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Re: [ox] feedback to "ox2"



Hi Rehzi,

da du für mich wahrnehmbar erstmal die einzige auf ox bist, mit der ich 
das folgende ansprechen kann, tue ich das mal, obwohl ich mit dem 
folgenden nicht dich (alleine) meine. Kommt erst unten, kannst du ja bei 
Bedarf weiterleiten.

Aber der Reihe nach...

On Monday 04 November 2002 14:11, Tereza wrote:
ich denke mal, wir haben  nun alle gesehen, dass mensch nicht stirbt,
wenn Wesen eine andere Identitaet als
maennlich/weiblich/buergerlicher Name haben und damit auftreten...
;-)

Nö, sicher nicht, aber es kann gute Gründe geben, das trotzdem nicht zu 
wollen, und die interessieren mich dann schon. Schaun wir mal, ob es dazu 
noch was gibt, inhaltlich sind wir da nicht weit auseinander. Ist mir nur 
alles nicht gar so wichtig.

gut, also, erstmal: Gratulation, das war seit dem Crossover
Summercamp die erste politische Veranstaltung des im weitesgehenden
Sinne linken Umfelds, auf der die Stimmung entspannt war, es kaum
(mit in meiner Wahrnehmung einer Ausnahme) im Interesse der
TeilnehmerInnen lag, sich gegenseitig niederzumetzeln, recht zu haben
oder so, sondern produktives Streiten und gegenseitiges Verstehen -
also MIT einander reden im Mittelpunkt stand.

Habe ich auch so wahrgenommen:-)

NEGATIV
Die Location haette schoener sein koennen, oder, schoener gestaltet
werden muessen: mehr Moeglichkeit zum rumsitzen, Kontakte machen -
Stichwort Gemuetlichkeit. Vielleicht klappt das beim naexten Mal.
Ich wuerde mir auch mehr OpenSpaceVerfahren wuenschen. Weniger
Verregelung mit Seminarbloecken und so, mehr Moeglichkeit und
FORDERUNG, selber zu organisieren. das heisst, die "produktivmittel"
fuer OpenSpace muessen bereitgestellt werden: offene Raeume, zentrale
Infoboards mir Anschreibemoeglichkeiten (das Boeard am Infotisch war
nicht ausreichend) am besten dort, wo alle kaffetrinken und
rumhaengen, also neben der Ecke mit den emutelichen Polstern, wo es
kleine Tischchen gibt mit Wasserpfeifen und Weed und aeh, ich
uebertreibe...

Alles gebongt. Alles ziemlich abhängig von den Leuten, die sich in die 
Vorbereitung einbringen. Es gab z.B. schlicht keine/n, die/der sich um 
Raumgestaltung (ausser beim Social Event), Gemütlichkeit etc. einen Kopp 
gemacht hat. In DO war's kleiner und daurch automatisch "gemütlicher".

Natuerlich sollte es kuenftig Internetacces und Rechner Drucker,
kopierer, Papier, Stifte... etc, alles, was mensch eben zum
konferenzieren udn spontanen Workshopmachen braucht, geben. Ich gebe
zu, ich habe mir vorher nicht genuegend Gedanken gemachat und haette
das mal einbringen koennen, deswegen hier jetzt als Vorschlag...

Schaun wir mal, ob wir's bis zum nächsten Mal frisch halten können.

Ich denke, es waere sinnvoll und notwendig, die
KonsumentInnen/ProduzentInnen-Haltung zu ueberwinden, und mehr
Selbstorganisierung & Selbstbestimmung von den TeilnehmerInnen auch
einzufordern und das deutlich zu machen: dass es notwendig ist, sich
nen Kopf zu machen, warum mensch da hin faehrt, was mensch da
eigentlich will... wobei es natuerlich nicht verboten sein soll,
einfach mal vorbeizuschauen und reinzuschnuppern.

Von Selbstorganisierung- und Selbstbestimmung-fordern halte ich gar 
nichts. Ich habe da eine (vielleicht sehr persönliche) Allergie gegen 
alle "erzieherischen" Ansätze. Entweder die Leute wollen's oder nicht. 
Wofür ich aber verschärft bin, ist, möglichst viele 
Entfaltungsmöglichkeiten zu schaffen. Das war in B eindeutig zu wenig.

Der Fragebogen war eine gute Idee, aber leider ziemlich retro:

Retro? Ich kenne den Code nicht... retrospektiv? ~aktiv? ~grad? ~flex?

ich verstehe, ja, dass es um "statistische Zwecke" geht, aber in genaus
solchen "Statistiken" wird Normalitaet reproduziert, weil sie eine
andere realitaet gar nicht zulassen.

Die Problematik von Statistiken ist mir bewusst (durch meine Affinität zur 
Kritischen Psychologie). Dennoch wird nicht automatisch "Normalität" 
reproduziert, sondern im Gegenteil kann bei einer überschaubaren Anzahl 
jede einzelne Äußerung gewürdigt werden - insbesondere, wenn sie 
"irritierend" ist (also z.B. quer zur Frage liegt, die Frage 
problematisisert usw.). Gleichzeitig spiegelt sich etwa der Wunsch nach 
mehr und kleineren Gruppen aus der Abschlussrunde auch in den Bögen 
wieder und sagt auch als "große Zahl" etwas aus.

Die Konstruktion von "inland"
und "ausland" ist daher fragwuerdig, wenn es um das "woher kommst Du"
geht.... was wollt ihr denn da herausfinden? Wie viele "auslaender'
auf der Konferenz waren?

"Wo kommst du her" war missverständlich formuliert. Gemeint war: von wo 
bist du angereist? Hier ging es darum, raus zu bekommen, welchen 
"Einzugsbereich" so eine Konferenz haben kann: Berlin, Region, D-weit, 
europaweit? Diesmal hatten wir eine stärkere internationale Ausrichtung 
durch den englischsprachigen Track. Kommen zu diesem Track auch Leute von 
weiter her angereist?

was schreibt ein Kanake (bevor ihr
ausrastet: www.kanakattak.de , vielleicht mit bindestrich, weiss ich
gerade nicht) das in Deutschland wohnt? Worum geht es da? Was
schreibt ein Biodeutsches, das in Istanbul wohnt? Ist es nicht
vielmehr interessant, wo die Leute wohnen, also von wo sie angereist
sind? oder war es es das, worum es Euch ging? Dann war die
Formulierung schlecht gewaehlt.

Ja.

Das gleiche fuer die Geschlechterkategorie. Es ist in den USA
inzwischen moeglich, sich unter Geschlecht statt m oder f auch i fuer
intersexuell oder o fuer other eintragen zu lassen. Was nuetzt die
Rekonstruktion von ueberholten Kategorien? Gut, dass dann mal als
Aenderungswunsch fuer naextes Mal... bitte reflektieren
www.etuxx.com, www.transgender.net , www.gender-killer.de (oder so)

Auch hier wieder: Wer's will, der tut's.

POSITIV
Endlich eine Konferenz ohne die Notwendigkeit Sexismus, Homophobie
oder Antisemitsmus oder Kinderdiskriminierung thematisieren zu
muessen...

Puh, auf welchen Konferenzen bist du sonst, wo du das "musst"?

Jedoch: Leider stecken wir in unserem eigenen Sumpf: wir
Bildungselite, "gesunde", weisse, ueberwiegend maennlich
konstruierte/sozialisierte, zwischen 20 und 40.

Glück gehabt, da gehöre ich gerade noch dazu;-)

Ok, das Stichwort "Sumpf" will ich unten aufgreifen.

Es gab zwar juengere und aeltere, nicht-bioeuropaeerInnen, einige
weiblich konstruierte.sozialisierte, einige queere, aber keine (?)
sog. "Krueppel' und fast gar keine KanakInnen, und keine (?)
Nicht-akademikerInnen/studentInnen/AbiturientInnen.... will sagen
sog. "ProletInnen".

Gucken wir mal in die Statistik (die über aus "formaler" Sicht ein Flop 
ist, weil die Bögen erst viel zu spät verteilt wurden und deswegen nur 39 
Stück zurück kamen).

Das Essen war lecker und vegan, was ich wichtig finde aus ruecksicht
auf VeganerInnen , aber leider nicht immer standart ist. Die Leute
waren nett und alle bemueht... die "abschiedstueten" fand ich eine
nette Idee.

Ich auch:-)

Aonsonsten faellt mir nur ein, dass ich Aufbruchstimmung und
Kontroversen eher vermisst habe.

Da habe ich ganz Unterschiedliches gehört.

Vom Projekt LinuxBildungsBande zu selbstorganisierten LinuxSeminaren
werdet ihr noch hoeren...

Wäre prima.

Nun aber zum "Sumpf", in dem wir stecken.

Ich habe mit einer Ausnahme alle Menschen auf der Konferenz als Individuen 
wahrgenommen. Die Ausnahme seid "ihr" gewesen. Wer ist "ihr"? Keine 
Ahnung, die Gruppe von Leuten, die durch ihren Habitus, ihre 
Körperhaltung, ihre Bemerkungen, ihre Redeweise, ihre Forderungen, ihre 
Schubladisierungen und identitären Selbstvergewisserungen ("Ih, wie 
Retro" - ich habe mich schon beim Verteilen der Bögen überlegt, dass das 
wohl was ganz Übles sein muss...) auf mich als "Clique" oder "Gruppe" 
wirkten. Dass ich mit meinen Wahrnehmungen - vielleicht gehöre ich zu 
einer anderen "Gruppe", die deswegen andere als "Gruppe" sieht - zu 
diesem Eindruck beitrage, dass ich ihn insofern "konstruiere", ist mir 
klar. Dennoch gibt es dafür einen allgemeineren Grund als bloß eine 
persönliche Sichtverschiebung. Und das interessiert mich.

Mein Verdacht ist, dass wir alle durch bestimmte Codes jeweilige Gruppen 
konstituieren, die ein- und/oder ausschließend wirken. So gab es auch der 
Konferenz Kritik etwa an der Unzugänglichkeit von Freier Software und 
FS-Communities. Eine andere Sicht. Da finde ich btw. die aktive 
Aneignung, das aktive Hürden-niederreissen, wie es in deinem 
Workshop-Abstract zum Ausdruck kam, eine sehr gute Umgehensweise.

Woran mir gelegen ist, ist der Abbau von ausschliessenden Codes, Sprachen, 
Barrieren allgemein. Das ist für mich überhaupt die wesentliche Qualität 
von Oekonux, dass sich dort ein Haufen unterschiedlichster Menschen 
trifft, die ihre je eigenen (IMHO: wertvollen) Zugänge zur Realität 
haben. Da finde ich jegliche Forderungen an Andere, wie die/der zu sein 
habe, worüber sie/er (erstmal...) nachdenken müsse etc. fehl am Platze. 
Das schliesst eine individuelles Einbringen von Beobachtungen, Kritik aus 
persönlicher Sicht usw. überhaupt nicht aus - im Gegenteil: Es ist die 
Voraussetzung dafür.

Ciao,
Stefan

P.S. Das ist meine Meinung, die auch in Oekonux umstritten ist. Die ganzen 
Fragen von Identitäten, Repräsentationen, "wir-Konstituenten" usw. sind 
umstritten.

--
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