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Re: [ox] in Kürze



* alfred morhammer <a.mor gmx.at> [2003-09-09 22:03]:
doch wie mir scheint entzündest du dich an dem wort subsistenz. + das is
was, das ich nicht verstehe, weil subsistenzwirtschaft in meinen augen nix
schlechtes per sé is, denn wie kann etwas etwas schlechtes sein, wenn es aus
sich selbst heraus bestehen kann? oder eine gesicherte materielle
lebensgrundlage bietet?

jedoch scheint mir, dass du mit subsistenzwirtschaft so was ähnliches wie
rückfall in mittelalterliche oder vielleicht sogar noch weiter
zurückliegende verhältnisse assoziierst + das tue ich nicht, denn
subsistenzwirtschaft kann m.e. auch mit "modernen mitteln" erfolgen +
schließt arbeitsteilung + die verwendung von fremdenergie für mich  nicht
aus.

Dann habe ich aufrichtig keine Ahnung, was Du unter "Subsistenz"
verstehst. Deine Beschreibung ist hoechst widerspruechlich. Meine
Produktion kann nicht aus sich selbst heraus bestehen, wenn sie
arbeitsteilig ausgerichtet ist.

Das Szenario, um das es in diesem Teilthread ging, war jedenfalls
eindeutig nicht arbeitsteilig, sondern auf selbstaendige (Re)Produktion
der Lebensbedingungen der Familie ausgerichtet. Mit der kleinen
Einschraenkung von Miete/Pacht/Strom, aber das ist ja gerade nicht das
Besondere an diesem Szenario.

was allerdings schon in einem widerspruch zur subsistenz steht sind die
systematische ausbeutung von dingen aller art bis zu ihrer erschöpfung. in
diesem fall sind menschen auch elemente der menge der dinge, aber noch
vielmehr das massenhafte verheizen von fossilen brennstoffen

Daher halte ich die Unterscheidung Form/Inhalt fuer zentral. Dem Inhalt
nach koennen wir heute denselben Gebrauchswert mit weniger Aufwand
herstellen als gestern, so dass uns prinzipiell die Ueberlegung moeglich
waere, wie wir mit diesem Fortschritt umgehen (weniger arbeiten; mehr
konsumieren; nachhaltiger produzieren; weiss der Geier). Die kapitalist.
Form erlaubt uns aber genau diese Entscheidung nicht, die "Reaktion" auf
den taeglichen Produktivkraftfortschritt, die Verteilung des neuen
Produkts usw. sind (weitgehend) systematisch bestimmt.

Was ich kritisiere, ist die Kritik des Inhalts, wenn eigentlich die Form
gemeint ist. Dann ist die Kritik zwar oft "gut gemeint", aber leider
falsch, und fuehrt daher nicht weiter (sondern in diesem Fall sogar
"zurueck").

Dann sind wir in der Beurteilung der Lage fundamental uneinig. Ein
Resultat kapitalistischer Produktion ist, dass die fuer die Herstellung
eines gegebenen Gebrauchswerts notwendige Arbeitszeit stetig und immer
weiter abnimmt.

das als ein resultat der kapitalistischen produktionsweise, is für
mich ein glaubenssatz oder auch ein dogma.

Nein, es ist deshalb Resultat kapitalistischer Produktion, weil letztere
Produktivkraftsteigerung systematisch erfordert. Als Kapitalist steigere
ich meinen Profit, wenn mein Produkt in kuerzerer Zeit hergestellt wird.
Da es meiner Konkurrenz nicht anders geht, _muss_ ich die Produktivkraft
meines Unternehmens i.A. sogar steigern, um nicht ueber kurz oder lang
Pleite zu gehen.

denn meiner meinung passiert das auch, sobald denkende menschen zu
erkennen beginnen, dass es einfacher, bequemer, es schlichtweg
intelligenter is das maximale ergebnis mit minimalem aufwand zu
erreichen

Voellig d'accord, Produktivkraftsteigerung kann auch in anderen Formen
realisiert werden. Aber Kapitalismus ist eine Form, die dies wie gesagt
sogar systematisch erfordert (und diesbezueglich historisch bisher
ungeschlagen ist). Mein Punkt war nur, dass Kapitalismus bezueglich
dieses Inhalts keine Sackgasse ist, aus der man wieder zurueck wollen
wuerde. Ob man darueber hinaus will, ist eine andere Frage.

+ in dem was du kapitalistische produktion nennst, passiert das genau nicht,
denn dort werden meiner beobachtung nach, in dieser form der allgemeinen
ausbeutung, relativ kleine kurzfristige vorteile um den preis massiver
langfristiger nachteile erkauft + das is für mich kein zeichen von
intelligenz sondern eher ein zeichen von dümmlicher bequemlichkeit

Das ist keine Frage von Intelligenz oder Dummheit, sondern wiederum eine
durch die kapitalistische Form bedingte Notwendigkeit. Hier _kann_ ich
mich i.A. nicht fuer nachhaltige Produktion entscheiden (oder nur in
sehr engen Grenzen mit viel Trara via staatlicher Regulierung). Das ist
aber wie gesagt von dem Inhalt, mit moeglichst wenig Aufwand moeglichst
viel Produkt herstellen zu koennen, zu trennen.

+ wenn dümmliche bequemlichkeit zur normalität wird, gibt´s für mich
auch die möglichkeit des nicht mitmachens, des sich entziehens, des
aussteigens

Die Moeglichkeit sei Dir unbenommen. Ich sag' nur, das ist kein Schritt
in eine "postkapitalistische Gesellschaft" -- um diese Frage ging's.

weil wenn z.b. fussball als schädlich für viele erkannt wird + daher
immer mehr fussballspieler vom fussballspielen aufhören,

Wenn Du jetzt auch noch was gegen Fussball hast, haben wir definitiv
einen Streit! ;-))

sondern irgendwelche glaubenssätze, dogmen oder was auch immer
wiedergekaut wird - is ja auch viel bequemer

Ich berufe mich nie auf ein Dogma, sondern wuerde jeden Satz, den ich
von mir gebe, begruenden.

kannst du dir vorstellen, dass auch dogmatiker, jeden ihrer sätze zu
begründen wissen?

Ein Dogma ist doch gerade ein nicht begruendeter Satz. Wenn eine
Begruendung kommt, kann man die Begruendung angreifen, statt der Person
Dogmatismus zu unterstellen.

können so nicht auch kollektive autonom, selbstständig + frei von
der bevormundung von anderen größeren, mächtigeren kollektiven
gedacht werden?

Das scheint mir halt problematisch zu sein, solange ich dem "groesseren
Kollektiv" materiell vollkommen unterlegen bin. Entweder "will" ich ihm
unterlegen sein, dann ist meine Position reaktionaer, oder mein
Kollektiv hat verloren (letzteres erklaert, warum [fast] kein Mensch
sowas macht).

Holger

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