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Re: [ox] (ox) Konkurrenz



Hi Christoph, Schmendrik, Liste!

Schmendriks Mail später in diesem Thread hat mich auf einen Gedanken
gebracht. Mal sehen, was daraus am Donnerstag Abend noch so wird.

2 months (76 days) ago Yetipress wrote:
Benni schreibt:
Ich kann nur forken, weil ich die Produktionsmittel habe und ich kann
nur gemeinsam arbeiten, weil ich jederzeit forken kann.

Das finde ich verdammt präzise formuliert.

Nun, ich finde den zweiten Halbsatz zwar nicht so zwingend, aber das
soll hier nicht mein Thema sein.

Ich fände eine nähere Auseinandersetzung mit dem Thema überhaupt nicht
spinnert, sondern sehr angesagt. Ich ärgere mich oft bei Diskussionen und
Workshops darüber, wenn so flott gesagt wird, wir wollen eine Gesellschaft
ohne Konkurrenz (und ohne Geld, und ohne Markt, und ohne Tausch, und ohne
Staat, und ohne Kapital, und ohne Leistung, und ohne ...). Weil einfach nicht
wirklich nachgedacht wird, was man damit nun meint.

Da möchte ich mich anschließen. In dieser Plattheit ist eine bessere
Welt wohl nicht zu haben. Wir müssen schon genauer und differenzierter
nachdenken, von was wir da sprechen.

Natürlich gibt es eine Ebene, auf der Konkurrenz etwas ist, was wir für uns
geradezu einfordern.

Was ist eigentlich dein genauer Begriff von Konkurrenz? Im folgenden
drei sehr unterschiedliche Beispiele, auf die ich gerne eingehen
möchte.

Wenn wir daran festhalten, dass wir uns aussuchen mit
wem wir zusammenleben, dann ist das ein Bekenntnis auch dazu, dass Menschen
umeinander konkurrieren - wir suchen aus, wir nehmen nicht den ersten Besten.
Wo man von seinen Eltern verheiratet wird, gibts zwischen den jungen Leuten
keine Konkurrenz (da gehts dann um die Kamele der Eltern).

Hier sind wir auf der Ebene der persönlichen Beziehungen, Abteilung
Liebesbeziehungen. Ja, da kann es wohl Konkurrenz geben. Wie in diesem
Thread schon angedeutet liegt das z.T. auch an einer überaus
repressiven Sexualitätsnorm.

Zentral an deiner Aussage scheint mir aber die freie (Aus)wahl.
Konkurrenz entsteht hier erst als Ergebnis daraus, dass die Wahl eben
frei ist. Ist sie es nicht - wie bei den Kameleltern - gibt es keine
Konkurrenz.

Ich finde auch
nicht einzusehen, dass man schlechte Handwerker ertragen muss, weil es
Konkurrenz wäre, wenn man den Besseren (oder einem Genehmeren)
nimmt.

Auch hier sprichst du hauptsächlich von dem Wunsch nach freier Wahl.
Die Konkurrenz zwischen den Handwerkern entsteht daraus, dass sie dir
alle ihre Leistung verkaufen wollen. Dies setzt voraus, dass du sie
überhaupt kaufen kannst.

Auch hier: Gäbe es die freie Auswahl nicht, weil das z.B. durch die
Gilde geregelt ist, dann gäbe es auch keine Konkurrenz. Heute stehen
HandwerkerInnen aber nur durch den Markt vermittelt - letztlich also
nur entfremdet vermittelt - parallel bereit und sind alle scharf auf
deine Kaufkraft. Diese entfremdete Vermitteltheit scheint mir wichtig.
Und sie ist hier nicht einfach nur als Ideologie da, sondern
reproduziert sich durch das Geldsystem ständig neu.

Was an diesem Beispiel aber schon aufscheint ist der Bezug zwischen
Konkurrenz und Knappheit bzw. Begrenztheit: Ich muss nur um ein Gut -
jetzt mal im weiten Sinne - konkurrieren, dass begrenzt oder verknappt
ist. Attraktive und gleichzeitig interessierte PartnerInnen sind
begrenzt bzw. durch verschiedene Normen auch verknappt - scheint mir
zumindest so. Kaufkräftige Kundschaft, die Handwerkerleistungen kaufen
würde, ist ebenfalls begrenzt bzw. verknappt.

In beiden Fällen kippt das Bild übrigens, wenn die Verknappung auf die
andere Seite rutscht. Wenn zu wenig HandwerkerInnen da sind, dann
wirst du mit anderen Kaufkräftigen über den Preis für eine
Handwerksleistung konkurrieren und deine Freiheit zur Wahl ist dahin.

Und ich
finde auch nicht einzusehen, dass einer, ders nun wirklich überhaupt nicht
bringt, die gemeinschaftlichen Rohstoffe, Umwelteinheiten und Vorprodukte zu
irgendwas verwurstet was niemand haben will.

Dieses dritte Beispiel liegt für mich auf einer ziemlich anderen
Ebene. Hier geht es m.E. um eine gesamtgesellschaftliche Steuerung der
Verwendung begrenzter oder knapper Güter - Ozonloch-Hacker als
Stichwort. Wenn ich es von dieser Seite her betrachte, dann sehe ich
hier mehr den Wettstreit von Ideen, was mit den verfügbaren Ressourcen
denn jetzt anzufangen sei.


Ok. Also ich glaube, dass ich gelernt habe, dass Konkurrenz ohne
Knappheit / Begrenztheit irgendwie nicht geht. Ist ja auch
naheliegend: Warum sollte ich um etwas konkurrieren, was es im
Überfluss gibt? Bei Freier Software ist das z.B. ja so. Da diese im
Überfluss existiert, muss ich darum nicht mit Geldmitteln konkurrieren
- und habe dennoch die Freie Wahl. Das Bedürfnis nach Freier Wahl wäre
auch in deinen obigen drei Beispielen gedeckt, wenn unbegrenzt
attraktive und interessierte PartnerInnen bereit stünden, wenn es
sowohl endlos viele HandwerkerInnen als auch endlos viel kaufkräftige
Kundschaft gäbe, oder die besagten Ressourcen eben nicht begrenzt
wären.

Was mir an deinen obigen Ausführungen aber so gar nicht gefällt, ist,
dass der Aspekt der Bedürfnisse nicht so recht vorkommt. Wenn ich alle
deine Beispiele durchspiele und dabei eine maximale
Bedürfnisbefriedigung im Blick habe, dann sehe ich nicht, wo
Konkurrenz da eine besonders positive Rolle spielen soll. (Ich sehe
hier mal von sportlicher Konkurrenz ab, die ich mir als ein Bedürfnis
an sich modellieren würde.) Zumal nicht unter Bedingungen der
Selbstentfaltung, wo eben auch die HandwerkerIn daran interessiert
wäre, ihre Sache möglichst gut zu machen.

So herum gedreht würde ich fragen: In einer Gesellschaftsformation,
die auf maximale Bedürfnisbefriedigung ausgerichtet ist, in der schon
von daher Knappheit abgeschafft ist, in der Menschen nicht mehr
gezwungen sind, ihre Vermittlung über entfremdete Systeme wie den
Markt herzustellen, in der die Erzielung vieldimensional hoher
Qualität Teil des Selbstentfaltungsbedürfnisses jeder Einzelnen ist -
kurzum: In einer GPL-Gesellschaft: Wo kann sich Konkurrenz da nützlich
machen?


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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