jetzt nicht. Sie erntete ghrosse
Zustimmung. So ein Vehalten, wie sie es beschrieb ist Ausdruck
gesellschaftlicher Zurichtung auf Hoerigkeit, herrschaft,
Unmuendigkeit, mangelndem Selbstvertrauen etc.

Aloha

rehzi




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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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