[ox] Re: "Flügel"
- From: "Thomas Kalka" <thomas co-buero.de>
- Date: Sun, 1 Oct 2000 13:18:39 +0200
Produktivkraftentwicklung oder was ?
Dazu ein Text aus dem Netz, zu finden unter:
http://www.stud.uni-hannover.de/user/69332/themen/thkritik2.html
(Gleichzeitig ein Vorschlag: emanzipierte Gesellschaft)
Arbeit ist Scheiße
Von Boris Ekowski
Sur l'eau, die Nummer 100 in Adornos Minima
Moralia, behandelt die Frage, was man über das
Ziel der emanzipierten, der von den
kapitalistischen Produktionsbedingungen befreiten
Gesellschaft sagen kann. Die "Erfüllung der
menschlichen Möglichkeiten oder [der] Reichtum des
Lebens" (177 f.) sind häufige Antworten aus den
Bereichen Sozialdemokratie und Staatssozialismus
gewesen. Damit ist das Projekt gemeint, durch
Steigerung der Produktivität und Entwicklung neuer
Technologien die Möglichkeiten der Menschheit zu
erweitern, die bisher an der Beschaffenheit der
Natur gescheitert sind.
Dahinter steckt allerdings nicht viel mehr als das
Arbeitsethos der bürgerlichen Gesellschaft, in der
die Produktion Selbstzweck ist. Nicht die
konkreten Dinge und die einzelnen Bedürfnisse, die
sie befriedigen, sind für die Frage, was
hergestellt werden soll, letztlich entscheidend,
sondern die Kapitalvermehrung. Darum geht's in der
emanzipierten Gesellschaft nicht mehr; wenn aber
die Erweiterung der menschlichen Möglichkeiten
pauschal das höchste Ziel abgäben, spielten die
einzelnen Bedürfnisse auch bloß eine
untergeordnete Rolle.
Es gäbe durchaus Gründe, eine
Produktivitätssteigerung anzustreben, für die man
zunächst mehr arbeiten würde: um mehr Sachen zu
herzustellen bzw. dieselbe Menge in geringerer
Zeit. Beides Effekte, die unter kapitalistischen
Bedingungen nicht den Menschen, sondern dem Gewinn
zugute kommen. Man könnte genausogut die
Produktivität so lassen wie sie ist, wenn die
Arbeit die Bedürfnisse deckte.
Die Freiheit in einer befreiten Gesellschaft ist
weitestgehend nur negativ bestimmbar. Gut,
niemand soll hungern oder friern, medizinische
Versorgung soll für alle gleichermaßen
gewährleistet sein; dafür sind Arbeitsteilung und
ein gewisses Maß an Produktivität erforderlich.
Sonst positive Zwecke wären solche, die den
Menschen aufgezwungen werden müßten, wenn sie sich
nicht darauf verständigt hätten, wenn sie ihre
wirtschaftlichen Ziele nicht gemeinsam geplant
hätten. Wie so eine Planung dann aussähe kann und
muß man nicht sagen.
Das Kapital überwindet Schranken, die seiner
Vermehrung entgegenstehen. Z.T. funktioniert das
Kapital also mithilfe eines Mechanismus der
Schranken überwindet, die für die Menschen früher
Naturgewalt und unausweichliche Not bedeutet
haben. Das Kapital bedient sich Methoden, die zur
Überwindung der menschlichen Not dienen können
(z.B. Kunstdünger).
Entgegen der Meinung einiger Ökologiebewegten ist
eine höhere Produktivität, die sich ja meist einer
neuen Technologie oder neuen irgendwie in die
Natur einzubringenden Stoffen verdankt, weder gut
noch schlecht. Nur wenn die gesteigerte
Produktivität Selbstzweck ist, das höchste Ziel,
dann ist klar, daß sie nicht als Mittel für die
Bedürfnisse der Menschen da ist.
Wenn die Not beseitigt wäre, könnte man z.B., wie
Adorno vorschlägt, einfach "auf dem Wasser liegen
und friedlich in den Himmel schauen, "sein, sonst
nichts, ohne alle weitere Bestimmung und
Erfüllung'" (179).
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http://www.oekonux.de/