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Re: [ox] GPL-Gesellschaft - Linux - Ware - Produktionsmittel



Hi, Philbert!

Im Gegensatz zu den Selbstversorger-Bauern des Mittelalters
koennen heutige > ProgrammiererInnen das Produkt ihrer Arbeit auf dem
Boden von "Software und > Standards" nicht unmittelbar selbst essen,
sondern muessen es, wenn sie denn > davon leben wollen, auf dem Markt
an andere verkaufen. Eine passendere Analogie > waere also der
kapitalistische Bauer, der fuer den Markt produziert und >
logischerweise nicht einsieht, warum irgendein adliger Grundbesitzer,
der keine > Arbeit investiert hat (eigene oder eingekaufte), etwas
vom Ertrag abhaben > will. Das ist fast idealtypisch der Standpunkt
der Bourgeoisie gegen den > Feudalismus, der sich auch vor Marx in
der Entwicklung der oekonomischen > Theorie widerspiegelte: Waehrend
die Physiokraten noch davon ausgegangen > waren, dass allein der
Boden produktiv sei, sahen die buergerlichen > politischen Oekonomen
um Smith und Ricardo allein die Arbeit als wertschaffend. >  >
Genausowenig wie der buergerliche Standpunkt gegen den Feudalismus
theoretisch > oder praktisch "falsch" war, ist es heute "falsch",
wenn ProgrammiererInnen die > Monopol-Praktiken von Microsoft
kritisieren und dabei den Standpunkt der > produktiven Arbeit
vertreten.

Hmmm... Dann wäre also der nächstfortschrittlichere Ansatz, daß
allein das Wissen wertschaffend ist und die Arbeit allenfalls noch so
eine Art Produktionsfaktor darstellt. 

Spannend ist an dieser Überlegung, daß ja, genau wie es mal einen
Überfluß an Boden gab, da er durch Urbarmachung von Wildnis, die noch
nicht in Privatbesitz war, beliebig gewonnen werden konnte, heute ein
Überfluß an Wissen gibt, da dies durch Gehirne in beliebiger Menge
erzeugt werden kann. Damit sich nun aber in der Wissensgesellschaft
eine neue herrschende Klasse installieren kann, muß die Autonomie des
Einzelnen über sein eigenes Gehirn abgeschafft und dieses in den
Privatbesitz des Herrschenden überführt werden. Inwieweit dies
bereits im Gange ist, z.B. durch Verdummung durch die Massenmedien,
wäre noch zu prüfen.  


Ich halte allerdings die Trennung zwischen
Programmierarbeiten, fuer die man privat Geld kassieren kann, und welchen, die
nicht privatisiert werden duerfen (Standards und Schnittstellen) fuer ziemlich
schwer durchzuhalten: 

Ich habe das eher so verstanden, daß man nur für die Tätigkeit des
Programmierens, nicht aber für das Ergebnis kassieren darf. Das
Ergebnis darf also in keinem Fall proprietär werden. Ein Freund von
mir hat zum Beispiel gerade ein freies Vorlesungsscript im Auftrag
seines Professors gegen Bezahlung erstellt.

Tschüß,
Thomas

}:o{#

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