Re: [ox-de] Text zu Keimformen bzw. der Entwicklung sozialer Vermittlungsmechanismen
- From: Stefan Meretz <stefan meretz.de>
- Date: Wed, 7 Sep 2011 01:10:39 +0200
Hi Stefan!
On 2011-09-05 20:12, Stefan Nagy wrote:
Ich hab den Text auf unserem Weblog [2] unter dem Titel
"Gesellschaftstheoretische Gehversuche 01" veröffentlicht, es gibt
dort auch eine PDF-Version; würd mich sehr über
Kritik/Anmerkungen/etc. freuen.
Ich hab' das als Kommentar geschrieben:
Exzellente Reflexion über die Problematik gesellschaftlicher
Transformation, auf der Höhe der Zeit, würde ich sagen!
In Details hätte ich ein paar Einwände, aber die stelle ich hinten an.
Wichtiger scheint mir, die aus meine Sicht richtige und zentrale Frage
von dir noch etwas zuzuspitzen -- in dem Sinne, dass ich hoffe, dass die
Frage richtig zu stellen, schon etwas von der möglichen Antwort
hervorbringt. Du bestimmst den Wert -- »als Realabstraktion von Arbeit
schlechthin« -- als »Mittel der Vergesellschaftung«, als »spezifisches
Mittel der gesellschaftlichen Vermittlung«, als »gesellschaftlicher
Selbstorganisationsmechanismus«.
Klammer auf: Bei Selbstorganisation ist immer die Frage, was das
»Selbst« darin ist, dass »sich« dort organisiert, und die Antwort ist:
das Kapital als automatisches Subjekt. Es stellt den
Vermittlungszusammenhang her, aber genau besehen sind »wir« das, denn
das Kapital ist die selbstreflexive Existenzform von Arbeit und Wert. Das
heißt: Das von uns gemachte tritt uns als Fremdes entgegen, als etwas,
von dem wir beherrscht werden. Es ist genau diese Quasi-
Naturgesetzlichkeit, die Marx sein Leben lang zu analysieren bestrebt
war. Du sprichst das im ersten Teil an. Und übrigens ist »Dialektik«
nicht, Widersprüche »in Wohlgefallen« aufzulösen, sondern im Gegenteil
zur Geltung zu bringen, auf den Begriff zu bringen. Klammer zu.
Wenn also der Wert die gesellschaftliche Vermittlungsinstanz ist, die es
aufzuheben gilt, dann ist die logisch zwingende Frage, was die
gesellschaftliche Vermittlung denn dann in der Lage ist zu leisten --
ohne von personalen Herrschern und unpersonalen Strukturzwängen nach
fremden Imperativen einer Zwangsvermittlung unterworfen zu werden. Ich
würde da nicht vom »gesellschaftlichen Kitt« sprechen, weil eine solche
Redeweise ein Außenverhältnis impliziert: Da muss etwas dazu kommen, der
Kitt eben, was die Verbindung, Vermittlung und Verallgemeinerung
leistet. Damit ist klar, erstes Kriterium, es muss sich um eine
immanente Vermittlung handeln, also ein Prozess, der sich selbst aus
sich selbst erzeugt. Wenn dies kein fremder sein soll, zweites
Kriterium, ist es nur denkbar, dass es die Menschen selbst sind, die
diese Vermittlung hervorbringen. Es handelt sich also um einen bewussten
Akt, dies jedoch nicht in dem Zentralplanungssinne, dass einige für alle
anderen die Dinge vermitteln, was zu Einschluss-Ausschluss-Verhältnissen
führt, sondern, drittes Kriterium, es müssen alle in diesen
Vermittlunsgprozess eingeschlossen sein, so dass alle auf der Welt mit
allen auf der Welt verbunden sind. Wie ist also der soziale Prozess auf
der »Mikroeebene« beschaffen, dass eine Verallgemeinerung (besserer
Begriff als »Summe«) jene Gesellschaft ergibt, die wir dann tatsächlich
als ganze und von uns geschaffene erfahren, die uns nicht mehr als
fremde, sondern als eigene entgegentritt.
Damit stoppe ich mal. Habe ich jetzt spekuliert? Vielleicht im
Hegelschen Sinne. Ich habe einfach nur versucht, deine Denkrichtung
weiterzutreiben. Ich hoffe, du kannst was damit anfangen. Es ginge noch
weiter...
Das kennst du?:
http://www.keimform.de/2011/fuenfschritt-methodische-quelle-des-keimform-ansatzes/
http://www.keimform.de/2011/faq-zum-fuenfschritt-und-zum-keimform-ansatz/
Ich habe für Keimform noch einen Text in Arbeit, nämlich zur Frage der
gesellschaftlichen Vermittlung. Der wird aber noch etwas brauchen.
Ciao,
Stefan
--
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